@PoetOnTheRun
Hallo PoetOnTheRun,
erst mal vielen Dank für Deinen Post. Er führ das Ganze wenigstens auf eine sachliche Ebene zurück.
Das stimmt so nicht, jedenfalls wenn man den Begriff "wahr" als "allgemeingültig" auffasst, so wie man das in der Logik üblicherweise macht. Einfaches Beispiel: Die Sprache A, B, C mit Axiomen A und -B (nicht B). In dieser Sprache sind sowohl A als auch -B wahr. Es ist aber weder C wahr (weil {A, -B, -C} ein Modell ist), noch ist -C wahr (weil {A, -B, C} auch ein Modell ist). Da die Sprache Modelle hat ist sie auch nicht inkonsistent.
Zutreffend ist die Aussage bestenfalls, wenn man von einem bestimmten Modell spricht, aber dann kommt der zweite Fehler ins Spiel:
Wahrscheinlich wäre es besser, wenn wir einen eigenen Thread zum Thema Logik beim Argumentieren im JC auf machen. Dort könnten wir dann vielleicht im Detail klären, warum ich Deine gut gemeinte Verbesserung nicht wirklich als Verbesserung akzeptieren kann.
Erstens hatte ich bei meinem Posting darauf hingewiesen, dass es mehrwertig Logiken gibt, in denen es tatsächlich so ist, dass es Formeln gibt die sowohl wahr als auch falsch sein können (aber sie sind nicht wirklich wahr und(!) falsch, sondern man weiß nur nicht, ob sie wahr oder falsch sind) und es ist auch völlig richtig, dass die beiden Modelle die Du nennst, die Formeln die Du angibst erfüllen. Es ist eben so, dass Deine Sprache über den Wahrheitsgehalt von C nichts her gibt. Das war aber nicht die Situation, sowohl von Elle_Mariachi als auch von mir wurde eine Aussage zu „C“ gemacht, wobei natürlich C das offensichtliche grounding in die gemachten Aussage haben muss.
Wie auch in Deinem Beispiel klar wird, kann ein Modell(!) NICHT A und ¬A gleichzeitig enthalten, weil es sonst inkonsistent ist und Modelle(!) nicht inkonsistent sein dürfen.
Wenn wir also die Situation haben, dass
Sprecher 1 sagt: A ist wahr
Dann ist für Sprecher 1 (im Sinne einer possible worlds semantics) A in allen Welten/Modellen wahr, die er/sie führ erreichbar (man kann auch sagen akzeptable) hält
Wenn jetzt Sprecher 2 sagt: da bin ich anderer Meinung
Dann lehnt Sprecher 2 (wieder im Sinne einer possible worlds semantics) alle Welten/Modelle ab, in denen A wahr ist. Es beleiben in diesem Fall für Sprecher 2 alle Welten/Modelle übrig in denen ¬A auftaucht und damit ist für Sprecher 2 die Aussage ¬A wahr.
In einer Kommunikationssituation ist diese Art des Schließens notwendig, wenn ein Kommunikationspartner ein Modell über die Aussage pflegen will, welche Aussagen der Kommunikationspartner für richtig order falsch hält.
Jetzt will ich mich gar nicht soweit aus dem Fenster hängen, dass ich sage, dass Menschen notwendigerweise genau so denken. Die meisten im JC werden nicht wissen, was eine Sprache im oben genannten Sinne ist, noch was ein Modell im modelltheoretischen Sinne ist.
Intuitiv denke ich aber, dass die meisten menschlichen Kommunikationspartner in der geschilderten Situation, also dass
Sprecher 1 sagt: A ist wahr
Sprecher 2 sagt: Er finde, dass das nicht stimmt
davon aus gehen, dass Sprecher 2 mit Aussage A nicht einverstanden ist und irgendwelche Belege hat, warum A nicht stimmt. Wenn man dann weiter drüber nachdenkt und sich fragt, was Sprecher 2 denn nun eigentlich glaubt, was richtig ist, dann werden die meisten Leute wohl sagen, das Gegenteil von A, also ¬A. Diese Tendenz wird umso stärker der Fall sein, je heftiger Sprecher 2 Sprecher 1 wegen Aussage A angreift. Je heftiger Sprecher 2 also die Aussage A ablehnt, umso mehr ist der Schluss zulässig, dass Sprecher 2 das Gegenteil (also die Negation) von A wohl für richtig hält.
Nun zu Deinem zweiten Punkt: Natürlich hast Du recht, dass die mathematisch korrekte Verneinung von A < B, A >= B ist. Hier ignorierst Du aber den Aspekt der Sprache, die dazu doch ein wenig etwas beiträgt.
Ich behaupte, wenn wir die Situation haben, dass
Sprecher 1 sagt: A < B
Sprecher 2 sagt: Auch auf die Gefahr hin, mich hier unbeliebt zu machen: das wage ich zu bezweifeln
eine Interpretation, dass Sprecher 2 damit sagen will, dass er/sie eigentlich A=B für richtig hält, erscheint mir eher fragwürdig. Der Zusatz „auf die Gefahr hin, mich hier unbeliebt zu machen“ zeigt deutlich die Einstellung, weil diese Gefahr, bei einer Interpretation A=B (mit entsprechendem grounding in der Situation) eigentlich nicht bestanden hat, wenigstens nach meiner Einschätzung.
Ich würde wieder sagen, dass je nachdem mit welcher Heftigkeit A < B abgelehnt wird, eine Interpretation von A=B, über A>B, bis hin zu A>>B zulässig ist.
Wer sich soweit durch den Post Thread und den Post gequält hat, dass er hier angekommen ist und immer noch nicht die Lust verloren hat, kann sich die Aussagen ja noch mal anschauen und selbst entscheiden, welche der Interpretationen er für angebracht hält. Bei entsprechendem Grounding wäre A>>B eine ziemliche Herabsetzung der JC Community.
Soweit war ich aber in meinem Posting gar nicht gegangen, dass ich das auch nur indirekt unterstellt hätte. Mein Ratschlag an Elle_Mariachi war nur:
Ich würde Dir dringend nahelegen, darüber nachzudenken, was Du da sagst.
Durch die ganzen Posts denke ich, dass das wenigstens aus meiner Sicht in ausreichender Form getan wurde, sodass ich am Ende nicht wirklich unglücklich bin.
Viele Grüße an alle, m69k