„Manchmal seh ich hier den ganzen Sex vor lauter BDSM nicht mehr.
Ich verstehe, was du meinst. Und wenn beide Partner in der Hinsicht gleich denken, dann kann sowas eine gute Idee sein, eine gute Lösung für Sub, zu zeigen, was sie gerne hätte oder einfach nur als nette Geste. Und wenn man dann noch weiß, dass Dom nicht ganz andere Bedürfnisse hat, wenn er von der Arbeit kommt, ist es doch perfekt. Was natürlich eher unschlau wäre: man hat seit Monaten die Erfahrung gemacht, dass es immer so abläuft: Dom kommt von der Arbeit nach Hause, sagt kurz hallo, stürmt aufs Klo und dann in die Küche, schnappt sich was zu essen und trinken, geht an den Computer und ist dann erstmal ne halbe Stunde nicht ansprechbar und reagiert nur mit grummeln, wenn man es versucht. Und man kniet sich dann trotzdem in den Flur und wartet auf ihn. Das kann dann nur zu Enttäuschung führen.
Das hat aber ja dann nichts mit Dom-sein oder irgendwelchen Regeln aus dem "großen Schwarzen Buch des korrekten Bdsm" zu tun sondern einfach nur mit verschiedenen Bedürfnissen zweier Menschen.
Ich werd das Gefühl nicht los, dass ich ein Stino bin damit.
Nein, du bist kein Stino. Der Unterschied, den du wahrnimmst, besteht deshalb, weil es Menschen gibt, die sehr gerne nach komplexen Regelsystemen spielen und Menschen, denen es keine Freude macht, mit komplexen Regeln zu spielen. Das kann man (selbst wenn man sonst nichts von der Verwendung des Wortes "spielen" im BDSM-Kontext hält) mit Gesellschaftsspielen vergleichen: es gibt Menschen, die lieben Gesellschaftsspiele nur dann, wenn das Regelwerk die Dicke eines dünnen Buches hat, man drei verschiedene Arten von Karten, vier Arten von Spielsteinen und fünf unterschiedliche Würfel dafür braucht und die Spieldauer mehr als eine Stunde beträgt.
Und es gibt diejenigen, denen eine einfache Runde MauMau reicht und viel mehr Spaß macht als diese hochkomplexen Spiele.
Die allermeisten mögen beide Arten von Spielen und alles dazwischen, solange es nicht in eines der Extreme (Zu simpel und zu komplex) geht und die meisten haben eine Präferenz in eine der beiden Richtungen. Nichts davon ist schlecht. Es muss halt nur zusammen passen mit denjenigen, die mitspielen sollen.
Du bist also eher, auf Bdsm übertragen, jemand, der keine Freude an komplizierten Regeln, verschachtelten Ideen und hohem Aufwand im Bezug auf die Erarbeitung von Regeln, Ritualen etc hat, sondern lieber "direkt" Spaß haben möchte und die Leichtigkeit des Spiels genießen möchte. Finde ich gut, ist vollkommen in Ordnung, ergibt Sinn und wenn deine Partnerin auch so denkt, umso besser. Ich stehe, um nochmal auf den Vergleich zurück zu kommen, bei manchen Leuten wenn sie da eine superkomplexes Brettspiel aufbauen und spielen auch daneben und denke mir "das ist nichts für mich, viel zu komplex, kompliziert und aufwendig. Da müsste ich ja so viele Regeln für auswendig lernen, bis ich da überhaupt eine Chance habe, durchzublicken, geschweige denn zu gewinnen." Aber ich finde die Leute und das Spiel dann nicht doof. Es ist einfach nur nichts für mich persönlich.
Das ist nämlich leider ein Fehler, den manche Menschen machen, vor allem wenn sie an einem der Extreme stehen mit ihrer Meinung. Sie schließen von einer einfachen Tatsache: "Es gibt komplexe und einfache Spielregeln" darauf, dass die Vorliebe für eines davon Rückschlüsse auf den Charakter der Person erlaubt obwohl das nicht der Fall ist. Da heißt es dann von manchen Komplexisten: "Du spielst ja nur Babyspiele, du bist wohl zu dumm für richtige Spiele." und von manchen Simplisten: "Du bist so verkopft und verknöchert, mit so vielen Regeln kann das ja gar keinen Spaß machen, das ist ja mehr wie ein Jura-Studium als ein richtiges, lustiges Spiel. Mach dich doch mal locker."