@ JennyHN
Also beim Thema Behinderte und Sozialisolierte (nach Krankheit/Missbrauch/schlechter Kindheit o.ä.) verstehe ich dich. Gut, mach das, biete Seminare an. Das ist ein Spezialgebiet, wo die normale Gesellschaft nur ein Halbwissen hat und dir eventuell im Joyclub nur Ratlosigkeit entgegentritt.
Bei der "Durchschnittsfrau" verstehe ich dich nicht. Jedes Frauenmagazin hat mittlerweile einen Sex-/Partnerschaftsratgeber, ständig irgendwelche Beilage-Heftchen wie "101 Sex-Tricks" oder "Die 99 Beziehungsprobleme" oder "Clever flirten - leicht gemacht". Die interessierte Frau jungen/mittleren Alters (20-45 Jahre) hat doch viele Informationsquellen. Und die Älteren haben ihre eignen Erfahrungen gemacht und/oder suchen eher zu Gleichaltrigen aus dem gleichen, sozialen Umfeld Kontakt. Woher die Frauenzeitschriften hingegen ihr Wissen ständig haben, wäre auch einmal eine interessante Frage...
Aber du bist sehr speziell:
Mir ist Sexworkerin am liebsten - weil sich mit diesem Begriff weder Masseurinnen, Berührerinnen im Behindertenbereich, Sexualbegleiterinnen, Sexualtherapeutinnen, usw. nicht laufend ereifern müssen, keine "Huren" zu sein, da sie ja keinen GV anbieten.
Natürlich hast du Recht, du bist eine Sex-Workerin. Aber mir wärst du bei dem Oberbegriff "Hure" nicht sofort eingefallen. Vielleicht bin ich als Mann auch der falsche Ansprechpartner, aber "Aus dem Leben einer Sex-Workerin" bedeutet für mich - du erklärst wie man zu einer erfüllteren Sexualität kommt. Wenn du das praktisch-lebensnah erklären willst, dann musst du entweder zwangsläufig auf eigne Erfahrungen zurückgreifen oder so viel Abstand (wie bei einem Lifestyle-Magazin oder im Internet) wahren, dass sich keiner im Seminar offenbaren muss. Warum wollen denn so viele Männer Diskretion im Bordell? Weil sie alle verheiratet sind? Vielleicht schon, vielleicht aber auch weil zu Hause das Licht aus ist und sie Sexualität toll finden. Aber so lange es keine größeren Probleme gibt, möchten sie doch bitte nicht darüber öffentlich sprechen oder sich bekennen. Wir leben zwar in der Generation YouPorn, aber eine gesunde Schamgrenze und Privatsphäre gibt es trotzdem.
Die Frage, die sich mir stellt, ist, was du "Durchschnittsfrauen" erzählen willst. Du musst hier kein Thesenblatt erstellen, aber ein paar offene Fragen würden mich schon interessieren.
Ich sehe da nur zwei Extreme. Einmal als Sozialarbeiterin in Richtung "Paartherapie", wie man besser/offener miteinander redet, man mehr ausprobiert, man mehr eigne Wünsche einbringt und dem Gegenüber welche erfüllt - ein Bereich, wo immer Bedarf besteht, aber du gewiss nicht die Erste mit der Idee bist. Die Alt-68er mit freier Liebe ohne Konventionen haben da schon viele Tabus gebrochen, in dem Zug hat Kamasutra seinen Siegeszug durch Westeuropa angetreten. Das andere Extrem ist "Hure pur", also das klassische Bild aus dem Bordell oder vom Straßenstrich. An den Rollenspiel-Hure-Threads im Joyclub erkennst du hier, dass dies auch eine Faszination auf einige Leute (Frau wie Mann) ausübt. In der Hinsicht hat die Hure ein ganz interessantes Kommunikationsmodell (ohne jetzt auf diesen lustigen Nebenstrang in diesem Thread näher eingehen zu wollen.
): Sie preist sich an, verführt den Mann, hat sie das geschafft, ist bezahlt, wechselt plötzlich ihre Laune zu Erfüllung der Tätigkeit, im schlechten Fall schränkt sie ihre Leistungen auch noch ein, weil "so habe ich das gar nicht gesagt. Es besteht lediglich die Möglichkeit, ich habe nicht gesagt, dass ich es tue." Das Spiel mit der Illusion gehört zum Beruf der Sex-Workerin. Wenn Huren über solche Kommunikationstechniken Seminare geben, sehe ich eine echte Gefahr für eine gleichberechtigte Partnerschaft. Das klingt vielleicht etwas übertrieben, aber ich möchte definitiv keine Frau kennen, die bewusst Sex für neuen Schmuck, mehr Haushaltsgeld o.ä. einsetzt. Dass dies dennoch passiert, ist klar. Da mache ich mir auch nichts vor. Nur kann die Hure der Durchschnittsfrau die perfekte Technik dafür verraten. Und genau dieses Psycho-Spiel ist es, was viele Prostituierte mental sehr angreift. Dieses Umschalten aufs Privatleben klappt immer schlechter, und die Hure fragt sich zunehmend immer mehr, wie viel Körper und wie viel Seele sie verkauft. Diese ständige Suche nach Bestätigung und nach materieller Sicherheit führt sie nicht weiter. Das BurnOut-Syndrom ist wie bei jedem anderen Künstler die Folge.
Tut mir leid, wenn du dich als "Sexualtherapeutin" in dieser Beschreibung nicht wiederfindest, aber genau das ist der Kern einer Hure für mich. Nicht dass sie Geld dafür nimmt, Geld will jeder haben, sie muss es auch bekommen, dafür was sie leistet, sondern der Umstand dass viele Expertinnen so klug sind, dass sie Keine mehr sein möchten. Von überwiegend unglücklich-unzufriedenen Menschen möchte ich nichts lernen und nehme auch nur schwer einen guten Rat an, deshalb grenze dich davon ab.