Hallo meine Liebe!
Zu der Frage, die dich beschäftigt empfehle ich dir ein Buch:
https://www.amazon.de/Wenn-F … 75&sprefix=wenn+fraue&sr=8-1
Hier ist einer kleiner aber sehr treffender Auszug aus diesem Buch. Vielleicht hilft es dir bei deiner Entscheidungsfindung.
"An dieser Stelle möchte ich noch einmal auf das Märchen zurückkommen, mit dem ich dieses Kapitel eingeleitet habe. Auf den ersten Blick scheint ‹Die Schöne und das Tier›, wie erwähnt, zu den unzähligen Geschichten zu gehören, die den Glauben daran verbreiten, dass eine Frau die Macht hat, durch ihre hingebungsvolle Liebe einen Mann zu verwandeln. Auf dieser Interpretationsebene scheint das Märchen Verleugnung und Kontrolle als geeignete Wege zu befürworten, glücklich zu werden. Indem Labelle, die Schöne, das Schrecken erregende Untier bedingungslos liebt (Verleugnung), erlangt sie anscheinend die Macht, es zu verändern (Kontrolle). Diese Interpretation scheint zutreffend zu sein, weil sie sich mit den von unserer Kultur vorgeschriebenen Geschlechterrollen deckt. Aber meiner Meinung nach wird eine so vereinfachende Interpretation der Bedeutung dieses Märchens keinesfalls gerecht. Diese Geschichte hat nicht deshalb Bestand, weil sie die kulturellen Normen und Klischees irgendeines Zeitalters bestätigt, sondern weil sie ein wichtiges metaphysisches Gesetz in sich birgt – eine Lehre, die lebendig und zeitlos ist, die uns einen Weg aufzeigt, wie wir weise und zufrieden leben können. Dieses Märchen gleicht einer geheimnisvollen Schatzkarte; wenn wir klug genug sind, sie zu entziffern, und mutig genug, ihr zu folgen, dann wird sie uns zu dem großen Schatz führen: unserem persönlichen «Und lebte von nun an glücklich bis ans Ende ihrer Tage». In ‹Die Schöne und das Tier› geht es im Kern um die Fähigkeit zur Akzeptanz. Akzeptanz ist das Gegenstück zu Verleugnung und Kontrolle: die Bereitschaft nämlich, die Realität zu erkennen und zuzulassen – ohne das Bedürfnis, sie verändern zu müssen. Und darin liegt ein Glück, das nicht durch die Manipulation äußerer Bedingungen oder anderer Menschen entsteht, sondern durch die Entwicklung zu innerem Frieden, gegen alle Herausforderungen und Schwierigkeiten. Labelle hat kein Verlangen danach, das Ungeheuer zu ändern. Sie beurteilt es realistisch, akzeptiert es so, wie es ist, und findet Gefallen an seinen positiven Eigenschaften. Sie versucht nicht, aus dem Ungeheuer einen Prinzen zu machen. Sie sagt nicht: «Wenn es kein Tier mehr ist, werde ich glücklich sein.» Sie bemitleidet es nicht für das, was es ist, und versucht nicht, es zu verändern. In diesem Verhalten Labelles liegt die Lehre und Weisheit des Märchens. Weil sie akzeptieren kann, gewinnt auch dieses Wesen endlich die Freiheit, das Beste aus sich selbst zu machen. Dies ist nun zufällig ein hübscher junger Prinz (und der perfekte Partner für sie), was die Belohnung ihrer Fähigkeit zu akzeptieren symbolisiert. Ihre Belohnung besteht in einem fröhlichen, erfüllten Leben – übersetzt in die Sprache des Märchens: «… und lebte mit ihrem Prinzen glücklich bis ans Ende ihrer Tage». Einen anderen Menschen wirklich so zu akzeptieren, wie er ist, ohne zu versuchen, ihn durch Ermutigung, Manipulation oder Zwang zu ändern, ist eine hohe Kunst des Liebens, die die meisten von uns nur unter großen Schwierigkeiten in die Tat umsetzen können. In Wahrheit steckt in all unseren Bemühungen, einen anderen Menschen zu ändern, ein grundsätzlich egoistisches Motiv: der Glaube, dadurch glücklich zu werden, dass er sich verändert. Natürlich ist es nicht falsch, glücklich sein zu wollen, aber wenn wir die Quelle dieses Glücks außerhalb von uns selbst suchen, es in die Hände eines anderen Menschen legen, dann weichen wir damit unserer Fähigkeit und Verantwortlichkeit aus, unser eigenes Leben positiv zu verändern. Nur indem wir einen anderen Menschen akzeptieren, gestehen wir ihm zu, sich zu ändern – wenn er es wirklich will. Dies möchte ich an einem Beispiel verdeutlichen: Wenn eine Frau einen arbeitssüchtigen Partner hat – einen so genannten workaholic – und darüber jammert oder schimpft, dass er so lange von zu Hause fort ist, dann gibt ihr Verhalten ihm die Rechtfertigung für sein Verhalten: Er wird vermutlich weiterhin genauso viel oder sogar noch mehr arbeiten, um ihrem Gejammer zu entrinnen. Mit anderen Worten: Ihr Schimpfen, ihre flehentlichen Bitten, ihre Versuche, ihn zu ändern, ermöglichen es ihm erst, zu glauben, nicht er würde zu viel arbeiten, sondern sie zu viel schimpfen, und das sei der Grund für ihre ehelichen Spannungen. Ihr zwanghaftes Verlangen, ihn zu ändern, kann tatsächlich genauso viel zu der seelischen Entfremdung zwischen ihnen beitragen wie sein zwanghaftes Arbeitsverhalten. Indem sie ihn dazu zwingen will, ihr näher zu sein, stößt sie ihn doch nur immer weiter ab. Arbeitssucht ist eine schwere Störung, genau wie jede andere Art von Zwangsverhalten. Dieser Mann stürzt sich in die Arbeit, entweder um sich vor Nähe und Intimität zu schützen, die er als bedrohlich erlebt, oder um zu verhindern, dass bestimmte unangenehme Gefühle, vor allem Angst und Verzweiflung, in ihm hochsteigen. (Arbeitssucht ist eine Form von Selbstvermeidung und tritt häufig bei Männern auf, die in dysfunktionalen Familien aufgewachsen sind, während sich bei Frauen, die aus ähnlichen Familienverhältnissen kommen, solche Vermeidung vorwiegend darin äußert, dass sie zu sehr lieben.) Der Preis, den er für diese Selbst-Vermeidung zu zahlen hat, besteht in einer eingeschränkten Existenz, die ihn daran hindert, voll auszukosten, was das Leben für uns bereithält. Aber nur er kann entscheiden, ob dieser Preis zu hoch ist und ob er die zur Veränderung erforderlichen Maßnahmen ergreifen und die entsprechenden Risiken eingehen will. Die Aufgabe seiner Frau besteht nicht darin, sein Leben wieder in Ordnung zu bringen, sondern für ihre eigene Weiterentwicklung zu sorgen. Wir könnten fast alle viel glücklicher und erfüllter leben als wir glauben. Oftmals sind wir davon überzeugt, das Verhalten eines anderen Menschen stünde unserem eigenen Glück im Weg – und verzichten somit darauf, uns selbst zu verwirklichen. Wir nehmen die Verpflichtung nicht wahr, uns selbst zu entwickeln. Gleichzeitig versuchen wir aber mit Intrigen, Manövern und Manipulationen, diesen anderen zu ändern, und wenn unsere Bemühungen fehlschlagen, werden wir wütend, mutlos und deprimiert. Der Versuch, einen anderen Menschen zu ändern, ist in sich deprimierend und frustrierend, aber die Kraft, eine Veränderung in uns selbst zu bewirken, ist lebensbejahend. Um auf unser Beispiel zurückzukommen: Wie kann nun die Frau des arbeitssüchtigen Mannes frei werden, ihr eigenes Leben zu leben, ganz gleich, was er macht? Sie muss zu der Überzeugung gelangen, dass sein Problem nicht ihr Problem ist und dass sie weder die Macht noch die Pflicht noch das Recht hat, ihn zu ändern. Er hat das Recht zu sein, wer er ist – und das muss sie respektieren lernen, selbst wenn sie sich wünscht, er möge anders sein. Durch diese Haltung wird sie frei – frei von Groll über seine mangelnde Verfügbarkeit, frei von den Schuldgefühlen, die sie quälten, weil sie ihn nicht zu ändern vermochte, frei von der Last der endlosen Versuche, das zu ändern, was sie nicht ändern kann. Vielleicht wächst dadurch sogar ihre Zuneigung zu ihm, weil Bitterkeit und Schuldgefühle nicht mehr den Blick für seine positiven, liebenswerten Eigenschaften verstellen. Wenn sie den Versuch aufgibt, ihn zu ändern, und ihre Energie neu ausrichtet, um ihre eigenen Interessen zu entwickeln, dann wird sie auf jeden Fall ein gewisses Maß an Glück und Zufriedenheit erfahren – ganz gleich, was ihr Partner tut. Vielleicht findet sie sogar heraus, dass ihr dieses neue Leben wirklich Freude und Erfüllung bietet, auch wenn der Partner ihr nur selten zur Seite steht. Ihre Entscheidung, das eigene Glück weniger von ihm abhängig zu machen, kann aber auch eine Trennung zur Folge haben, weil sie die Bindung an einen ständig abwesenden Partner für sinnlos erachtet. Diese Entscheidungsmöglichkeiten hat sie aber erst, wenn sie ihr eigenes Glück nicht mehr von seiner Veränderung abhängig macht. Solange sie ihn nicht als den akzeptiert, der er ist, bleibt sie gefangen in ihrer Erstarrung, die einem Scheintod gleicht: Sie muss darauf warten, dass er sich ändert, bevor sie ihr eigenes Leben leben kann. Wenn eine Frau, die zu sehr liebt, ihren Kreuzzug aufgibt, wenn sie ihren Partner nicht mehr zu ändern versucht, dann ist er tatsächlich gezwungen, über die Konsequenzen seines eigenen Verhaltens nachzudenken. Wenn sie nicht mehr frustriert und unglücklich ist, sondern sich über ihr Leben freuen kann, verschärft sich der Kontrast zu seiner eigenen Existenz. Vielleicht beschließt er, für eine Ablösung von seinen Zwängen zu kämpfen, um offener, zugänglicher zu werden. Vielleicht aber auch nicht. Doch ganz gleich, wofür er sich entscheidet: Eine Frau, die ihren Partner so akzeptiert, wie er ist, wird frei, ihr eigenes Leben zu leben, glücklich bis ans Ende ihrer Tage."