Wenn der Partner Dinge tut oder tun will, bei denen man selbst ein schlechtes Gefühl hat, die einen triggern (aus ganz unterschiedlichen Gründen) dann ist die "Gönnerei" auch vorbei.
Du verstehst das Wort gönnen anders als ich.
Natürlich ist es gerade am Anfang so, dass die monogame Prägung enorm wirkt und nachhallt. Da ist Unsicherheit, anders fühlen zu dürfen und es bedeutet nicht, dass man die Gefühle anderer Menschen komplett ignoriert.
Wo man sich oft in monogamen Beziehungen gegenseitig glücklich zu machen hat und zig nie ausgesprochene Verbote vorhanden sind, gibt es gewissermaßen einen Schutz, sich mit möglichen Triggern nicht auseinander zu setzen. Das muss ich nicht. Mein Partner ge hört mir, er darf nicht mit anderen Frauen flirten, geschweige denn mehr, oft darf der Partner nicht alleine in den Urlaub, der Alltag ist gemeinsam durchgeplant und das "wir" steht oft weit über den individuellen Bedürfnissen. Unter anderem gehen Menschen oft genug fremd, was witziger Weise wo auch erlaubt ist moralisch, wenn der Partner sich sexuell nicht genug kümmert.
Diese vielen oft unreflektierte Wertvorstellungen und Glaubenssätze nimmt jeder Mensch mehr oder weniger mit auf seinen Polyamorieweg. Gedanken lösen da eine Vielzahl an Emotionen aus. Das will in Ruhe sortiert und emotional verarbeitet werden, um in die Selbstfürsorge zu gelangen und herauszufinden, was an diesen anerzogenen Vorstellungen für einen selbst sinnvoll und wahr ist und was nicht.
Und gönnen hat sehr viel mit innerer Reife zu tun.
Bei dir lese ich stark heraus, dass es keine emotionalen Verletzungen geben darf. Das wird Menschen so eingetrichtert durch unsere Gesellschaft. Monogamie ist eine Art Käfig, in dem so einige Paare sich einrichten, um möglichen Triggern, wie Du es nennst, zu entgehen. Monogame Paare, die als Individuum frei bleiben, gibt es eher selten. Diese eher wenigen Paare sind für mich Beispiele einer gelungenen monoamoren Beziehungsform. Es sind nicht mehr als unter polyamoren Beziehungen, wenn man berücksichtigt, dass es viel mehr monogame Beziehungen gibt.
Deshalb finde ich es lustig, wenn polyamore Menschen immer gesagt wird, dass die meisten nur rumbumsen wollen. Wo doch viele monogam lebende Paare in ihrem Käfig mit all den No-Gos kreuz unglücklich sind. Statt offen rumbumsen wird fremdgegangen und der Partner sukzessiv mit immer mehr Antipathie begegnet, bis es zur Trennung kommt. Die ganzen Trigger zuvor, die für dieses ominöse Wir sorgen, brechen nicht selten in einem Trennungskrieg aus. Mit Vorwürfen, aufgestautem Hass, Frust und Angst vor einer Zukunft, in der man erst einmal alleine ist.
Mein Eindruck ist, dass das Reifen eines Menschen im polyamoren Konstellationen bereits von Beginn an forciert wird. Ich muss mich erst mit Triggern beschäftigen und mich und meine Gefühle klären, erst dann werde ich beziehungsfähig. Monogame Menschen durchlaufen denselben Prozess als serielle Monogamie über mehrere Partner nacheinander. Und arbeiten ihre Probleme erst nach dem Scheitern auf. Bei polyamoren Leuten läuft das ab der ersten Beziehung so.
Das eine ist nicht besser als das andere, der Weg ist anders. Ein reflektierter monoamoren Mensch hat dieselben Erkenntnisse und Erfahrungen wie ein polyamoren Mensch. Zum Beispiel sich in Selbstfürsorge zu üben, dem Partner Raum zur Entwicklung zu geben, die eigenen Emotionen nicht am Partner abwichsen, wirklich zu verstehen, dass Beziehung freiwillig ist, gönnen können müssen beide lernen und so weiter.
Der einzige Unterschied, der bleibt, ist: monoamoren Menschen brauchen nur einen Menschen lieben und polyamore Menschen lieben mehr als einen Menschen.
Ansonsten müssen alle mühsam lernen, wie gute Beziehungen funktionieren, das ist tatsächlich keinen Menschen einfach so in die Wiege gelegt worden.
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