Mal zu dem Fingerabdruck im Perso:
Schäuble hätte das sehr gerne als Pflicht gehabt, letzten Endes wird es ab nächstem Jahr optional sein. Die Details werden ja noch ausgearbeitet - also zum Beispiel, ob Standard werden soll mit oder ohne Abdruck, man also opt-in oder opt-out wählt (sprich: Ist der Standard "ohne Abdruck" wählt man explizit, ob man ihn mit drin haben will (opt-in), ist es "mit Abdruck" muss man explizit wählen, dass man das nicht will (opt-out) - dass mir persönlich "ohne Abdruck" lieber wäre muss ich nicht erwähnen, oder?).
Dieser soll, ebenso wie der Chip generell, auch als Zutrittsmöglichkeit dienen. So könnte z.B. dein Fahrzeug starten, aufgrund des Chips in deinem Perso. Probleme hierbei:
1. Dadurch, dass der Perso soviele Türen öffnet, wird er natürlich auch für Diebe und Fälscher interessanter... und zwar hochgradig!
2. Was, wenn ich meinen Perso nicht dabei habe?
3. Wie sieht der Schutz bei einem Read-by aus? Ist es also möglich, den Chip oder Teile davon nebenbei auszulesen?
Man spricht immer gerne davon, dass das alles unwahrscheinliche Szenarien sind, aber wer ein wenig Ahnung vom technischen Wettrüsten hat, der weiss: Je interessanter das Objekt wird, desto erfindungsreicher sind Trickdiebe! Und durch die ganzen zusätzlichen Möglichkeiten würde der Perso sogar weit interessanter werden als vieles andere. Gleiche Gefahr sehe ich übrigens bei der Idee einer "Bürger-Karte", mit allen wichtigen Daten drauf.
Je mehr Daten erhoben und gesammelt werden, desto grösser die Begehrlichkeiten, an diese zu kommen. Die Vorratsdatenspeicherung war noch nicht beschlossen, da meldete die Musik-, Film- und Abmahnindustrie bereits Interesse an Einblick an. Und steter Tropfen höhlt den Stein - und wenn der nicht, dann müssen eben mal wieder schicke Köfferchen verschoben werden. Letztlich ist jede Datensammlung kritisch zu betrachten und zu hinterfragen, ob es wirklich nötig ist, diese Datenmasse vorzuhalten.
Zur Presse:
Ich bevorzuge Formate und Nachrichten, die mir Meldungen neutral präsentieren. Eine Meinung bilden kann ich mir selber. Leider ist es nahezu unmöglich, Meldungen 100% neutral zu halten, damit tun sich auch die öffentlich-rechtlichen Sender sehr schwer (die Hetzkampagnen gegen Videospieler sind da ja nur ein Beispiel). Ich versuche daher, meine Informationen aus möglichst vielen Quellen zu kriegen und dann zu schauen - man weiss ja in etwa, in welche Richtung die jeweilige Quelle eher tendiert.
Zum Überwachungsstaat:
Wie gesagt, schau dir das Beispiel "Operation Himmel" einmal an. Und dann denk nach. 12.000 Fälle. 12.000 Menschen. Bei dem Großteil wurde das Verfahren eingestellt. Gut? Scheisse ist es - die Familie kriegt es mit (ob die Frau wohl mit den Kindern bleibt, wenn gegen den Mann wegen des Verdachts auf Kinderporno ermittelt wird?), Freunde, Bekannte, Nachbarn, über Umwege oftmals auch der Arbeitgeber... und selbst, wenn du unschuldig bist... glaubst du, DAS interessiert später noch? Da nutzt es dir auch nichts, dass du den Ermittlern noch viel Erfolg wünschst. Und wenn du darin keine Gefahr siehst... dann weiss ich nicht, wie du das sonst nennen willst. Da werden Existenzen zerstört, für nichts! Und du nennst es "nicht ängstigend"?! Sorry, aber wo bitte ist da "Freiheit" und "Recht"?
Du kannst also sehr schnell in das Visier von Ermittlern geraten - und das Problem ist: Die sagen erstmal, du gehörst dazu. Da sind die vollkommen politisch unkorrekt (solange nichts bewiesen ist gilt die Unschuldsvermutung) - das durfte ich auch schon erleben. Man wird angehalten und erstmal für nen Diebstahl beschuldigt - nicht "du könntest das gewesen sein", sondern "du warst es". Wenn sich dann rausstellt, das dem doch nicht so ist, wird dir noch ein schöner Tag gewünscht und das wars dann. Tja, und das bei solchen Ermittlungen wie bei der "Operation Himmel" kaum anders verfahren wird, sollte offensichtlich sein...
Merke: Nichts zu verbergen haben mag eine Sache sein - andere davon zu überzeugen eine andere. Und die Frage ist: Hast du WIRKLICH nichts zu verbergen? Warum schliesst du dann deine Wohnung ab? Möchtest du, dass jemand in deinen intimsten Sachen rumschnüffelt? Sicher nicht. Auch wenn man nichts zu verbergen hat gibt es NIEMANDEM das Recht, im Leben eines anderen rumzuschnüffeln.
Von dem her sehe ich da, auch noch zusammen mit den oben erwähnten Begehrlichkeiten, eine grosse Gefahr. Nicht eines Überwachungsstaates - aber eines Staates, der zuviele Informationen vorhält und sammeln lässt, die gewaltige Begehrlichkeiten weckt. Und glaube mir - Geld öffnet verdammt viele Türen, dazu noch die üblichen Schlagworte (Terrorismus! Kinderporno! Raubkopierer!) und du hast vollen Zugriff... und das nennst du "nicht beängstigend"?
//Nachtrag
Es gibt nur EINEN Grund, weswegen mich das nicht ängstigt: Die Tatsache, dass ich weiss, dass sich auch wir Deutsche nicht ewig alles gefallen lassen werden - und das Wissen, dass sich irgendwie die Wut und Empörung ihren Weg bahnt. Oftmals in der Geschichte blutig... aber es war immer ein Neuanfang. Darum habe ich keine Angst davor - weil ich weiss, dass jeder Tropfen in das Fass es weiter füllt und irgendwann das alles überläuft...
Auch wenn der Beitrag immer länger wird, mal paar Sachen zum Nachdenken:
http://www.lawblog.de/index.php/archives/2008/07/18/gbl-razzia-durchsuchungsbeschlusse-mangelhaft/
Beliebtes Mittel - man nimmt ein höherwertiges "Verbrechen", um an eine Hausdurchsuchung zu kommen, um etwaige Zufallsfunde (auf die man es eigentlich abgesehen hat) verwerten zu können. So kann auch für kleinere Vergehen eine Hausdurchsuchung erreicht werden.
http://www.lawblog.de/index.php/archives/2008/07/16/prefetching/
IP gespeichert obwohl man nie auf der betreffenden Seite gewesen ist - und DAS beweise dann bitte mal...
Ich hatte eigentlich einen anderen Artikel auf LawBlog gesucht - leider nicht gefunden.