********lack:
Das heißt aber dann wohl auch, daß Du keine andere Frau/Mann liebst oder liebst Du jetzt den neuen Mann Deiner Partnerin auch?
Bislang habe ich keine weitere Beziehung - mir läuft ja nicht jeden Tag eine Frau über den Weg, die ich sie toll finde, dass ich mein Leben mit ihr teilen möchte, und die auch noch bereit ist, eine nicht-exklusive Beziehung einzugehen
Entscheidend ist für mich, dass ich, wenn es sich ergibt, die Möglichkeit auf eine weitere Beziehung habe, ohne dass es meine jetzige Beziehung schädigt.
Und klar, wenn sie sagen würde "ich darf, Du nicht", dann wäre das inakzeptabel.
Nur zur Klarstellung: Als meine Partnerin sich in unseren guten Freund verliebt hat, hat sie auf meine Aufforderung hin ausgesprochen, was ihr - die freie Wahl vorausgesetzt - am liebsten wäre. Ihre Antwort war, bei freier Wahl zwischen allen theoretischen Möglichkeiten wolle sie mit jedem von uns eine Beziehung haben. Ich habe dann den Vorschlag gemacht, es auszuprobieren, und sie dabei immer aus eigenem Antrieb unterstützt.
********lack:
Heißt das dann z.B. das Deine Partnerin keinen Sex mit dem neuen Mann hat?
Ich würde mich sehr wundern und mich für den Grund interessieren, wenn sie keinen Sex mit ihm hätte. Eine Beziehung zwischen zwei Erwachsenen, die nach 10 Monaten immer noch rein platonisch ist, wäre ungewöhnlich, und ich würde mich fragen, ob sie denken, sich zurückhalten zu müssen.
Worauf ich hinaus wollte ist, dass es bei einer offenen Beziehung primär darum geht, dass man Sex mit anderen haben darf. Bei einer polyamoren Beziehung geht es darum, dass man eine vollständige Beziehung mit jemand anderem haben darf, und das heißt auch Sex, aber eben auch Liebe. Bei einer offenen Beziehung, so wie ich den Begriff verstehe, ist es unerwünscht, dass sich ein Partner in jemand anderen verliebt.
********lack:
Nun, das jeder meint er ist überzeugt etwas leben zu können, sagt noch langen nicht, das das auch stimmt und funktioniert.
Sicher. Der Punkt ist, dass der Unterschied zwischen "ich glaube, ich kann das nicht" und "ich glaube, ich kann das" für mich bedeutet, dass ich einer polyamoren Beziehung mit der zweiten Person eine Chance geben würde, während ich mich mit der ersten nicht darauf einlassen würde. Man sagt sowas ja nicht einfach so, sondern ist sich im Normalfall bewusst, dass diese Lebensweise höhere Anforderungen an Kommunikationsfähigkeit, Selbstreflexion, Empathie etc. hat, und dass man in eine solche Beziehung mehr Aufmerksamkeit und Mühe investieren muss. Wenn eine Person sagt, dass sie sich eine polyamore Beziehung zutraut, dann glaube ich ihr das zunächst - genauso wie ich jemandem erst einmal glaube, der sagt, dass er beziehungsfähig ist.
****************esuisla:
Du bist der Erste, der zu gibt, das es nicht reicht Polyamor dran zu schreiben und schon erfüllen sich alle Vorstellungen.
Das gibt glaube ich jeder zu, der sich mit dem Thema befasst hat und daran denkt, diese Beziehungsform auszuprobieren. Denk dran, dass die Diskussion in diesem Thread sich großteils darum drehte, ob so etwas
überhaupt möglich ist.
********lack:
Ja, es ist den Menschen wichtig. Und ja, es macht einen Unterschied.
Der Tag hat nämlich für alle nur 24 Std.
Richtig, deswegen ist es eine Frage des Zeitmanagements. Und natürlich auch eine Frage, wie viel gemeinsame Zeit der-/diejenige haben möchte. Aber ich vermute ehrlich gesagt, dass hinter der Aussage "ich fang' nix mit einem Poly an" viel mehr steckt als nur die Frage nach der verfügbaren Zeit - z.B. traditionelle Vorstellungen, diffuse Ängste etc. Das meine ich in keiner Hinsicht abwertend. Fast jeder hat Angst vor dem Unbekannten, ich auch.
********lack:
Wenn dem nämlich so wäre, hätte man es nicht so schwer funktionierende Beispiele zu finden.
Meiner Einschätzung nach ist der Hauptgrund der, dass unsere Gesellschaft extrem auf die klassische Zweierbeziehung geprägt ist und viele Menschen sich gar nicht bewusst sind, dass es da noch andere Möglichkeiten gibt. Und was nicht denkbar ist, ist auch nicht machbar.
Um eine Analogie zu benutzen: Wie viele Word-Benutzer nutzen eine Standardschriftart - und wie viele eine, die man erst im Internet suchen und runterladen muss?
********lack:
Besonders interessant aber, das jeder da wohl eine andere Sichtweise in der Umsetzung hat.
Meine Erklärung dafür: Die Mentalität hinter Polyamorie ist meist eine von maßgeschneiderten Beziehungen und Umsetzungen. Es geht im Prinzip nicht darum, Konventionen einzuhalten, sondern den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht zu werden - das ist etwas sehr Individuelles. (Dass die Umsetzung nicht automatisch funktioniert, ist natürlich auch klar!)
Auch das ist keine Kritik an der klassischen Zweierbeziehung. Die kann ja auch an die Bedürfnisse der Beteiligten angepasst werden. Leider machen manche Menschen davon keinen Gebrauch, obwohl es ihnen gut täte.
********lack:
Ich frage mich generell, wie diejenigen in das Konzept passen, die sich diese Lebensform nicht erwählt haben.
Was sie empfinden, schließlich lieben sie ja auch und dann ändert sich alles schlagartig und nichts ist mehr so wie es war.
Ja, das ist schwierig, für alle Beteiligten; man möchte ja nicht, dass der eigene Partner unglücklich wird. Für so etwas gibt es kein Patentrezept: Manchmal verzichtet der Polyamore auf das Ausleben seiner Liebe zu jemand anderem, manchmal verzichtet der Monoamore auf Exklusivität, manchmal wird versucht, die neue Beziehung mit strikten Regeln "einzuhegen", manchmal scheitert es und die Beziehung geht in die Brüche. Und manchmal findet sich ein tragfähiger Kompromiss.
*****sla:
Letzte Woche hat mein Mann (auf seinen Vorschlag hin) meinen Freund kennengelernt, sie haben zusammen ein Bierchen getrunken und ich fand das wunderschön!
Meinen herzlichen Glückwunsch! Das zu lesen freut mich sehr für Dich und zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht (ich alter Romantiker, ich!).