@antaghar
das mit dem richtig hinfühlen ist schon eine interessante theorie. und sie mag auch stimmen, das glaub ich wohl. nur denke ich, dass ein mensch das nicht steuern kann! und ich glaube auch nicht, dass ich das wollen würde. so schön verliebt sein auch ist...ich glaube, ich will gar nicht jedesmal herzklopfen bekommen, wenn mein partner, mit dem ich schon seit jahren zusammen bin, mal die hand nimmt.
gut, meine längste beziehung hielt nur drei jahre. drei jahre, die zu anfang sehr aufregend waren, dann wohnten wir zusammen, sahen uns jeden tag und gewöhnten uns aneinander. aufregend war es nur noch nach einem streit oder wenn ich nach zwei wochen aus dem urlaub wieder kam. da fielen wir wie die wahnsinnigen übereinander her.
diese vertrautheit und gewöhnung ist eine wunderschöne sache. weil man sich sicher fühlt, dem partner bis ins unendliche vertraut und weiß, dass man sich seiner sicher ist.
andererseits ist da auch nichts mehr neues, weil man alles eben schon kennt. ich kannte sein gesicht, wenn er traurig war, den ausdruck, wenn er böse war. wie er sich bewegt, wenn er sich unter druck fühlte. ich wusste wann er lachte und selbst heute denk ich, wenn ich eine fernsehsendung sehe "hey, er hätte jetzt das und das gesagt!" oder wenn mir irgendwas passiert, dass nur er mich verstanden hätte oder wie er reagiert hätte. ich kannte sämtliche facetten seines wesens und seines körpers. und das war auch auf eine art gut.
nur dann...so vertraut es war im gleichen raum zu sein, wenn er pinkelte, so vertraut war mir auch der rest seines körpers. sein geruch, der mich vorher bis zum wahnsinn getrieben hat, hat sich durch das zusammenleben meinem angepasst...oder umgekehrt. nun kannte ich jede falte seines körpers, jede schönheit, aber auch unzulänglichkeit. natürlich liebte ich ihn genau wegen dieser gesamtheit. aber ich kannte ihn, wie ich jeden winkel meines heimatdorfes kenne. nichts hat mehr überrascht. wir wussten was wir mögen, wir kannten unsere phantasien, wir hatten alles ausprobiert, was wir uns wünschten. und zurück blieb der stumpfe geschmack der liebenden vertrautheit.
mein herz klopfte nicht mehr, wenn er mich von der bahn abholte und es flogen keine schmetterlinge mehr im bauch herum, wenn er mich küsste. ich liebte ihn. fühlte mich sicher. aber das prickeln des unbekannten war einfach weg.
ich lernte jemanden kennen, der mich ununterbrochen angebaggert hat. der kein geheimnis drauß machte, dass er gern mit mir schlafen möchte. er sah so anders aus. er hörte andere musik, er lachte anders, er war ein anderer mensch. er roch wahnsinnig gut, und wenn er sich bewegte, zog ich ihn mit unbändiger neugier in gedanken aus.
ich ging nicht fremd...aus liebe. ich kannte meinen partner zu gut, dass er mir nicht verzeihen könnte und ich verstand es auch. mir hätte es ja genauso weh getan. und belügen kann ich niemanden und ihn im besonderen nicht. aber dieses prickeln, dieses lang verlorene prickeln war wieder da und ich spürte es für einen mann, der mir in so vielen dingen unbekannt war und den ich kennen lernen wollte. den mein körper kennen lernen wollte.
es ist doch so: ich kann jeden tag kohlsuppe essen. mal auf klassische art, mal auf asiatische...dann mit frühlingskräutern, dann mal mit curry...dann auf ganz viele andere arten. aber es bleibt kohlsuppe. und langweilt und wird zuviel.
der unterschied? die liebe. man bindet sich an einen menschen und will ihn nicht verletzen. und könnte es auch nicht selbst ertragen, wenn er genau das bei einem anderen sucht, was man selbst zuvor getan hat. dieser besitzanspruch, der geltend gemacht wird.
ich bewundere menschen, die es schaffen, eine offene beziehung zu führen. menschen, die gerne swingen, menschen die loslassen können und deren gefühle nicht im weg sind. sie genießen fast alle freiheiten, haben aber einen festen partner und ein noch festeres vertrauensverhältnis.
für mich wäre es nichts. in einer beziehung will ich die nummer eins sein und bleiben. ich will niemanden neben mir haben (yeeeah, das ist mein gott-komplex
) und es würde mir wahnsinnig weh tun, wenn mein partner sex mit einem anderen partner hat. daher würde ich es auch ihm nicht antun wollen. wenn er sagen würde "du darfst, ich will aber nicht selbst!" wäre das ja traumhaft, aber wohl kaum realistisch und alles andere als fair.
ich würde wohl immer noch in dieser beziehung leben, wenn nicht andere differenzen zu stark gewesen wären. egal ob mit prickeln oder nicht. das die verliebtheit aufgehört hat, damit konnte ich leben. mit ihm an der seite wäre es mir egal gewesen, ob mit prickeln oder nicht.
eine beziehung besteht aus kompromissen, und dies ist eben einer davon. die kirschen in nachbars garten sind immer besser, aber was ist, wenn es dort nicht nur kirschen, sondern auch himbeeren gibt?
ja, das prickeln verschwindet und vertrautheit kommt. und es mag zuweilen langweilig sein. ich glaube nicht, dass es paare gibt, die sich genauso fühlen wie am ersten tag der verliebtheit. die immer wieder dieses prickeln fühlen. glaube ich nicht. ich bin treu, ich verlange treue und ich sehne mich nach einer festen beziehung. denn glücklich kann man trotzdem werden, auch wenn man nur die eigenen kirschen hat. und ich glaube, dass diese vertrautheit, dieses tiefe kennen einander das größte glück ist und wichtiger als aufregender sex, auch wenn es in diesem moment manchmal nicht so wirkt.
sooo...ich hoffe, ich habe euch, antaghar, ausreichend geantwortet und nicht zu viel unsinn dahin philosophiert. mag sein, dass ich eine ganz eigene ansicht der dinge habe und nicht genug erfahrung. aber so ist es, wie ich es kennen gelernt habe und empfinde.