Ich versuch es nicht mal zu lügen, weil ich ein sehr schlechter Lügner bin
Was diesen Satz angeht, halte ich es mit
@****ly.
Ich habe, was das Lügen angeht, keine ethisch-moralischen Probleme. Meiner Meinung nach gibts eh keine objektive Wahrheit, nur subjektive Wahrnehmungen. Und ebenso habe ich gelernt, dass nichts so destruktiv ist, wie der Glaube an die Existenz einer Ultimativen Wahrheit, und insbesondere der Glaube daran, diese für sich gepachtet zu haben.
Jetzt gibts also zwei Arten von Lügen: das eine sind Antworten auf Fragen wie: findest du, ich hab einen fetten Arsch? Nun. Angenommen ich finde das. Dann stellen sich zwei Fragen: kann der Fragende, wenn ich lüge, rausfinden, dass ich lüge? Und zweitens, nützt die Wahrheit irgendwas? Wenns nicht um einen sehr gesundheitsgefährdenden Fall von Adipositas handelt (so einer stellt eine solche Frage aber nicht), lautet in beiden Fällen die Antwort "nein". Und das wäre auch meine Antwort. Blöde Komplexe wegen des Aussehens nützen keinem was, was soll ich sie verstärken. Für was. Für ein ethisches Konzept? Quatsch.
Zweitens haben wir natürlich noch Lügen bei Fragen, die sich mit harten Fakten befassen. "Wo warst du gestern abend?" von einem unwissenden Ehegespons gefragt, wenn man den Abend mit der Affaire verbracht hat.
Also, wenn ichs draufhätte, wenn ich glauben könnte, die Umstände jederzeit unter Kontrolle zu haben, dann würde ich in so einer Situation ebenso lügen wie in der obigen. Aus denselben Gründen: weil die Wahrheit nichts nützen würde, an so einem Punkt. Sie würde nur schaden. Eine Lüge schadet dagegen nur, wenn sie als solche erkannt wird. Dann allerdings mit wirklich katastrophalen Folgen. Knifflige Situation.
Nun weiss ich, dass ich nicht in der Lage bin, die Fakten so zu kontrollieren. Wie soll man es schaffen, etwas so Sperriges wie eine Lüge in das komplexe Gefüge der Realität einzupassen, ohne das irgendwelche Enden überstehen? Es gibt immer irgendeinen Umstand, den man in einer Lüge nicht berücksichtigt. Irgendwer hat einen gesehen. Irgendwer hat einen nicht gesehen. Die Kneipe wurde gerade vom Gesundheitsamt geschlossen, die Bahn hat gestreikt, oder die Gegend wurde gerade von einem Hurricane verwüstet...was auch immer. Deshalb vermeide ich das. Nicht, wie gesagt, weil ich das Lügen an sich nicht für eine sehr sinnvolle Angelegenheit halte (wo es mehr nützt als schadet), sondern weil ich nicht möchte, dass man mich bei sowas ertappt. Abgesehen von der persönlichen Peinlichkeit einer solchen Situation sind die Folgen, wenn eine Lüge als Lüge erkannt wird, immer schlimmer als das, was man durch die Lüge verhindern möchte. Und die Wahrscheinlichkeit des Auffliegens hat man nicht unter Kontrolle. Das ist einfach eine Kosten-Nutzen-Abschätzung.
Daher wende ich ziemlich viel Mühe auf, um Situationen zu vermeiden, die eine Lüge erforderlich machen, und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es bei ausreichender Vorbereitung und etwas Mühe im Vorfeld absolut möglich ist, auf Lügen zu verzichten.
Ist auch allemal entspannender.
Aber so als Prinzip finde ich Lügen durchaus sozialverträglich.