Das sind gute Beispiele für eine Abgrenzung...
Wenn mich wer fragt, versuche ich die Wahrheit zu sagen, sofern ich mich nicht massiv schädige. Und zu solch einem Schaden wird es so gut wie nie kommen. Meistens wird Aufrichtigkeit eher geschätzt, wenn man erkennt, dass dahinter keine Absicht der Herabsetzung o.ä. verborgen ist.
Wenn der Chef ein Techtelmechtel mit der Sekretärin hat, würde ich sicher drauf hinweisen, dass es immer zu Schwierigkeiten kommen kann: es wird ihm unterstellt werden, dass er sie bevorzugt und ihr wird man nachsagen, sie habe sich hochgebumst und sonst nix geleistet. Ich würde ihm auch raten, diese Beziehung beruflich komplett beiseite zu schieben und nicht öffentlich Zärtlichkeiten zu tauschen etc.
Ich würde ihm sagen, dass es nie vernünftig ist, eine solche Liaison einzugehen, aber wer kann in solchen Dingen schon immer vernünftig sein?
Warum sollte ich das nicht so sagen dürfen, wenn er fragt?
Wenn einer stinkt wie Aal, muss ich ihn nicht unbedingt drauf ansprechen. Wenn er mich aber fragt, ob mir sein Körpergeruch auch so streng vorkäme, bekommt er sicher in angemessener Form die Wahrheit gesagt. Macht ja den wenigsten Leuten Freude, miefend durch die Lande zu ziehen.
Die Wahrheit zu sagen, bedeutet nicht, dass man mit seiner gesamten Wahrnehmung hausieren geht und auch ungefragt dem Nachbarn erzählt, was seine Frau so treibt, wenn er mit den Kegelbrüdern Ski fährt... Da überlass ich es jedem Einzelnen, ob er die Wahrheit wissen will oder nicht. Er hat immer die Wahl zu fragen oder auch nicht. Das ist meine Vorstellung von taktvoller Zurückhaltung.