persönlicher Stil vs soziale Anpassung
Die Frisur einer Frau spiegelt einerseits Lebensumstände (Image-Bedürfnisse /-Erfordernisse) und andererseits natürlich auch ihren persönlichen Stil wieder, sollte sich aber für einen harmonischen Look auch an Körpergröße und Fülle orientieren: extra lange Haare oder superkurze Garçon-Haarschnitte à la Jean Seeberg, genau wie extreme Farben, asymmetrische Schnitte etc. sind letztlich auch eine Aussage gegen das suppige Establishment ... gegen bürgerlich Normiertes/Übliches und von der Masse applaudiertes: wenn man weiß, wo in der Gesellschaft man steht / stehen möchte... ist
das die einzig wahre Entscheidungsgrundlage ... und dann hat eine Frau auch – zumindest im Privaten – das Selbstbewusstsein, die Grenzen des Stilempfindens ihres unmittelbaren sozialen Umfelds zu sprengen.
Gerade Frauen aus anderen Kulturkreisen zeigen uns, wie sehr langes Haar auch ältere Frauen kleidet... denke aber, dass die Schwierigkeit in der Gratwanderung zwischen noch nicht lang genug (für die Frau) einerseits und (mit den Augen anderer) zu lang andererseits liegt ... lange Haare
sind ein optisch weibliches / verweiblichendes Attribut - so wie anderes auch: (extra) lange Fingernägel, high heels, (sehr) figurbetontes Outfit ... wie viel Weiblichkeit eine Frau braucht, um sich wohl zu fühlen, ist ja zunächst
ihr selbst vorbehalten. Ein "der Gesundheitsminister warnt vor der Überdosierung weiblicher Stilmittel" gibt es zwar nicht ... aber anderen engeren Vertrauten von Vorneherein jeglichen Geschmackssinn abzusprechen ist ja vielleicht auch nicht so klug... so gibt es auch für mich eine ästhetische Einschränkung: zu lang sind sie in meinen Augen dann, wenn sie unten 'auszotteln'...
Bei kürzeren modischen Schnitten ist es besonders nervig, wenn man den Haaren beim Wachsen förmlich zusehen kann... in dem Fall wird der Friseur zum besten Freund des Geldbeutels und der Salon des Figaros die am meisten besuchte Kulturveranstaltung... angesagte definierte Looks kürzerer Frisuren erfordern wesentlich mehr Styling und viel regelmäßigere Auffrischungen als längere 'Über-Schulter-Schnitte': Hatte selbst jahrelang einen kinnlangen Bob und empfand oft genug schon nach zwei Wochen den unstillbaren Drang, ihm wieder eine präzisere Kontur zu verpassen... – was ich aktuell bei meiner Haarlänge – wenn ganz ganz glatt gekämmt, dann kurz vor Taille - nicht mehr tun muss: eine Freiheit, die ich schätze, ein Termin weniger in meinem listenschwangeren Hirn... momentan scheinen mir lange Haare unkomplizierter, vor allem weil sich mein leicht gewelltes Haar so am besten bändigen lässt ... und föhnen/glätten dank Spangenarsenal kein Muss ist, sondern die fakultative Ausnahme...
Ein burschikoser, ungestylter ("natürlicher") und gestufter Kurzhaarschnitt hingegen ist für mich gleichsam ein öffentliches Bekenntnis zur Seniorentümelei ... und auch der erste Schritt in Richtung Geschlechtsneutralität.
Darüber hinaus finde ich, dass insbesondere (ganz) kurze Haare einen frischen Gesichtsausdruck und feine Gesichtszüge erfordern, was wohl für die meisten mit zunehmendem Alter immer unwahrscheinlicher wird...