„Liebesbeweis
Ich bin gerade, seit einer gefühlten Ewigkeit, über das Wort „Liebesbeweis“ gestolpert und mag es immer noch nicht. ☺️
Das klingt, als müsste die Liebe bewiesen werden, indem entsprechende Handlungen erfolgen.
Für mich muss Liebe nicht durch einen Beweis erfolgen.
Wie empfindet ihr das Wort?
Ist das bei euch neutral, positiv, oder auch eher negativ besetzt?
PS: mir geht es nicht darum, zu einen Ergebnis / einer Definition bezüglich des Wortes zu kommen. Es geht schlicht um die Empfindungen.
Es gibt bei mir zwei Empfindungen (und ich versuche mich tatsächlich an deine Frage bzw. deren Beantwortung zu halten).
Zum Einen hab ich ganz grundsätzlich ein Problem mit dem Widerspruch, der in diesem Wort nach meinem Verständnis steckt. Eigentlich sind es zwei Worte, vermutlich gäbe es dieses Wort in vielen anderen Sprachen so gar nicht, sondern müsste aus den zwei Begriffen so zusammengesetzt werden, damit der gleiche Sinn transportiert werden würde. Es ist aber eine Eigenart der deutschen Sprache, dass es solche Wortkonstrukte gibt. Der Widerspruch steckt in der Zusammensetzung zweier Worte, die in ihrer Begrifflichkeit und meinem Verständnis dieser Begriffe in Widerspruch zueinander stehen. Trotz dieser (für mich) impliziten Widersprüchlichkeit gibt es dieses Zweiwort und es wird durchaus verwendet, benutzt und gar genutzt. Das mag in manchem Fällen ohne Bewusstsein um die Widersprüchlichkeit geschehen, in anderen Fällen womöglich gerade aus dem Bewusstsein um die Widersprüchlichkeit und zur Nutzung dieser. Solche Worte mag ich nicht, denn sie haben etwas Manipulatives, wenn ich deren „Anwendung“ erlebe, oder sie werden oberflächlich und nicht reflektiert benutzt, fahrlässig und leichtfertig, was ich ebenso wenig mag. Worte sollte man bewusst verwenden, sie transportieren unsere Gedanken und unsere Gefühle, mehr als manchem dabei bewusst ist.
Die zweite Empfindung ist tiefste Dankbarkeit gegenüber diesem Wort, denn es hat den maßgeblichsten Anteil an der grundlegendsten Lebensveränderung meines Lebens. Im Rahmen einer Paartherapie hat mir mein Therapeut eine Metapher gegeben, um mir ein Dilemma zu verdeutlichen (ohne mit mir zu erörtern, wie man da rauskommen kann). Im Kern geht es um (emotionale) Zwickmühlen. Die Metapher ist folgende (und nennt sich Spontanparadox):
„Eine Frau möchte, als Beweis seiner Liebe (!), von ihrem Mann einfach mal spontan Blumen gebracht bekommen, was er zu ihrem Leidwesen aber nicht macht. Sie hat nun zwei Optionen:
• Sie sagt nichts, bekommt weiter keine Blumen, zweifelt an seiner Liebe
• Sie spricht es ihm gegenüber an, er bringt ihr Blumen, sie weiss nie, ob nur, weil sie etwas gesagt hat, oder doch aus Liebe zu ihr, sie zweifelt weiter an seiner Liebe.
Das heisst, egal was sie macht, sie wird weiter im Zweifel leben.“
Wieviel zur Metapher. Die alleine bringt die Problematik des Gesamtbegriffes, des Wortes, Liebesbeweis für mich auf den Punkt, die Paradoxie, die durch das Zusammensetzen der beiden Worte „Liebe“ und „Beweis“ entsteht. Darum geht es mir aber nicht. Ich hab sehr lange an dieser Metapher gearbeitet, hab hin und her überlegt, durch was genau dieses Dilemma der Frau eigentlich entsteht. Irgendwann hab ich für mich die Lösung gefunden. Das Dilemma entsteht aus ihrer Abhängigkeit, aus dem unbedingten Wunsch, diesen Bewies bekommen zu müssen, aus der „Unfähigkeit“ in Frieden ohne diesen Beweis leben zu können. Damit macht sie sich selbst zur Sklavin ihrer eigenen inneren Begierden, macht sich gar zur Sklavin ihres Mannes (der das womöglich nicht mal weiss, denn sie spricht ihn ja nicht drauf an).
Kurz, mit der inneren Haltung, wie sie die Frau in der Metapher hat, wird man auf ewig in Abhängigkeit, in Unfreiheit, in Beschränkung leben. Das Wort ist für mich ein Begriff aus der konventionellen Welt, repräsentiert eine grundsätzliche Denkweise und einen daran gebundenen Wertekanon. Die Auseinandersetzung mit diesem Begriff hat mir geholfen, das für mich und an mir zu erkennen, und es schlussendlich zu überwinden. Und dafür werde ich diesem Wort bis ans Ende meines Lebens dankbar sein.