Nun, "sei mir treu" ist für ich in erster Linie ein Imperativ.
Und auf Imperative reagiere ich grundsätzlich allergisch, damit häufig auch übereilt und falsch.
Weil ich eben den Imperativ, die Maßregelung, nicht mag!
Der Artikel ist sehr ausgewogen und durchdacht, insbesondere in der Differenzierung zwischen monogam und polyamor lebenden Paaren.
Es ist meine Überzeugung, dass Treue sich nicht allein auf das Sexuelle beziehen sollte und daher finde ich die Beschreibung sehr treffend, dass viele Paare sich zwar sexuell treu geblieben sind, sich selbst aber untreu wurden, weil sie Neigungen, Wünsche und Phantasien unterdrückt haben, jeder einzelne für sich.
Diese Leere, die von vielen Paaren als Charisma in die Umgebung geblasen wird - schrecklich!
Doch auch Swingerpaare oder Menschen in offenen Beziehungen suchen die Treue. Sie setzen sie nur nicht mit dem exklusiven Geschlechtsakt gleich.
Deswegen stellen sie vielfach Regeln auf und definieren so Grenzen, die dann wiederum einen neuen Imperativ darstellen:
"Du sollst mit mir mehr Zeit verbringen als mit ihm/ihr."
"Du sollst da sein, wenn ich Dich wirklich brauche und dafür auch mal ein Treffen mit ihm/ihr absagen" - ein intra-safeword, sozusagen.
Letztlich gibt es für Treue, ob Gebot, Verbot oder Imperativ keine allgemeingültige Definition. Es sind immer zwei, die zusammenfinden müssen.
Aber das, was sie dann als Treue, als exklusiv nur für den Partner, als wichtig empfinden, sollte dann ein Imperativ sein.
Einer, dem man schon aus eigener Überzeugung gerne nachkommt.