Du fragst: "Erlangt ihr (sexuelle) Befriedigung ausschließlich durch extreme Praktiken / (bzw. wenn ihr am Limit seid) oder darf es auch sanfter zugehen?" Das ist eine Frage, die man mit ja oder nein beantworten kann. Bei "ausschließlich" wird fast jeder mit "nein" antworten. Ich denke aber nicht, dass das das ist, was du wissen willst, oder?
Extrem ist relativ. Und BDSM hat so viele Facetten wie es Praktizierende gibt. Für viele Menschen gilt: sie stellen sich unter einer heißen Nacht etwas anderes vor, als 10 Minuten aufeinander liegen und herum rutschen. Sanft ist auch relativ: Darf "man" dann nur die Finger und Lippen vorsichtig über die Haut des Partners gleiten lassen? - Schon, wenn du Hunde steichelst, merkst du, dass es welche gibt, die es vorziehen, wenn ordentlich ins Fell gegriffen wird, und andere, die nur vorsichtiges Streichen über das Fell mögen.
Ich kann mit der Verbindung von (sexueller) Befriedigung und BDSM nicht viel anfangen, wenn die Befriedigung auf rein-raus, fummeln und Orgasmus abzielt. Unterwerfung, Verlangen nach Bestrafung, Demütigung, Schmerzen findest du alles beim BDSM, ich kann das aber nicht in einen Topf werfen. Etwas pragmatischer: Das B im BDSM steht für Bondage, also Fesselungen. Was könnte dabei nun gemeint sein? Z.B. eine Hänge-Bondage, ein Hogtie, oder einfach nur die Hände an die Bettpfosten gebunden?
Ein eintscheidender Unterschied zwischen BDSM und Vanilla-Sex ist, dass es beim BDSM eine klare Rollenverteilung gibt: einer nimmt, der andere gibt. Bei Vanilla wird immer wechselseitig oder gleichzeitig agiert bzw. aneinander herum gefummelt. Beim BDSM wird mit Kontrolle abgeben und mit Kontrollverlust gespielt und zwar bis zur totalen Hingabe. Bei Vanillas geben viele nicht einmal im Moment des Orgasmus die Kontrolle ab. Beim BDSM liefert sich der Passive aus, bei einigen Praktiken vertraut er sein Leben dem Aktiven an. Jemandem so zu vertrauen oder so viel Vertauen von jemandem geschenkt zu bekommen ist ein tiefes und sehr berührendes Erlebnis, jedenfalls für mich.
Mit den aufgezählten Beispielen von dir wie Unterwerfung, (das Verlangen nach Befehl, Gehorsam) Bestrafung oder Demütigungen zielst du in die Richtung Rollenspiele. Hier werden Fantasien umgesetzt. Kinder spielen auch Rollenspiele, wenngleich mit anderen Inhalten. Und Kinder spielen typischerweise nicht Sachbearbeiter im Rathaus sondern etwas, was sie spannend finden und was sie reizt.
Auch BDSM kann sanft sein, wenn Rollenspiele gespielt werden. Es muss ja nicht gleich auf ein Geständnis wegen Hexerei hinaus laufen, was physisch heftig wäre, es kann auch Haremsdame sein was sehr sanft wäre.
Manche Menschen mögen starke Reize. Andere haben genau davor Angst. Für mich ist die Richtschnur, dass alles erlaubt ist, was Spaß macht, Konsens der beteiligten Erwachsenen ist und niemanden physisch oder psychisch schädigt.
Ich bin Switcher. Ich erlebe meine Masoseite sehr anders als meine sadistische, und die erlebe ich wiederum sehr unterschiedlich, wenn ich nur fessele oder wenn ich auch Schmerzen schenke. Schenke wohlgemerkt, nicht zufüge, denn ich gebe nur, was mein Partner haben will. Und natürlich gibt es auch Vanilla-Sex in meinem Leben. Wenn du mich aber vor die Wahl stellen würdest, auf normalen Sex oder auf BDSM für den Rest meines Lebens zu verzeichten, dann verzichte ich auf Vanilla-Sex.
Das, was "wir" BDSM-ler erleben können, ist weit jenseits von dem, was Vanillas erleben. Ich habe beim BDSM weitaus intensivere Erlebnisse gehabt als beim Vanilla-Sex. Eine BDSM-Session ist aber nicht nur schön, bei mir ist sie auch anstrengend. D.h., jeden Tag geht das nicht. Die Zeit dazwischen will auch mit angenehmen Dingen verbracht werden.
Als Maso mag ich es, wenn meine Grenzen ausgereizt werden. Ich will nicht, dass sie überschritten werden, aber ich will sie sehen bzw. berühren. Auf der aktiven Seite geht es mir ähnlich. Wenn mein Modell das will (und nicht etwa nur erduldet), dann reize ich dessen Grenzen ebenfalls aus. Was ich dabei in beiden Rollen erlebe, ist mit Vanilla einfach nicht zu vergleichen. Das ist wie Sekt und Leitungswasser. D.h., viele BDSM-ler erreichen sexuelle Befriedigung auch ohne starke Reize, so, wie Wasser den Durst löscht. Aber jenseits eines Glases Wasser gibt es noch tiefere und stärkere Befriedigung zu finden, ein Rausch der Sinne und der Lust, und dagegen ist Vanilla-Sex schlichtweg langweilig.