@ daywalker_2009:
Ich kann gern noch mal explizit schreiben, daß
• ich BDSMler rein statistisch für eine (bis auf diese eine spezielle Eigenart) ziemlich durchschnittliche Teilmenge der Gesamtbevölkerung halte
• mir nach meinen bisherigen Erfahrungen BDSMler weder im besonderen Maße reflektiert noch tiefsinnig, psychisch stabiler oder sonst "besser" erscheinen, allerdings auch nicht negativer
• sie demzufolge allein wegen irgendwelcher in der Gruppe manifestierter Eigenschaften mMn auch keine Vorteile im Alltag haben (wobei dieser nun auch wieder nicht nur rational von Argumenten und Belegen bestimmt wird, sondern nicht selten auch von Schein und Manipulation)
• man mE oft dazu neigt, die positiven Merkmale seines eigenen näheren Umfelds auf die Gesamtgruppe zu übertragen, ohne daran zu denken, daß man sich seine Freunde noch zusätzlich aussucht: nur weil man Szeneprolls bewußt oder unbewußt umgeht, heißt daß nicht, daß es sie nicht gibt
• mich die Motivation und die Ausgangsgedanken der TE schon ein wenig interessieren, wenngleich (oder vielleicht gerade weil) ich es etwas eigenartig fand
• ich von der Treffsicherheit von Psychodiagnosen aus der Ferne aufgrund weniger Forenbeiträge oder des Auseinanderpflückens von Profiltexten wenig überzeugt bin
Aber ich dachte, das wäre ersichtlich gewesen.
Nun gut, trotzdem noch mal an die Eingangsfrage angelehnt: an welche Eigenschaften könnte man denn speziell denken?
Es ist genannt worden, daß wir besonders Grund zur Reflexion hätten und dem auch nachgegeben hätten. Nun kann abweichende Sexualität zwar ein Ausgangspunkt dafür sein, aber bei weitem nicht der einzige. (Dazu müßte man ein sehr undifferenziertes Bild von "den Vanillas" haben, die ohne nachzudenken durch Leben treiben können.)
Auch die durch die Selbsterkenntnis eventuell erworbene Ruhe und Sicherheit ist weniger auf BDSM zurückzuführen als auf den Prozeß an sich. Der Anlaß könnte auch anderswo sein.
Vielleicht wäre man in der Lage, bestimmte Mechanismen im Alltag, besonders im Arbeitsleben, besser zu verstehen. Mag im Einzelfall vorkommen, aber auch wenn ich erkenne, wie der Chef mich gerade zu manipulieren versucht (wozu ich nicht unbedingt durch BDSM geschult sein muß), dann heißt das eben noch nicht gleich, daß ich auf eine Metaebene wechseln und die Situation als grenzwertig ansprechen kann. Der Alltag ist oft viel weniger konsensuell als eine BDSM-Beziehung. Wo bliebe da der "Vorteil" meines Erkennens? (Der entgegengesetzte Fall, daß der SMler selber als Chef so handelt, sei nur erwähnt.)
Ganz allgemein käme man dabei auf ein Gebiet, in dem der Begriff "Sadomasochismus" psychologisch andere Inhalte hat als meist von uns gebraucht. Wenn der Chef mich zu Überstunden verdonnern und dabei süffisant grinsen würde, würde ich davon nicht geil werden, selbst wenn ich Sub wäre, sondern ich würde ihn wie jeder andere in Gedanken "Arschloch!" nennen.
Letztlich wäre noch die Wertschätzung von Konsensmoral und - damit verbunden - Toleranz zu nennen. Gerade mit letzterer ist es oft auch nicht weit her, wenn sich die Diskussion mal um andere Gruppen dreht und man davon abschweift, daß "wir" als Gruppe selbstverständlich toleriert werden müssten. Selbst wenn, welchen "Vorteil" hätte das individuell: niedrigeren Blutdruck?