Wie sag ich´s meinem Kinde? (gaanz lang)
Da sind wir nun - Eltern zweier Kinder; einem Jungen von 7, einem Mädchen von 12 Jahren.Bisher haben wir uns stets bemüht, mit Sexualität natürlich umzugehen in der Familie: Fragen beantworten; zufällige Nacktheit nicht panikartig verhüllen; anklingen lassen, dass sexuelle Bedürfnisse jeglicher Art völlig normal sind; dass Homosexualität nichts Verwerfliches ist, etc etc. Dabei haben wir natürlich stets auf den Jugendschutz geachtet: möglichst keine Fäkalsprache, keine ordinären Ausdrücke, Respekt vor der Privatsphäre durch Anklopfen und auf das "Herein" warten vor dem Betreten des Kinderzimmers oder des Bades, kein Sex vor den Kindern, keine gespreizten Beine vor den Kindern, keine Erektion vor den Kindern - das Übliche halt.
Natürlich haben die Kids mitbekommen, dass wir ein Sexleben haben. Als unser damals eineinhalb-Jähriger gezahnt hat, kamen wir ins Schlafzimmer und er saß auf dem Bett, Schublade offen, Monikas (gereinigten) Vibrator im Mund (eingeschaltet), und sich damit als Beißringersatz Erleichterung verschaffend...
Unsere Tochter hat eine Freundin zu Besuch - wir kommen ins Schlafzimmer, beide sitzen auf dem Bett, Fernbedienung des Fernsehers in der Hand, Fernseher ist aus, Videorekorder ist an und sehen uns mit riesigen Augen und roten Birnen an. Uns war völlig klar, was die zwei sich da gerade ´reinziehen und da es ihnen schon peinlich genug war, haben wir einfach nur gesagt "wollt Ihr bei dem schönen Wetter nicht lieber was draußen spielen?" und haben sie hinauskomplementiert. Eine anschließende Inspektion des Videorekorders ergab, dass die beiden Damen (damals 10 und 11) sich einen Gangbang-Movie ausgesucht hatten, wo es gerade eine Dame heftig mit fünf Herren trieb...
Seit dem halten wir zumindest die selbstgedrehten Filme peinlichst unter Verschluß.
Dass auch Kids in dem Alter schon mit den Hormonen kämpfen, weiß ich aus eigener Erfahrung - ich habe mir immer heimlich die Pornos meiner Eltern ´reingezogen und da war ich 12. Und ich hatte meine Lieblingsszenen. Monika hatte mit 12 das erste mal Sex - nicht vaginal oder anal, aber schon etwas oral und manuell.
Monika hätte neulich schwören können, dass Ihr Vibrator fremdbenutzt wurde. Eigentlich generell kein Problem - sollen sich die Kids doch selbst befriedigen, aber kann man einer Zwölfjährigen schon einen eigenen Vibrator schenken? Vor allem reagiert sie auf das Thema Sex an sich ablehnend und abweisend. Es ist ihr unangenehm, darüber zu sprechen und es ist ihr peinlich, wenn sie aus Versehen eine Frage stellt, die eine sexuell orientierte Antwort nach sich zieht (Monika und ich sprechen über unseren ersten Clubbesuch, Tür geht auf, unsere Tochter kommt herein, bekommt noch meinen letzten Satz mit: "bleibt wohl doch nur der Swingerclub...", was die Frage nach sich zog: "was ist denn ein Swingerclub?") Spontan reagieren wir bei sowas mit Offenheit und Ehrlichkeit: "Das sind geschlossene Clubs mit Sauna, Whirlpool, tollem Essen, Getränken und exotischen Räumen und da treffen sich aufgeschlossene Menschen, um gemeinsam sexuelle Abenteuer zu erleben." Reaktion: "Kann ich an die Playstation?" - Thema beendet. [b]Schulterzuck[/b]
Natürlich haben die Kids auch mitbekommen, dass wir schon Besuch bekommen haben und dass dieser Besuch auch bei uns und mit uns im Schlafzimmer war. Fragen wurden keine gestellt, aber die Kids sind ja nicht doof!
Trotz aller Vorsicht bekommen unsere Kinder also mit, dass das Thema Sex in unserem Leben eine sehr große Rolle spielt und dass da was dran sein muß, wenn so viele Erwachsene diesbezüglich eine Welle machen. Sie lesen sich ihre Shojo-Mangas durch, wo es um die erste Liebe, das erste Date, den ersten Kuß geht (drei Bände lang das Thema "ich bin fünf Minuten zu spät zu meinem Date gekommen - ob er mich noch mag?") - und im Gegenzug sehen sie ihre Eltern, wo es gaaanz anders lang geht und wo wir inzwischen das Gefühl haben, dass wir oder unser Verhalten unseren Kids vielleicht peinlich ist/sind.
Dabei bemühen wir uns, so gut wie möglich Vorbild zu sein. Wir streiten uns sowieso selten und wenn, dann niemals vor den Kindern; wir behandeln uns gegenseitig mit großem Respekt und gehen überhaupt innerhalb der Familie sehr liebevoll miteinander um; kuscheln viel und unternehmen auch eine Menge gemeinsam - natürlich auch mit den Kindern. Wir sehen stets zu, dass wir uns nicht gegenseitig kompromittieren und dass wir besonders als Eltern eine geschlossene Einheit bilden: Entscheidungen des Partners werden nicht rückgängig gemacht, etc.
Kann es nun vielleicht doch sein, dass unser Verhalten auf die Sexualethik der Kinder degenerierend wirkt? Dass wir trotzdem ein schlechtes Beispiel abgeben? Oder machen wir uns zuviel Gedanken, wenn wir fürchten, unsere Tochter geht für ihr erstes mal in den Club zu einer Gangbang-Party? Andererseits: ist es nicht auch besser, sie beschäftigen sich mit sich selbst oder mit ihrer Sexualität und üben sich im Umgang miteinander, statt sich im Fernsehen Brutalo-Filme anzusehen und sich daran zu gewöhnen, dass es im Film/TV inzwischen ganz normal ist, jemandem den Kopf wegzuschießen, wenn einem das Gesicht nicht paßt? (Wir sind schon zweimal NICHT ins (abschließbare) Kinderzimmer gebeten worden, weil die zwei Geschwister ein Spiel namens "Pizza backen" gespielt haben. Die Regeln haben sie uns nicht erklären wollen, aber es geht wohl darum, dass einer die Pizza ist und einer der Pizzabäcker...). Wenn ich es nüchtern betrachte, ist es mir lieber, meine Kinder ziehen sich einen Porno-Film ´rein, wo Menschen ohne Gewalt Spaß miteinander haben, statt sich die Gewalt-Horror-Orgien oder Nachrichten ´reinzuziehen, die uns dazu veranlaßt haben, vor fünf Jahren den Fernseher von der Antenne zu nehmen (was wir seit dem nicht bereut haben) und Filme oder Dokus nur noch selektiv aus der Konserve schauen.
Natürlich wollen wir, dass unsere Kinder sexuell möglichst unbeeinflußt und "rein" aufwachsen; dass sie eigene Erfahrungen machen und langsam hineinwachsen in die Rollen, die sie sich irgendwann aussuchen werden. Aber wir sind auch nicht bereit, zu lügen oder Versteck zu spielen, Dinge wegzusperren und stets peinlichst genau darauf zu achten, dass blos niemand etwas davon mitbekommt, dass wir Spaß am Sex haben. Gibt es da sowas wie eine natürliche Balance oder ein Orientierungsmaß?
Wie sind Eure Erfahrungen? Wie geht Ihr mit dem Thema um, innerhalb der Familie? Als wir meiner Mutter erzählt haben, dass wir überlegen, einen Swingerclub zu besuchen, hat sie gesagt, dass sie die Kosten übernimmt und hat uns Geld gegeben. [b]Schulterzuck[/b]
Anläßlich meines letzten Geburtstages wurde meine Gattin von meiner Tochter mit vorwurfsvollem Unterton und entsprechendem Gesichtsausdruck sehr ernst gefragt, ob sie mir denn schon meine Geburtstags-Schwanzmassage verabreicht hätte...
Mein Sohn sagte neulich zu Monika: "Also, ich finde, Du hast nette Titten. Und mein Bionicle findet das auch."
Besagte Video-anseh-Freundin unserer Tochter, inzwischen 13, wurde zu Besuch abgeliefert und wir fragen, warum sie ihren Vater denn nicht mit hereingebracht hätte - dass ihn das sicher interessiert hätte, wo sie das Wochenende verbringt. Wir haben ein Haus, wo im Erdgeschoss auf dem Weg zur Haustür das Küchenfenster einsehbar ist und so war ihre trockene und vollkommen ernst gemeinte Antwort: "Ihr habt doch gesagt, ihr wollt heute mal etwas Zeit nur für Euch und ich wußte jetzt nicht, ob ihr es nicht gerade auf dem Küchentisch treibt, wenn ich mit meinem Vater um die Ecke komme, also dachte ich, ich lasse ihn im Auto..." - sehr rücksichtsvoll; dankeschön.
Gibt es ein Richtig oder Falsch?