Es scheint nicht die Art von Aussage zu sein, die hier erwünscht ist, aber ich habe tolle Eltern, die ich sehr liebe.
Sie haben mir immer das Gefühl vermitteln können, dass ich richtig bin, wie ich bin, nichts leisten muss, um geliebt zu werden und mich in allem unterstützt.
Wenn ich ihnen unbedingt etwas vorwerfen wollte, so höchstens, dass sie mir, in dem Wunsch, mich ihrer Liebe zu versichern, zu wenig Grenzen gesetzt haben, so dass ich immer noch mit geringer Frustrationstoleranz und suboptimal ausgeprägter Selbstdisziplin zu kämpfen habe.
Mache ich aber nicht.
Zu erkennen, was ursächlich für ungesunde Verhaltensmuster und bestimmte Denk- und Sichtweisen ist, ist hilfreich und wichtig, um sie zu überwinden.
Auch hilft die Erkenntnis, dass man nicht "falsch" oder "schlecht" ist, sondern einfach falsche und schlechte Dinge gelernt hat, aber ein Verharren in der Opferrolle bringt fürs Hier und jetzt keinerlei Gewinn.
Natürlich ist das Verhalten der Hauptbezugspersonen im Kleinkindalter entscheidend für die Persönlichkeitsentwicklung und es gibt Eltern, die aus Gedankenlosigkeit, Überforderung oder dem Versuch, eigene Defizite durchs/am Kind zu kompensieren, extreme Schäden anrichten, aber ich beobachte gerade bei denen, die keine wirklich traumatischen Erfahrungen gemacht haben, auch immer wieder, dass der Blick auf die Fehler der Eltern als eine bequeme Möglichkeit wahrgenommen wird, keine Verantwortung für das heutige Leben und Handeln zu übernehmen.
Generell halte ich es für falsch, Verwandten nur aufgrund genetischer Ähnlichkeiten oder gemeinsamer Vergangenheit automatisch eine zentrale Rolle im eigenen Leben einzuräumen.
Warum sollte man? (Auch das haben mir übrigens meine Eltern vermittelt: "Macht man so!"s dürfen kritisch hinterfragt und abgelehnt werden.
)
Ich z.B. habe zwei Schwestern, aber mit einer von beiden kaum Kontakt, weil wir einfach (abgesehen von unseren Eltern) nichts gemeinsam haben
Für mich ist das keineswegs verwerflich. Warum soll ich ein Interesse an ihrem Leben heucheln, das ich einfach nicht habe?
Lernte ich sie heute kennen, würde ich mich auch nicht mit ihr anfreunden, weil ich ihre Interessen, Einstellungen und Prioritäten nicht teile.
Mit der anderen Schwester verbindet mich viel mehr und ich freue mich sehr, dass sie und ihr Partner planen, wieder in "meine" Stadt zu ziehen, so dass wir uns hoffentlich öfter sehen können.
Ich suche mir die Leute aus, denen ich einen Platz in meinem Leben einräume. Das gilt auch für Verwandtschaft.