Eine "klassische" Beziehung ist für mich die Schrankwand im Wohnzimmer: Das, was man von früher her so kennt und das diese Werte transportiert. Muss ja nichts Schlechtes sein, hat ja jahrhundertelang funktioniert, da muss dann ja schon etwas dran sein, dass sich diese Form der Beziehung so oft durchgesetzt hat in verschiedenen Kulturen.
Hier in Deutschland ist es die monogame Beziehung, später mit Kindern, die "klassische" Familie eben, Musterfamilie mit zwei Kindern, Haus, Auto, Baum, solider Beruf, 1x Urlaub im Jahr, vielleicht 2x inklusive Winterurlaub mit Skifahren. Sprich: Das was alle machen, was aber auch allen Spaß macht.
Meine Schwester lebt diese Art der Beziehung und ist damit überaus glücklich.
Ich bin da dann das "schwarze Schaf"
der Familie, jener, der nie eine "klassische" Beziehung hatte: Ich war zwar verlobt, aber auch da war von vorneherein klar, dass meine Partnerin keine Kinder wollte, sie damals (Dark-)punk, ich Goth, "klassisch" kann man das nun wirklich nicht nennen.
Ich glaube auch nicht, dass mein Leben noch einmal diesen "klassischen" Weg einschlägt. Es war immer etwas anders als bei anderen, von Anfang an. Auch mein Freundeskreis unterschied sich von jeher von diesen "klassischen" Rollenmustern (Ausnahmen bestätigen die Regel
), da machte lieber mal das Paar mit einem Esel in Irland Urlaub oder jettete eine Freundin mal ohne ihren Mann nach Florida, um den Fliegerschein zu machen - einfach so. Statt Strand und Disco mit Anfang 20 ging es für mich Bergwandern, als Hobbies habe ich heute ja nun auch nicht "Kneipe mit Kumpels und Urlaub auf Malle", sondern "Sinnliches Fesseln" und "Independent-Kino". "Gesellschaftsspiele spielen" ist dann wieder klassischer, aber wo passen da Flohmärkte und das Catonium rein?
Meine Meinung dazu: Anderssein als Selbstzweck finde ich doof. Man ist halt anders, weil man andere Dinge mag als der "Mainstream", aber das hat man sich ja nicht ausgesucht. Es ist einfach so.
"Klassische" Beziehungen unterscheiden sich davon dahingehend, dass man gegen keine gesellschaftlichen Widerstände ankämpfen muss. Es ist eben "normal" und wird nicht hinterfragt. Niemand sagt "waaaaas, ihr habt Kinder? Wie könnt ihr nur?"
Oder "Wie, ihr habt ein Auto?
"
Irritierte Fragen kommen meist genau dann, wenn man von der Norm abweicht. Keine Kinder und glücklich, hä? (Irritierenderweise werden aber mehr Frauen als Männer mit dieser Frage konfrontiert.) Führerschein, aber kein Auto, wie ist der denn drauf? Und, und, und.
Ich weiß, meine Schwester ist glücklich mit ihrem "klassischen" Leben.
Wäre dennoch nicht meins.