Liebe - eine facettenreiche Diva...
Da wir im Grunde alle wissen wie schwer es ist Liebe, Sex, Begierde und Verführung miteinander dauerhaft zu vereinen und es mit einem immer währenden Balanceakt verbunden ist, ist es auch nicht verwunderlich, dass es ebenso schwer ist, der Versuchung um uns herum nicht nachzugeben. Für eine Minderheit scheint es kein Problem zu sein, wie es allerdings hinter der Fassade aussieht wäre an dieser Stelle rein spekulativ. Fakt ist, dass es eine menschliche Schwäche ist, den Sinnenreizen nicht auf Dauer aus dem Weg gehen zu können, zumal es ja auch so etwas furchtbar aufregendes und prickelndes ist. Wir alle sind mehr oder weniger empfänglich für die unterschiedlichsten Anreize und wir geben ihnen auch gerne einmal nach. Und außerdem, wenn wir schon leben müssen, dann sollte es doch auch wenigstens lustvoll sein. Das sogenannte Spiel mit dem Verbotenen kennen wir schon aus Kindertagen und auch wenn wir es als Erwachsene oft versuchen zu verbannen oder zu verdrängen. -Selbst wenn wir es in einen Käfig sperren so ist es meist dann doch nur eine Frage der Zeit, wann es wieder an die Oberfläche vordringt. Wir leben in einem ständigen Widerspruch mit unseren Wünschen, Trieben, den gesellschaftlichen Vorgaben, den Erwartungen unseres Partners an uns und den ganz eigenen Vorstellungen. Dieses ganze Hin und Her macht es uns nicht gerade leichter zu uns selbst vorzudringen. Natürlich sollen, wollen, können und müssen wir nicht alle unsere Fantasien ausleben, umsetzen und zelebrieren, schließlich sind es auch gerade diese kleinen und großen Geheimnisse, sie uns bereichern, ermuntern, reizen und beleben. Dieses erotische Kopfkino ist eine eigene Welt in der wir völlig frei und ohne jedes schlechte Gewissen eine schier unerschöpfliche Bewegungsfreiheit erleben.
Wenn Männer fremd - oder zu einer Professionellen gehen ist es am wahrscheinlichsten, das er seinen Trieb ohne das Risiko emotionaler Nähe ausleben kann und sexuelle Tabus gebrochen und überschritten werden können, ohne das man darüber sprechen oder Endlosdiskussionen führen muss und ohne dass die Frau zu Hause über seine sexuellen Wünsche geschockt sein könnte.
Das alles ist ehe unabängig von dem Gefühl der Liebe.
Denn gerade die verbotenen Früchte sind oft so furchtbar aufregend, erfüllend und berauschend. Hat man erstmal von den verbotenen Früchten genascht, dann kann man-n/ frau nicht mehr genug davon bekommen.
Patrick Süskind schreibt in seinem Buch „Über Liebe und Tod“: Was der heilige Augustinus über die Zeit sagt, gilt nicht minder für die Liebe. Je weniger Gedanken wir uns über sie machen, desto selbstverständlicher erscheint sie uns; wenn wir aber anfangen, über sie nachzugrübeln, kommen wir in Teufels Küche“.
Liebe lässt sich nicht in eine Form pressen, dazu ist sie viel zu launisch und unberechenbar. Man kann es sich nicht mit ihr bequem machen wie auf einem ausgesessenen bequemen Sofa und sie lässt auch keine Gewohnheit zu, weil sie immer überraschend anders ist. Die Liebe hat viele Gesichter. Mit ihr verändert sich aber auch ein Teil unseres Wesens, weil sie eine so ganz persönliche und intime Angelegenheit ist. Diese Furcht vor diesem tiefsten Gefühl aller Emotionen ist kellertief in uns drin, weil die Liebe uns auch verletzlich und schwach machen kann. Wir können ihr fast willenlos ausgeliefert sein.
Gesellschaftlich gesehen leben wir in einer Welt, in der eine monogame Beziehung gewünscht und gewollt ist. In der es nicht vertretbar und vorstellbar ist, außerhalb dieser Beziehung noch einen anderen Menschen, außer demjenigen der an unserer Seite ist, mit dem wir eine Ehe oder Beziehung führen, zu lieben. Alleine der Gedanke, dass man zwei Frauen oder zwei Männer lieben kann ist völlig illusorisch, ausgeschlossen und außerhalb unserer Vorstellungskraft. Im Allgemeinen ein absolutes Tabu. Für viele Menschen bedingt Sex Liebe und ohne Liebe ist Sex nichts oder nur halb so viel wert. Außerhalb der eigenen Laken mit einer anderen Frau oder einem anderen Mann Sex zu haben ist Hochverrat, Betrug und unverzeihbar. Liebe und Sex voneinander getrennt zu betrachten ist natürlich keine Überraschung und auch keine neue Erfindung - aber bitte nicht, wenn wir in einer festen Partnerschaft leben. Der Wunsch nach der totalen sexuellen Verschmelzung in Verbindung mit hingebungsvoller Liebe ist in fast jedem von uns fest verwurzelt und scheint für die meisten Menschen ein Garant für wirkliche Erfüllung. Wenn wir ehrlich zu uns sind müssen wir zugeben, dass die Dunkelziffer derer, die eine vermeintlich monogame Beziehung führen, enorm hoch ist. Monogam zu leben ist da wohl eher Wunsch als Realität. Das klingt hart? Das mag durchaus sein, aber ich kenne kaum Menschen, die auf Dauer eine völlig treue Partnerschaft führen. Egal wie sehr wir uns Treue wünschen und wie unangenehm es sich auch anhört, der überwiegende Teil der Menschen ist nicht zur dauerhaften, absoluten Treue gemacht.
Männer gehen ja bekanntermaßen grundsätzlich etwas legerer und entspannter mit der ganzen Sache um, auch wenn sie selbst gerne eine treue Frau an ihrer Seite haben. Aber sie sehen es für sich selbst nicht ganz so eng, schließlich gehören sie zu der Gattung Mann und der ist nun einmal von Natur aus ein Jäger, der auch seine Jagdterfolge braucht und sich von Zeit zu Zeit seine Bestätigung und Befriedigung holt. Frauen sind da ja angeblich wesentlich zurückhaltender, sie sind romantisch veranlagt und sehnen sich nach der wahren Liebe. Sie können nicht immer ihre Gefühle vom Sex abhalftern. Wenn sie ihrem Singleleben frönen und sich den Sex für zwischendurch gerne gönnen, dann sind sie da auch recht locker unterwegs, allerdings sieht das ganz anders aus, wenn sie mal wieder den“ Mann fürs Leben“ gefunden hat, den, mit dem Frau sich einfach alles vorstellen kann.
Liebe und Freiheit in einer Symbiose ist wohl das Ideal... Aber in dem Augenblick, wo man sich verliebt hat, wird die Freiheit fast automatisch eingeschränkt. Abhängigkeit, Eifersucht, Besitzansprüche stehen ihr gegenüber. Wenn man die Liebe nicht wie einen Vogel in einen Käfig sperren möchte, weil wirkliche Liebe Freiheit bedingt, muss man sich die auch die Frage stellen: Ab wann ist die Freiheit in der Liebe mit Gleichgültigkeit auf eine Stufe zu stellen? Wir wollen alle das Wesen der Liebe erforschen, erkennen und verstehen, aber weil sie außerhalb unseres Verstandes existiert, suchen wir es vergebens.
Wo also auf der Skala finde ich die Liebe, nach der ich mich sehne, die mich erfüllt und mir die Freiheit gewährt, die ich mir und meinem Partner wünsche?
Wahrscheinlich an einem der beiden Enden - aber an welchem der beiden? „Ich liebe Dich nicht, weil wir zueinander passen. Ich liebe Dich einfach.“ Liebe bedingt Freiheit und diese kann nur dann funktionieren, wenn man das tun und lassen kann, was man will. Wenn man dem einen dasselbe zugesteht, wie sich selbst. Damit ist nicht gemeint, dass jeder wild herumvögeln und fremdgehen soll, weil eine ganz und gar offene Beziehung meist auch nicht des Rätsels Lösung ist und fast zwangsläufig zu Verletzungen und Wunden führt. Sicherlich gibt es einige wenige Paare die eine wirklich offene Partnerschaft führen, aber dazu gehört eine enorme Menge Toleranz, Verständnis und Freiheitsliebe, die von beiden in gleichen Teilen gelebt und gewünscht werden muss.
Ich denke die Antwort kann jeder nur bei und in sich selbst finden.
„Die wirkliche Liebe beginnt, wo keine Gegengabe mehr erwartet wird“. (Antoine de Saint-Exupéry, Die Stadt in der Wüste)