Ein Hoch auf die Langeweile!
Hallo,
hier sind natürlich nur Action-Leute unterwegs.
Und nun wirklich mal "ganz was anderes":
"Langeweile" kann auch einmal etwas sehr Gutes sein. Eigentlich hat man ja immer noch etwas zu tun (nein? Wirklich nicht? Keller aufräumen? Auto saugen? Post abheften?). Aber es gibt die Momente, in denen man all dies nicht will.
Langeweile setze ich gezielt ein. In den letzten Wochen war ich viel am Wirbeln, beruflich und privat, und für den heutigen Tag habe ich mich etwa dazu entschlossen, mich zu langweilen. Etwa Kaffee zu trinken und aus dem Fenster herauszuschauen. Mit niemandem intensiv reden zu wollen. Nur langweilige Sachen zu machen. Wie z.B. Post abheften. Und wenn es liegen bleibt - auch mal nicht schlimm.
Ich hatte Partnerinnen, mit denen ich mich zu so etwas verabreden konnte, und welche, mit denen das nicht ging. Es ist wohl überflüssig, hier zu schreiben, mit wem das Leben angenehmer war.
Vom ollen Loriot gibt es zu solchen Situationen den berühmten "Ich will doch nur hier sitzen"-Film: Ein Mann sitzt in einem Sessel. Seine wirbelige Frau wirbelt hinter ihm irgendwie in der Küche herum und nervt ihn laufend mit Vorschlägen, was er doch alles tun könnte. Seine Antwort bleibt stur, lahm vorgetragen: "Nein. Ich will doch nur hier sitzen." Das scheint also eine archetypische Situation zu sein.
Den Wert der Langeweile kann erst recht erahnen, wer Kinder hat: Die sind nämlich, vor allem, wenn sie klein sind, nie langweilig. Und wenn sie einmal nachts überraschend ihr Bettchen vollkotzen und die Eltern um wertvollen Schlaf gebracht werden, wird die Mutter ganz dankbar sein für den langweiligen Mann, der ganz langweilig den ganzen Mist in die Waschmaschine wirft und danach wieder ganz langweilig schlafen gehen will und nicht etwa den Vorschlag macht, wenn man doch mal wach sei, könne man doch gleich noch im Club XY vorbeischauen, und die nebenan wohnende Kinderoma würde sich doch sicherlich über ein spontanes Babysitting freuen.
Jedem Menschen, ob Frau oder Mann, der oder die meint, ihr Partner sei langweilig, kann ich nur empfehlen, selbst einmal die Bespaßung in die Hand zu nehmen und Vorschläge zu machen. Die Fortgeschrittinnenübung wäre es dann, diese Vorschläge so zu unterbreiten, dass die Vorlieben des anderen darin auch unterkommen. Sollten diese noch unbekannt sein, darf man sich nicht über den Satz "Du hörst mir nie zu" wundern.
Außerdem ist auch niemand daran gehindert, ureigene Vorlieben selbst auszuleben. Wenn meine Partnerin z. B. irrsinnig gern Tennis spielen gehen würde, während ich mich lieber gerade mal langweilte, soll sie zum Tennisplatz gehen, und wenn sie dort niemanden zum Spielen findet, wäre das wirklich ihr Problem.
Zu guter Letzt: Beziehungen gehen nach meiner Erfahrung recht zielsicher den Bach herunter, wenn da jemand ist, der Forderungen zur Lösung von Problemen stellt, die er oder sie selbst lösen könnte, und wenn dies dann auch noch mit allgemeinen Vorwürfen schlechten Charakters verbunden wird.