Grundsätzlich sollte man verstehen, was hier in einem selbst passiert:
Du verlierst einen über alles geliebten Menschen, der Dir extrem wichtig ist. So gesehen ist das was hier passiert tatsächlich Trauerarbeit, denn diese Art von Verlust kommt im Resultat einem Sterbefall sehr nahe. Es ist ein Schock, der oft plötzlich kommt. Aber, und das ist auch sehr wichtig: Dieser Mensch war Dir offensichtlich wichtiger, als Du ihm.
So gesehen bist Du in gewisser Weise auch mit einer Art eigener Todeserfahrung konfrontiert. Du verlierst das Gefühl von Nähe, Geborgenheit, Verbundenheit, die Illusion von vermeintlicher „Komplettheit“, vielleicht auch all Dein Vertrauen und/oder Deine vermeintliche Selbstdefinition. Du verlierst Deine Träume und Herzenswünsche, im schlimmsten Fall bist Du sogar völlig taub. Kurz: es bedeutet in dieser Situation, wie beim Tod, das Ende der eigenen Zukunft. Und das kann einen Menschen extrem schmerzhaft aus der Bahn werfen. Natürlich ist auch das "Wie" der Trennung entscheidend, wie stark der Trennungschmerz ist und wie tief die Wunden gehen. Wie lange die Heilung dauert.
Aber wie auch immer: Dein Ego leidet nun extrem unter dem Verlust, hat es sich doch so angenehm verbunden gefühlt. Aber Verbundenheit kann faktisch gar nicht wirklich bestehen. Du kannst Dich jemanden tatsächlich "nur" extrem nahe fühlen. Es ist hier wichtig zu verstehen, dass das Ego seine Vollständigkeit, Bestätigung und Befriedigung immer in der Außenwelt sucht. Doch diese kann und wird Dein Ego nie glücklich machen oder Dir echte Ruhe bringen, sondern sie wird Dich (Dein Ego) immer bedürftiger und frustrierter machen. Oder bestenfalls drehst Du Dich unzufrieden im Hamsterrad. Ich rede hier von Materiellem oder Status. Wenn Du Dein Wohl oder Glück dann auch noch von anderen Menschen abhängig machst, ist Schmerz und Abhängigkeit in einem Teufelskreis vorprogrammiert. Das ist kein Selbstwert, sondern Fremdbestimmung. Oft sogar eine Sucht. Man spricht tatsächlich von Liebessucht. Aber das ist keine Liebe. Wahre Liebe tut nicht weh, macht nicht abhängig und sie fordert auch keine Opfer.
Auch hier hilft es zu verstehen, dass der Antrieb des Menschen folgender ist, dass er Glück, Freude und Zufriedenheit sucht. Im Grunde ist das auch der „Naturzustand“ des wahren Selbst. Negativität ist unnatürlich. Beobachte spielende, sich freuende Kleinkinder und Du verstehst, was ich meine: das ist das wahre, unkonditionierte Selbst, das in unserem Leben mit zunehmendem Alter leider immer stärker vom außengeprägten, bedürftigen Ego überdeckt wird.
Hier liegt nun der Schlüssel! Und deshalb ist eine solche Krise als das zu sehen, was sie tatsächlich ist: eine wertvolle, wichtige Lektion. Wenn Du es richtig angehst, wirst Du sehr viel über Dich selbst lernen können und Du wirst Dich vielleicht von alten, verkrampften Vorstellungen Deines Egos von Dir selbst lösen können, was extrem heilsam und befreiend ist. Genauso, wie Du Dich von Deiner (Ego-)Vorstellung Deiner Partnerschaft mit dem/der Ex lösen musst. Alles erscheint in einem anderen, aber bald viel besseren Licht, wenn Du die Fragen der Lektion an Dich erkennst und beantworten kannst. Diese Befreiung - das ist das, was man bei gewissen alten Menschen als „natürliche“ Gelassenheit und Weisheit wahrnimmt. Deshalb ist der Liebeskummer eine, nunja, ideale Gelegenheit, um zu reifen und zu wachsen.
Der Umgang mit dem Schmerz:
Generell kann ich aus eigener Erfahrung sagen: stelle Dich UNBEDINGT Deinem „negativen“, besser gesagt Deinem ehrlichen Gefühl und verdränge es nicht. Lenke Dich zunächst auch NICHT mit Dating ab. Versuche das Gefühl auszuhalten und mache Dir nichts vor. Lerne auch unbedingt allein mit Dir zu sein – ohne Smartphone-Ablenkung, beispielsweise. Denn vor diesem Gefühl will Dein Ego flüchten, damit es nichts lernen muss. Dadurch kann es in Zukunft wieder bedürftig und leidend sein. Das ist quasi seine Lebensaufgabe. Entziehe ihm diese Macht über Dich, indem Du Dich dem Schmerz stellst.
Sieh ihn dazu an, ohne ihn mental zu analysieren und zu bewerten. D. h. mache ihn nicht durch eine mentale Bewertung zu einer geistigen Etikette, zu einem persönlichen Konzept für Dich, die in Wahrheit nur Dein verletztes Ego größer werden lässt. Denn dann bleibst Du wie viele Menschen in "ihrer" traurigen Geschichte der Vergangenheit stecken, die dann ihre Zukunft definiert. Akzeptiere stattdessen die Situation und verdränge nichts. Leiste keinen inneren Widerstand gegen das, was längst ist. Denn der mentale Widerstand gegen das, was ist, macht das Leiden nur viel schlimmer. Widerstand verzögert die Heilung erheblich und kostet dadurch enorm viel Energie.
Wer anstatt Widerstand die Hingabe an den Schmerz übt, geht durch diese unangenehme Situation hindurch und lässt sie früher oder später hinter sich. Es führt leider kein Weg daran vorbei. Du kannst den Schmerz nur auflösen, indem Du ihn voll annimmst und nicht verleugnest. Beispielsweise haben sich Indianerkrieger nach Schlachten in die Einsamkeit der Prärie zurückgezogen, um den Schmerz oder das Trauma voll auszuleben und somit aufzulösen. Auch echte Soldaten von heute wissen wie wichtig das Weinen ist, um sich emotional zu reinigen.
Wenn Du stattdessen versuchst, die Lücken, die der andere Mensch in Dir gefüllt hat, mit anderen Menschen anstatt mit Dir Selbst zu füllen, dann wird es jedes Mal sehr schmerzhaft sein. Wenn Dir es „hilft“ Dich abzulenken, wird es Dich in Wahrheit nur noch abhängiger von dieser Art der „Problemlösung“ machen, bzw. Dein Ego nähren. Und Du fügst auf diese Weise vielleicht selbst anderen Menschen Schmerz zu und legitimierst es mit der Vergangenheit, in der Du feststeckst. Du wirst selbst nicht besser handeln, Du wirst Dich selbst nicht nachhaltig besser fühlen und Du wirst am Ende immer wieder an derselben Stelle stehen, nur die Namen der Beteiligten tauschen sich aus.
Also fühle diese Lücken in Dir und erkenne sie. Das ist Deine Lektion über Dich selbst. Wenn Du den Schmerz annimmst und innere Ruhe anstatt Ablenkung suchst, dann nimmst Du Dich selbst in den Arm. Du nimmst Deine Ängste, Sorgen und Bedürfnisse ernst. Und das tut gut und heilt! Letztendlich ist genau das die nötige Selbstliebe, die vielen Menschen fehlt und die sie in anderen suchen. Deshalb werden sie dadurch fast zwangsläufig enttäuscht und leider sogar abhängig von anderen Menschen, bzw. Lust und Gier - eine Euphorie, die leider oft mit Liebe verwechselt wird.
Selbstliebe führt nicht nur zur Heilung, sie lässt Dich auch in zukünftigen Situationen souveräner Deine Grenzen, Deinen Wert oder schlicht Deine Bedürfnisse verteidigen. Du kannst mit anderen Menschen verbunden sein, ohne Abhängig und Bedürftig zu sein. Das ist eine völlig andere Lebensqualität und letztendlich ist das der Grundstock für bedingungslose, also echte Liebe. Leider wird Selbstliebe immer wieder mit Egoismus verwechselt. Dabei ist sie das Gegenteil.
So schmerzhaft also alles zunächst ist, so kannst Du aber mit der Zeit den Kummer als das annehmen, was er in Wirklichkeit ist: eine extrem wertvolle, heilsame Lektion für Dich selbst. Eine Lektion über das, was Du willst oder nicht willst. Wer Du in Wirklichkeit bist. Oder nicht bist.
Das Ego, das süchtig nach Problemen, Action und Drama ist, findet all das natürlich langweilig und will Dich von diesem Heilungs- oder Selbstfindungsprozess ablenken. Es will so bleiben, wie Du in Wirklichkeit gar nicht bist.
Geh durch den Schmerz und vertraue dem Prozess.