Empfindungen gegenüber dem "Betrogenen"?
Aus vielen Beiträgen lese ich, dass man der Meinung ist, dem "Betrogenen" sei durch das Fremdgehen der Partnerin etwas genommen worden. Und die Affaire sei an einem solchen Raub beteiligt.
Was soll das genau sein? Begehren? Liebe? Treue? Vertrauen? Sicherheit?
Oder am Ende eigentlich nur eine Illusion?
Ich behaupte, dass durch eine Affaire einer Beziehung nichts genommen werden kann, was in dieser Beziehung existiert. Meine Gefühle für meine Partnerin haben nichts mit denen für meine Affairen zu tun. Sie werden weder kleiner noch sind meine Gefühle ein Kuchen, der je mehr Menschen daran partizipieren, in immer schmalere Stücke geteilt werden würde.
Die Gründe, warum man sich auf eine Affaire einlässt, sind wahrscheinlich genau so vielfältig, wie die Gründe, warum man sich zu einem anderen Menschen hingezogen fühlt. Selbst wenn es zu keiner Affaire kommt. Wer ehrlich zu sich ist, wird selbst als monogamer Mensch oft genug den Reiz empfunden haben, Grund für ein Lächeln bei einem fremden Menschen zu sein, den man sympathisch findet. Oder das erotische Kribbeln bemerkt haben, wenn jemand körperlich anspricht. Ganze Branchen leben davon. und damit meine ich nicht nur sowas wie JC. Liebe Männer: Achtet einfach einmal auf den Blick Eurer Ehefrauen, wenn Daniel Craig oder Orlando Bloom oder wer auch immer mit nacktem Oberkörper über den Screen flackert. Umgekehrt genau so. Und wie viele Frauen bei der Lektüre von 50SoG in Gedanken fremdgegangen sind...
Mal ehrlich: Liebt man seinen Partner weniger, wenn man solche Gefühle in sich entdeckt? Da braucht es schon etwas mehr: Wenn Unzufriedenheit hinzutritt. Die aber in der Regel
vor einer Affaire bereits da ist.
Eine Affaire ist nicht Grund oder Ursache für Probleme in einer Beziehung sondern eher Folge.
Als Anmerkung: Natürlich geht es bei den häufigen Diskussionen über das Thema Fremdgehen um "Schuld". Dabei ist es sehr einfach, dem femdgehenden Part zum Verursacher der Ehekrise abzustempeln und diesem Part alleine das Ende der Beziehung anzulasten. Nach meiner Erfahrung ist eine Affaire aber weniger der Versuch, eine Beziehung zu beenden, sondern der Versuch, trotz der Probleme und Defizite in der bestehenden Beziehung weiter leben zu können. Scheidungen sind heute weiß Gott kein Stigma mehr!
Zum Ausgangsthema: Schuldgefühle gegenüber dem "Betrogenen"? In keiner Weise. Unverständnis dafür, wie einige Ehemänner ihre Frauen behandeln, teilweise auch Abneigung, weil man natürlich das eine oder andere erfährt. Ja. Ganz sicher. In jedem Fall weiß ich genau, dass ich niemandem etwas stehle oder wegnehme.
Im Gegenteil: Ich gebe einer Frau etwas, was sie sich ersehnt und nicht in ihrer festen Beziehung finden kann. Und manchmal damit auch wieder die Kraft, in dieser Beziehung bleiben zu können.