Über das Wesen von Dominanz
Die Macht, die Dom über Sub hat, beruht daher immer auf der oben erwähnten Einvernehmlichkeit und ist insofern ein Spiel, als sie aus freien Stücken gewährt wird und theoretisch jederzeit widerrufen werden kann.
Diese und vergleichbare Aussagen findet man immer wieder in den BDSM-Diskussionen. Der freie Wille des devoten Partners verleiht dem dominanten Partner die Macht. Das Einverständnis, welche eine rechtliche Strafbarkeit ausschliesst, als Maßstab für das menschliche Zusammenleben. Dabei wird dem freien Willen eine Mächtigkeit zugewiesen, die dieser kaum verdient haben dürfte.
Ein Beispiel:
Wenn meine Partnerin mich fragt, was ich heute unbedingt zu Abend essen möchte, wäre meine Antwort:"Lasagne". So weit, so gut. Nun reist sie 30 Sekunden in der Zeit zurück und fragt mich wieder. Meine Antwort wird wieder:"Lasagne" sein. Wenn wir dieses Spielchen 1000x wiederholen, wird meine Antwort 1000x "Lasagne" gewesen sein.
Wo ist nun mein freier Wille zu entscheiden, wenn ich immer die gleiche Entscheidung treffe? Der freie Wille ist das, was meine Partnerin wahrnimmt (falls sie die Antwort nicht durch Zeitreise erfahren hat), nicht was ich antworte.
Nun reist meine Partnerin wieder 30 Sekunden zurück, doch diesmal fragt sie nicht, sondern sie sagt:"Wenn du das Geschirr ausräumst, mache ich dir heute Abend Lasagne."
Bumm - mein Verhalten wird durch mein Verlangen beeinflusst. Dies ist die einfachste Art der Dominanz, darum beherrscht sie jeder - die Kontrolle über ein vorhandenes Bedürfnis. Es braucht keine besonders dominante Persönlichkeit dafür, ein schlaues Wiesel kann dies genauso kopieren.
Was bedeutet dies nun für unsere D/s-Beziehung? Der s-Partner hat das Bedürfnis sich zu unterwerfen (und andere Dinge), genauso wie das Bedürfnis nach Essen und Luft. Bedürfnisse haben Macht - zur Befriedigung sexueller Bedürfnisse werden Partner belogen und betrogen, die körperliche Gesundheit riskiert, finanzielle Vernunft auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
"Meine Unterwerfung ist ein Geschenk an den dominanten Partner." liest sich ebenfalls oft - eine romantische Verklärung der Realität. Die Unterwerfung dient nicht mir, sondern dem devoten Partner. Es ist das Opfer, das dem Dämon des Verlangens dargebracht wird, damit seine Stimme leiser flüstert; es ist das Eintrittsgeld für die Verwandlung in eine zuckende Masse sexueller Lust. Die Unterwerfung ist genausowenig Geschenk wie die Feuchtigkeit zwischen den Schenkeln - sie ist Ergebnis, nicht Handlung.
Liebe devote Dame, der freie Wille, wenn ich einen Befehl erteile, ist Illusion. Die Entscheidung, ob du "Ja, Herr" sagen wirst oder nicht, ist schon gefallen, lange bevor du das erste Wort gehört hast. Das liegt nicht an hypnotischen Fähigkeiten oder magischer Ausstrahlung, sondern daran, dass du bist, wer du bist und dass es ist, wie es ist. Du kannst nicht wer anders sein, genausowenig wie ich ein anderes Abendessen wählen kann. Ich beherrsche dich, weil ich es kann, nicht weil ich es darf.
Dies ist das Wesen der Dominanz aus meiner Sicht.
Devote Dame oder Herr:
Bist du dir sicher, dass du deinem herrschenden Partner jederzeit die Macht entziehen kannst? Ist dort nicht die eigene Stimme, die dir zuflüstert, was du alles verlierst? Wenn du zögernd an deiner Grenze stehst, ist es nicht der innerliche Ruck der dich dazu führt, diese zu überschreiten? Hast du jemals gesagt oder gedacht:"Oh Gott, ich weiß wirklich nicht warum ich das jetzt für dich tue."?
Dominante Dame oder Herr:
Schafft es dein devoter Partner tatsächlich dich nach Belieben ein- und auszuschalten und in deiner Macht zu beschränken? Siehst du deine Macht als hypnotische Aura deiner Persönlichkeit, die andere beeinflusst? Was die Frage aufwerfen würde, wieso jemand anderes diese Aura verändern kann?
Wie sieht ihr das Wesen von Dominanz?