Das zarte Pflänzchen Liebe
@***we und andere,
also meine Frau und ich haben auch viel gestritten.
Immer schon - mehr als ich gut fand. Dann wuchs es sich in den Jahren zum Normalfall aus, also eigentlich gab es NUR NOCH Streit. Wegen wichtiger Dinge, wegen weniger wichtiger Dinge, wegen Nichtigkeiten. Es gab kaum eine Kommunikation mehr, die NICHT in Streit endete.
Und mit Streit meine ich: Streit. Nicht Frotzeleien, Neckereien. Das ist was ganz anderes. Streit heißt, man ist anderer Meinung und will die des anderen nicht gelten lassen.
Das hat Folgen. Die Harmonie ist weg. Nicht nur die des Augenblicks (sowieso), sondern auf Dauer die Grundharmonie. Wie Musiker, die anders gestimmt sind - einer auf wohltemperiert, der andere auf 12-Ton. Das klingt nicht.
Mit der Harmonie geht der Spaß aneinander verloren, auch die Lust. Sex wird dann eher Selbstbefriedigung in einem anderen Menschen. Das ist ja nicht gemeinsamer Sex, geschweige denn Liebe. Sondern geradezu Mißbrauch des anderen menschlichen Körpers, um den eigenen Hormonhaushalt zu regulieren. Keine Vergewaltigung zwar, aber auch nichts Schönes.
Der andere wird zum Mittel, ist nicht mehr Zweck. Man verliert den Respekt. Der Freudlosigkeit folgt die Sprachlosigkeit. Und dann ist nichts mehr zu retten. Dann sind aus dem Liebespaar zwei Fremde geworden, die einander früher mal mochten.
Also wenn Ihr wirklich viel streitet: Redet drüber, warum Ihr streitet! Geht es um die vordergründigen Themen - oder sind das nur Stellvertreterkriege? Wenn letzteres: Sucht die tatsächlichen Konflikte und schaut, ob Ihr die lösen könnt! Vielleicht mit Hilfe von außen (Paartherapie). Bevor es zu spät ist.
Liebe ist ja wie eine Pflanze.
Anfangs hübsch und zart, man streichelt sie, gießt sie, hegt sie, belastet sie nicht. Sie wächst.
Dann kommen unausweichlich die Lebenslagen, wo sie etwas (er)tragen muß. Hält sie das aus - gut! Aber dann muß man sie auch wieder hegen und pflegen, damit sie wieder zu Kräften kommt, sogar weiter wächst. Womöglich heranwächst zu einem starken Baum, vielleicht einer Eiche, an die man sich anlehnen kann, auf der man sogar herumkraxeln kann, an die man Kinderschaukeln hängen kann.
Tut man das aber nicht, pflegt man sie nicht, sondern belastet sie weiter und weiter, testet immerezu die Grenzen der Belastbarkeit - dann wächst diese Pflanze nicht heran zu einem starken Baum, sondern zu einem krummen, unansehnlichen, schwächlichen Gewächs, das bei irgendeiner, gar nicht mal so schweren Belastung, knirschend zuammensinkt.
Ob dann noch was zum Aufpeppeln da ist, ist zweifelhaft. Ein großer Baum wird nicht mehr draus. Aber wer auf dem darniederliegenden Häufchen noch herumtrampelt, hat rasch nur noch zerquetschte Zweige in der Hand und mag klagen, dass er doch eigentlich einen starken Baum zum Anlehnen gewünscht hat - doch dann ist es zu spät.
Dann ist die Liebe tot. Reanimation zwecklos.
Laßt es nicht so weit kommen.