Weisst du
@*******el92
Du hast in dir diesen dich völlig einnehmenden Wunsch, mit deinem Freund eine langjährige Beziehung, vielleicht mit Familiengründung zu führen.
Du siehst das als etwas, was du beeinflussen kannst und ich denke zumindest gerade jetzt wirst du das nicht können.
Ich kann deinen Wunsch sehr gut verstehen, ich war vor vielen Jahren in einer sehr ähnlichen Situation. Mein damaliger Freund, gerade aus einer längeren Beziehung getrennt (kaum ein halbes Jahr), war in mich verliebt und sprach von vielem in den ersten Wochen. Dann meldete sich das erlebte Trauma bei ihm (ja auch Männer sind empfindsame Wesen und leiden durchaus unter Trennungen, auch wenn sie es manchmal nicht so wahrhaben wollen und sich möglichst gleich in die neue Beziehung stürzen wollen).
Er wurde psychisch krank, was sich erst im Verlauf von Monaten richtig in seiner vollen Gänze zeigte. On-Off..über mehrere Monate danach und immer wieder heftige depressive Phasen, in denen ich ihm nicht helfen konnte.
Und mein Helferlein war sehr sehr ausgeprägt. Ich verstand ja, er brauchte Hilfe. Aber er konnte damals diese Hilfe nicht annehmen.
Ich hatte immer die Hoffnung, wenn ich nur warte und da bin für ihn, wird es irgendwann besser und irgendwann, wenn ich nur lange genug warte und um unsere Liebe kämpfen würde, dann würden wir das, was wir am Anfang unserer Beziehung an Träumen hatten auch leben können.
Er hat mir unbewusst und nicht wirklich direkt immer wieder vermittelt, das er es nicht aushält, unsere Beziehung aufrecht zu erhalten und gleichzeitig hat er mir imemr wieder indirekt vermittelt, das er mich brauchte.
Erst viel später ist mir klar geworden, das war einfach ein Teil seiner Erkrankung, dieses Wegstoßen und Heranziehen, das hat er nicht aus Egoismus gemacht, er hatte immer Phasen, wo er es so auch wirklich empfunden hat, wenn er mir deutlich sagte, das wir uns Treffen sollten.
Weisste DarkAngel, diese Situation hat mein ganzes Leben durcheinander gebracht, nach der dann tatsächlichen Trennung, die ich selbst irgendwann durchgezogen habe, weil ich einfach nicht mehr konnte, bin ich in ein sehr tiefes Loch gefallen und erst sehr sehr langsam habe ich damals erkannt, das ich in eine Co-Abhängigkeit oder besser Beziehungsabhängigkeit gerutscht war.
Einige der Dinge, die du hier im Thread schreibst erinnern mich daran. So eine Beziehungsabhängigkeit ist eine fiese Sache und ich habe mehr als ein Jahr gebraucht, bis ich davon wieder frei wurde, ich habe erst eine Selbsthilfegruppe für Co-Abhängige, dann eine für Beziehungsabhängige und später eine Gruppentherapie besucht, bis ich soweit war, mich loslösen zu können.
Es war ein echtes und hartes Stück Arbeit.
Heute bin ich froh darüber, weil es mich weiter gebracht hat und ich kann heute, nach fast 5 Jahren endlich auch wieder daran denken, ohne Angst vor erneuter Abhängigkeit eine neue Beziehung einzugehen, wo ich nicht mehr auf die in mir wohnenden Muster anspringe, oder wenn, sie direkt erkennen kann und mich dann bewusst entscheiden kann, wie ich reagiere.
Was ich dir sagen möchte, versuch deinen Wunsch eine Beziehung mit ihm zu führen loszulassen und schaffst du das nicht, dann solltest du um deinet Willen selbst die Reissleine ziehen und den Kontakt solange einstellen, wie es dich immer wieder in diese Abhängigkeit zieht.
Dein Freund wird nur dann aus der Situation heraus kommen, wenn sich etwas in eurerm Beziehungssystem, zu dem du mit deiner Problematik ebenfalls gehörst, ändert. Und ich denke eben auch, das er sich letztlich selbst helfen muss, genauso wie du. Darauf zu bauen, das ein anderer deine Probleme aus der Welt räumt, kann nicht funktionieren, das kann jeder von Euch nur ganz allein.
Und ob dann, wenn er nicht bereits in einem grossen Showdown eine Trennung herbeiführt, wenn ihr immer noch zusammen seit, wenn er und du eure Probleme gelöst habt, er sich dann immer noch für dich entscheidet, wird sich zeigen. Ganz ehrlich ich glaube das eher nicht!
Hier haben nun schon so viele andere Schreiber dir eigentlich sehr klar geschrieben, das du dich um dich selbst kümmern musst, sonst kann es irgendwann sehr in die Hose gehen. Aber ja ich muss dem beipflichten!
Solange du selbst nicht deine Probleme, deine sehr wahrscheinliche Beziehungsabhängigkeit, deine eigenen Traumata und Erkrankungen halbwegs im Griff hast, wird eine neue Beziehungsanbahnung immer wieder in die gleiche Richtung verlaufen.
Und dann irgendwann wirst du vielleicht verstehen, wie deine Libido genau dahinein gehört, als Symptom.
Ich wünsch dir viel Glück, nein, ich wünsch dir den Mut dein Leben endlich allein, aber mit der vielfältigen professionellen Hilfe anzugehen und viel Erfolg dabei..