Schweigen: legitim oder Aggression dem Partner gegenüber?
In einem anderen Thread kam als Nebenstrang die Frage auf, wie Schweigen in Konflikten zu gewichten ist.Ein männlicher Threadteilnehmer vertrat die These, dass Schweigen in einem Streit oder ein temporärer Rückzug legitim und normal seien.
Ich dagegen ... spürte, wie ich bei dem Thema hochkochte . Für mich hat Schweigen in einer Auseinandersetzung etwas hochgradig Verletzendes und Respektloses.
Damit meine ich nicht aufmerksames, zuhörendes Schweigen, bei dem jemand am Ende sagt: Ich muss darüber nachdenken, was du gesagt hast - und wo die Antwort dann vielleicht erst zwei Wochen später kommt und vielleicht eher in einer Handlung als in Worten besteht. Das ist zwar nicht das, was ich mir eigentlich wünsche, aber damit kann ich leben.
Ich meine die Art von Schweigen, bei der ein Partner sich wegdreht, während ich rede, die Arme verschränkt, hinterher vielleicht so etwas nettes sagt wie "Bist du fertig". Vielleicht sogar den Raum verlassen, während ich rede. Für mich persönlich ist das eine der bösesten, respektlosesten Kommunikationsformen, die es gibt, und ich selbst kann so etwas nur sehr schwer verzeihen - es tut mir nämlich einfach tierisch weh. Und vom Mann, den ich liebe, möchte ich nicht, dass er mir tierisch wehtut. Das zerstört auf Dauer die Beziehung und die Liebe.
Für mich ist der Austausch von Worten gleichzeitig der Austausch von Aufmerksamkeit. Es geht gar nicht in erster Linie um die Worte, sondern um die Botschaft: "Du bist mir wichtig genug, mich mit dir auseinanderzusetzen, mit Worten hinter deine Fassade zu sehen, weil ich an dir mehr liebe als nur die Oberfläche. Meine Worte sprechen davon, dass sich meine Gedanken mit dir beschäftigen, dass du in meinem Kopf präsent bist, dass ich mir Gedanken über dich mache."
Natürlich wünsche ich mir, dass der andere das genauso tut - und dass er meine Worte ernst nimmt, statt meine Auseinandersetzung mit ihm (=meine Liebe und Aufmerksamkeit) einfach so zurückzuweisen, nur weil ich gerade etwas emotionaler bin. Ich wünsche mir dann, dass ich ihm nicht gleichgültig bin, sondern dass ich ebenfalls in seinem Kopf bin, dass er Worte findet, um mir das mitzuteilen was in seinem Kopf über mich stattfindet, dass er nicht nur meine Oberfläche sieht, sondern sich die Mühe macht, dahinter zu gehen, sich mit dem auseinanderzusetzen, was ich bin, es in Frage zu stellen und mich intellektuell ernst zu nehmen. Wenn er stattdessen schweigt, entsteht in mir das Gefühl, dass ich ihm egal bin.
Aus diesem Gefühl heraus kann es auch mal passieren, dass ich wütend werde und durch die Mauer dringen möchte, damit er sich endlich mit mir beschäftigt, weil seine Gleichgültigkeit sich für mich wie eine Demütigung und Respektlosigkeit anfühlt. Ich bin ihm nicht mal wichtig genug für eine verbale Auseinandersetzung ... Das tut weh.
Weil ich mich so einsam fühle ohne Worte von ihm, die sich mit mir beschäftigen.
Mir ist natürlich klar, dass es kein eindeutiges "Recht" oder "Unrecht" gibt. Trotzdem erhoffe ich mir aus diesem Thread ein paar Blickpunkte darauf, wie andere damit umgehen.
Ist Schweigen, Ignorieren der Worte des Partners in einer Auseinandersetzung oder einem Gespräch aggressiv? Oder normal und legitim?