da wird jemand verdammt, nur weil er seinen lebenstraum nicht lieber zu gunsten einer schleichend eintretenden depression eintauschen will.
Das würde voraussetzen, dass ein unerfüllter Lebenstraum zwingend in eine Depression ausarten muss - und das bezweifle ich. Zumindest, dass es in jedem Fall so kommen muss.
Lebensträume platzen immer wieder, in verschiedensten Konstellationen und Situationen - und nicht jeder Betroffene wird davon schwer depressiv.
Ich nenne da immer meine ehemalige Klavierlehrerin als Beispiel. Deren Lebenstraum, auf den sie seit ihrem fünften Lebensjahr hinarbeitete, war es, professionelle Pianistin zu werden. Und sie hatte alles, was man dafür braucht: Talent, Fleiß, Disziplin, Eltern, die ihr Klavierstunden und das teure Studium bezahlen konnten, und obendrein war sie auch noch ein ziemliches Sahneschnittchen (was in der Musikbranche ja auch nicht zu verachten ist), sie hatte bereits entsprechende Sponsoren und Fürsprecher, die ihre Karriere klarmachten. Mit anderen Worten: Sie war genau an dem Punkt, wo viele ambitionierte, aber leider nicht mit ganz so viel Talent gesegnete Künstler hinwollen, aber niemals hinkommen.
Bis eine schwere Krankheit ihren Traum zunichte machte.
Sie machte das Beste daraus, wurde Mutter, gab Klavierstunden - und würde glücklich.
Eine Depression aufgrund der Umstände ist in meinen Augen manchmal auch das Ergebnis der Unfähigkeit (oder des Nichtwollens), das Positive an einer Situation zu sehen. Statt dessen konzentriert man sich eben auf das Negative. So nach dem Motto: Es wäre ja alles so schön, wenn ich nur mehr Geld (mehr Attraktivität, mehr Talent, bessere Kontakte, ein schöneres Auto) hätte. Oder eben Kinder.
Wobei ich das Ganze folgendermaßen sehe: Ein Mensch trennt sich dann, wenn er meint, ohne die Beziehung zufriedener zu sein.
Ob das letzten Endes wegen eines unerfüllten (und / oder unerfüllbaren) Kindeswunsches ist oder wegen der obligatorischen, ewig hochgeklappten Klobrille (um noch mal das billigste Klischee zu strapazieren) oder weil der Partner nicht Shades of Grey im eigenen Schlafzimmer nachspielen will, spielt keine Rolle, geht niemanden etwas an - und niemand sollte sich dazu aufschwingen, das beurteilen oder gar verurteilen zu wollen.