Gedanken am 13. Oktober

Trostlos


Das Unheil steht Gewehr bei Fuß,
es wartet nicht mehr länger.
Der Henker tut was er tun muss:
er zieht die Schlinge enger.

Mein Blick, der geht bereits nach innen,
dort findet er die ganze Zeit,
die ich verbrachte, nur mit „Spinnen“.
Nun bin ich endlich auch bereit…

Bereit das Maß zu akzeptieren,
das dümmlich aus der Kälte kam.
Erst jetzt erscheint mir das Verlieren
als unausweichlich – ich benahm

mich doch mein ganzes langes Leben
nicht nach dem faden Weltgeschmack.
Ich benahm mich schlicht daneben,
ich trug in Eitelkeit den Frack…

der Freiheit über alle Maßen!
Ich richtete mich nur nach dem,
was ich für richtig fand, die Massen
der Herdentiere war’n mir unbequem.

Und ihr Gesetz nur sein zu dürfen,
wenn man sich vor der Herrschaft bückt
verstand ich falsch im Tieferschürfen.
Ich hab die Waffe „Hirn“ gezückt!

Darum steh ich heut‘ wo ich steh:
auf Brettern, die den Tod bedeuten.
Mir wird gesagt, „so und nun geh“ –
ich höre schon die Glocken läuten.

Begräbniskirchen sind am Bimmeln,
sie künden von dem letzten Streich –
und Menschenwesen seh‘ ich wimmeln,
sie schau’n mich an, so leer und bleich.

Ich geh voraus, sie kommen nach,
sie haben ja fast nichts kapiert,
sie jubeln dennoch und mein „Ach“,
das sich in dem Geschrei verliert,

bringt mich zu meinen Ahnverwandten.
Sie haben sich schon aufgereiht.
Ich bin von allen Abgesandten,
der, dem man ewig nicht verzeiht.

Denn diesseits, jenseits bleibt der Gram
auf einen, der nur hinterfragt
ganz ohne jede echte Scham –
o, hätt ich niemals was gesagt!


*


Seelenlose Sterblinge


Leere destruktive Phrasen!
Aber sonst seid ihr gesund!
Ihr streckt eure weisen Nasen
ganz nach oben und der Mund
steht offen, da ihr endlos staunt –
doch noch seid ihr gut gelaunt.

Ihr seht das Ende erst dann, wenn
es direkt bei euch ankommt, lach!
Bis dahin seid ihr hochgebildet, denn
ihr habt ja alles unter Dach und Fach.
Und in dem Schulfach „Idiotie“
da seid ihr ganz besonders gut.
Ihr brecht die Weisheit über’s Knie
und nützt das frech in blinder Wut.

Ich geh auf keinen Wegen lang,
der meine steht in keiner Karte –
ich folge nur dem inneren Drang,
alles stammt von meiner Warte.
Und ihr sagt mir im Ernst „zurecht“:
das ist doch alles gar nicht echt!

Ein übles Spiel von beiden Seiten:
ihr seid okay und ich verführe
mich selbst zu den Gelegenheiten,
die ich, nur ich, in mir verspüre.
Das stößt euch auf, ihr seid schlau,
ihr habt studiert was schicklich ist,
ihr lebt in Macht und Drahtverhau,
im Glanz der anerkannten List!

Nur leere, destruktive Phrasen
erhalten euch und eure Brut,
die ihr verbreitet: Menschenmassen
steh’n gegen einen Tunichtgut…
Gehabt euch wohl, Todeskandidaten –
ihr seid im Streben selbst verraten!

(c) Sur_real