ein wirklich, wirklich wichtiges Thema...
Liebe bajkala,soweit sich mir die postings erschließen ist es uns weitgehend noch nicht gelungen, über den Tellerrand der religiösen, ideologischen und elternhäuslichen Konditionierungen hinauszublicken, die unsere Leben zeichnen. Der rote Faden lautet: Verantwortung für sich kontra Verantwortung für den Partner, und der daraus entstehende emotionale Kurzschluß kann derzeit nicht gelöst werden.
An irgendeiner Stelle stoßen wir immer wieder an die Wände unserer z. T. selbsterbauten goldenen Denk-Käfige und sind nicht in der Lage, wirklich die gedanklichen, emotionalen und ideologischen Fesseln zu lösen.
Mancher oben geäußerte Standpunkt ist auch einfach nur kurzsichtig.
Wenn ich Dich richtig verstehe (ich hoffe das sehr), hast Du das Gefühl, das alle geäußerten Sichtweisen irgendwie nicht das treffen, was Dich bewegt.
Ebenso drückt sich in allem was ich gelesen habe eine panische Furcht vor Schmerz aus, sowohl ihn zu erleiden als auch ihn zu verursachen. Dies scheint mir überhaupt die schlimmste emotionale Fessel zu sein, die uns daran hindert, das Echte zu erkennen.
Es gibt meines Erachtens nur eine einzige Möglichkeit, dem Thema näherzukommen - die eigene Sichtweise (also auch die Deine) durch Änderung des Standpunktes zu verändern, erst dann setzt sich das Puzzle zusammen. Ansonsten dreht sich alles immer wieder im Kreise.
Hier einige Gedankenspiele, die uns als Paar schon seit langem beschäftigen. Und die sehr weh tun.
Weder spirituell noch emotional ist ein Mensch in der Lage, Verantwortung für einen anderen Menschen zu übernehmen.
Das geht überhaupt nicht und betrifft die kirchliche Thematik "Schuld und Sühne", die mit großem Erfolg seit zwei Jahrtausenden unser Gefühlsleben mit einem ständigen schlechten Gewissen für alles Schöne und Lustvolle dieser Welt belastet.
Ausschließlich für sich selbst kann ein Mensch Verantwortung übernehmen. Manchmal muß man sagen "leider".
"Richtig" und "Falsch" sind ebenfalls theologische Größen. Es gibt auf die meisten Fragen dieser Welt mehr als zwei Antworten, meistens sogar sehr viel mehr...
Selbst Begriffe wie "polygam", "fremdgehen", "Gruppenehe" etc. pp. sind alles andere als neutral, sondern mit negativen Wertigkeiten belegt und deshalb als gedankliche Grundlage völlig unbrauchbar.
Deshalb kommen wir mit der überkommenen Denkweise und Begrifflichkeit dem Thema nicht näher.
Es geht bei Deinem Thema nach meiner Meinung nicht darum, ob und wie Du eine Beziehung zu Deinem Lover führst (ich sage mit Absicht nicht "Zweitbeziehung", denn beide Beziehungen sind bei Dir längst gleichberechtigt, da sie völlig verschiedene Inhalte haben). Du führst diese Beziehung so, wie sie Dir zu diesem Augenblick sinnvoll erscheint, und damit ist sie bereits vollkommen.
So übernimmst Du bereits Verantwortung für Dich selbst, und das ist etwas, was die meisten niemals tun!
In Wahrheit heißen die Fragen zum Thema eigentlich:
Inwiefern werden meine Verhaltensweisen in der Partnerbeziehung mir selbst gerecht und übernehme ich tatsächlich die Verantwortung für mich und mein Verhalten, meine Gefühle und mein Verlangen?
Kann ich überhaupt so leben, wie ich es tue oder verlangt mein Inneres von mir etwas völlig Anderes?
Möchte ich wirklich etwas verändern oder mache ich mir das nur vor? Versuche ich nicht in Wahrheit immer wieder, opportun zu sein und mich in bestehende Systeme einzuordnen?
Bin ich nicht gezwungen, den anderen zu verletzen, um mich selbst nicht ständig wieder aufs Neue zu verwunden?
... und viele andere Fragen und Antworten, die von selbst kommen werden.
Wir befinden uns in einer Übergangszeit (besonders in den Beziehungswelten), viele stellen sich genau wie Du diese Fragen (Stichwort Polyamorie, polyamour, wobei auch hier alles bereits wieder an theologischem Denken zerbricht) und wissen noch keine Antworten.
Geburten bereiten Schmerzen... Wenn man bereit ist, die Schmerzen als zum Leben gehörig anzunehmen, können sich viele wunderbare neue Gedanken und Welten ergeben, von denen man nicht glaubte, sie jemals zu haben!
Liebe Grüße!