Leider bin ich nach mittlerweile fast 11-jähriger Beziehung zu meiner Partnerin an einem Punkt angekommen, an dem ich mich mit genau diesen Fragen auseinandersetzen muss.
Wir sind vor einem Jahr zusammen mit unserem jetzt 3 Jahre alten Sohn in unser gemeinsames Haus gezogen. Da ich mich seit dem Umzug wieder in einer etwas ruhigeren Lebensphase befinde, mache ich mir seit einiger Zeit intensiv Gedanken über unsere Beziehung und meine derzeitige Lebenssituation und vergleiche diese mit meinen Wunschvorstellungen und den Plänen die ich mir vor 15 Jahren für mein Leben als Mittdreißiger gemacht habe.
Sicher, keine länger Beziehung lässt sich ohne Kompromisse führen, aber ich stelle für mich bilanzierend fest, dass ich vor lauter Kompromisswillen (und natürlich auch aus Bequemlichkeit und Angst vor unbequemen Auseinandersetzungen) meine eigene Lebensplanung immer mehr aus dem Auge verloren habe.
Zusätzlich fühlte sich meine Partnerin mit jedem von mir eingegangen Kompromiss offenbar dazu ermutigt, ihre eigene Lebensplanung mit mir umso kompromissloser durchzuziehen - so entsprang unser Sohn im Wesentlichen ihrem Kinderwunsch und in anderen Bereich stellt es sich ähnlich dar.
Eines der Hauptprobleme in längeren Beziehungen dürfte sein, dass viele anfangs als kleine, liebenswerte Marotten erachteten Eigenschaften des Partners im Laufe der Zeit als immer unangenehmer und unerträglicher wahrgenommen werden.
Bei meiner Partnerin ist dies ein meiner Ansicht nach krankhafter Kontrollwahn in Verbindung mit einem sehr großen Besitzanspruch mir gegenüber.
Mittlerweile ist es soweit gekommen, dass ich alleine kaum noch das Haus verlasse, da es jedes Mal zu einem riesigen Streit kommt und sie regelrechte Panikattacken bekommt, sobald ich aus dem Haus gehen will.
Ich arbeite selbständige von zu Haus aus und habe zusätzlich noch ab Mittag unseren kleinen Sohn um mich herum, während sie in einem Angestelltenverhältnis arbeitet und den Großteil des Tages unter Menschen ist.
Eine typische Situation ist die, dass sie am Abend früh ins Bett möchte, weil sie am darauffolgenden Tag Frühdienst hat, wohingegen mir die Decke auf den Kopf fällt, da ich seit Tagen schon nicht mehr das Haus verlassen habe.
Meinen Wunsch einfach mal raus zu gehen, abzuschalten, was andereres zu sehen, auf andere Gedanken kommen verkneife ich mir und setze mich stattdessen frustiert an den Computer. Dadurch stauen sich meine Agressionen und Aversionen gegen meine Partnerin immer weiter auf.
Nachdem Sie mir gestern von sich aus vorgeschlagen hat, dass ich doch mal ausgehen solle, da ich auf sie einen gestressten und angespannten Eindruck machen würde, habe ich seit langem mal wieder den Versuch unternommen, abends alleine wegzugehen. Bevor ich die Tür hinter mir zu machen konnte ist bei ihr jedoch wieder ihr automatisches Abwehrprogramm angelaufen was zu einem heftigen Streit geführt hat in dessen Folge sie zumindest das erste Mal zugegeben hat, dass sie offenbar ein Problem hat und sie sich dafür Hilfe suchen möchte.
Nachdem sich diese Verhalten in den letzten 10 Jahren jedoch mit der Zeit, trotz unsere ständigen Auseinandersetzungen deswegen, immer weiter verstärkt hat, kann ich diesen Beteuerungen aber immer weniger glauben schenken.
Aus ihrer Sicht hat sie aufgrund ihrer Vergangenheit große Verlustängste. Aussserdem, so sagt sie, liebt sie mich so sehr, dass sie am liebsten ihre komplette Zeit mit mir verbringen würde.
Da ich jedoch ein sehr freíheitsliebender Mensch bin, fühle ich mich dadurch immer mehr eingeengt.
In Sachen Sexualität liegt ebenfalls einiges im Argen. Als wir uns kennengelernt haben, hatte sie nur wenige sexuelle Erfahrung gesammelt und war allgemein auch nicht sonderlich aufgeschlossen neuen Dingen gegenüber.
Mittlerweile "vollzieht" sie zwar Praktiken, die sie mit Mitte 20 noch als völlig pervers abgetan hätte, Sex wird jedoch weiterhin hauptsächlich manipulativ betrieben. So wird sie zufällig immer dann unheimlich geil, wenn es gerade in ihr strategisches Konzept passt (warum können die meisten Frauen nicht Sex einfach aus Lust an der Lust betreiben und nicht, um damit Dinge ausserhalb der Sexualität erreichen zu wollen??)
Hinzu kamen Aussagen der Art: "Du kannst froh sein, dass ich die Praktiken A-Z mir dir mache - andere Frauen würden das nicht mit sich machen lassen". Da Sex sich hauptsächlich im Kopf abspielt, sind solche Aussagen für mich der absolute Lustkiller.
Im Moment empfinde ich die Situation als nicht weiter akzeptabel, da wir uns offenbar immer weiter auseinanderentwickeln.
Trotzdem denke ich nicht, dass man eine mehr als zehnjährige Beziehung einfach so hinschmeissen sollte, um sich einen für den aktuellen Lebensabschnitt passenderen Partner zu suchen.
Dabei spielen für mich weniger die Aspekte Haus, Hof und Kind eine Rolle, sondern viel mehr der Umstand, dass man in den Jahren viele schwierige Sitationen im Leben durchgestanden hat in denen der Partner immer zu einem gestanden hat. Ausserdem glaube ich nicht, dass meine Partnerin mir bewusst schaden zufügen will. Vielmehr spielt sich da wohl einiges unterbewusst in ihrer Psyche ab was sie selber nicht richtig kontrollieren kann.
Ich weiß, dass es hierfür kein Patentrezept gibt. Mich würde trotzdem eure Meinung dazu interessieren.