Meinen Selbstwert beziehe ich aus verschiedenen Faktoren, die aufeinander aufbauen:
Ich akzeptiere, dass (nach meinem Verständnis) mein Leben einmalig ist, und keinen von außen gegebenen Sinn hat. Ich bin ein Individuum von ca 14 Milliarden Homo Saphiens die bisher diesen Planeten bewohnt haben. Meine Sprache, mit der ich nicht nur kommuniziere, sondern auch innere Monologe führe, ist ein Kollektivprodukt. Die Bilder mit denen ich meine Welt einteile und vermesse, wurden mir ebenfalls von meinem Kollektion gegeben. Zu einem winzig kleinen Anteil werde ich in meiner Lebenszeit dieses kollektive Kulturgut verändern und erweitern, wie alle anderen Menschen neben mir.
Wir sind nichts besonderes. Wie bei allen anderen Lebensformen dreht sich der größte Teil unseres Bewusstsein um Stoffwechsel, Reproduktion, unsere Umgebung nach Ressourcen und Gefahren katographieren. Im Grunde sind wir Landkorallen, wir leben in den steinernen Rückständen unserer Vorfahren, und bauen darauf auf.
Dieses Wissen nimmt mir sehr viel Druck. Ich muss nichts "leisten", bzw "erreichen". So wie ich in meinem Kopf alleine lebe, werde ich in meinem Kopf auch ganz alleine sterben. Mein Tod ist mein persönlicher Weltuntergang.
Dennoch habe ich Werte. Sie speisen sich aus meinem Mitgefühl. Ich kenne die verschiedenen Formen des Leidens, mit denen uns das Leben konfrontieren kann. Ich möchte nicht leiden, und ich möchte so leben, dass meine Existenz mögliches wenig Leiden für andere verursacht. Dabei schätze ich meine Schutzbedürftigkeit allerdings nicht geringer ein, als die meiner Mitlebewesen. Ich will also nicht unnötig prassen, aber mein Leben auch nicht unnötig beschweren, weil auch ich ein Tierchen bin, dem es gut gehen soll.
Als ich vor 20 Jahren der Welt mein wahres Gesicht zeigte, schwor ich mir nicht nie mehr für etwas zu schämen, was natürliche Bedürfnisse sind, bzw außerhalb meiner Kontrolle liegt. Und deshalb lüge ich nicht mehr, zumindest ist das mein Ziel. Natürlich sage ich nicht immer alles was ich weiß, lasse manchmal auch jemanden im Irrglauben, aber ich bemühe mich nicht absichtlich die Unwahrheit zu sagen. Wenn ich mir im Spiegel selbst in die Augen schauen kann, und mich nicht schäme, bin ich mit mir im Reinen.
Natürlich befreit mich das nicht von Traurigkeit. Es ist nicht toll den Körper altern zu sehen, aber ich akzeptiere es als Teil meines Weges.