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Raven

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****012 Frau
476 Beiträge
Themenersteller 
Raven
Prolog

Verflixte Neugier! Noch immer habe ich keinen blassen Schimmer, was meine neuen Nachbarn im Schilde führen. Aber vielleicht ist heute ja die Nacht, in der ich alles erfahren werde. Oder in der ich zumindest einen Zipfel der Wahrheit zu fassen bekomme. Das würde mir sogar schon genügen. Der Termin ist perfekt: Halloween, Samhain, wie immer man es nennen mag. Eine Nacht, in der die Schleier zwischen den Welten dünn werden. Und Verborgenes aus den Schatten tritt.

Ich muss selbst ein wenig lachen über die theatralischen Formulierungen, die durch meine Gedanken tanzen. Mythen und Magie können mich zwar durchaus fesseln und meine Fantasie anregen. Aber sie sind eben eine Sache für Bücher und Geschichten. Nicht für die Realität. Ich glaube nicht ernsthaft daran, dass Cleo von nebenan oder Sarah aus der alten Schule gerade unterwegs sind, um irgendwelchen obskuren Riten zu frönen. Und Linda aus dem Nachbardorf mag zwar eine biestige alte Hexe sein, aber bei ihr ist das eher eine Frage des Charakters als der Zauberkräfte. Falls sie nachher nackt über ein Feuer springt oder dergleichen, möchte ich das nicht unbedingt miterleben. Obwohl: Falls Dougal irgendwie involviert sein sollte, sieht die Sache natürlich anders aus.

Der Kerl besitzt nicht nur ein zauberhaftes Haus unten am Fluss, sondern auch eine geradezu verbotene Ausstrahlung. Sogar, wenn er einfach nur auf einem Ast hockt und mit den Beinen baumelt. Glaubt mir, ich kann das beurteilen! Denn genau in dieser Position habe ich ihn zum ersten Mal gesehen. Das war vor ein paar Monaten, kurz nachdem ich hierher gezogen bin. Ich hatte damals schon gemerkt, dass in dem kleinen Dorf ein recht vertraulicher Umgang herrscht und man auf Formalitäten nicht viel Wert legt. Spontane Besuche unter Nachbarn sind hier durchaus üblich. Trotzdem war ich nicht darauf gefasst, nach einer samstäglichen Einkaufstour einen gutaussehenden Fremden in meinem Kirschbaum vorzufinden.

Er deutete meine hochgezogenen Augenbrauen ganz richtig, spuckte einen Kirschkern ins Gras und grinste. „Kann ich nur empfehlen“, sagte er und deutete lässig auf die prall roten Früchte. „Als das Haus letztes Jahr leer stand, bin ich deswegen mehrfach über den Zaun geklettert. Aber diesmal stand das Tor offen, also war das glücklicherweise nicht nötig. Man wird ja nicht jünger.“ Damit stieß er sich von seinem Ast ab und landete mit einem eleganten Satz vor meinen Füßen.

„Stets zu Diensten“, erwiderte ich trocken. „Man tut, was man kann, um seinen gebrechlichen Mitbürgern unter die Arme zu greifen.“
In seinen Mundwinkeln zuckte es. „Ich komme darauf zurück!“, versprach er. So ein einfacher Satz, und doch ließ er mir eine Gänsehaut über den Rücken rieseln. Denn da war etwas in seiner Stimme, das unser harmloses Geplänkel Lügen strafte. Es klang wie ein nachtschwarzes Versprechen. Passend zu seinem Namen. Ich habe inzwischen im Internet nachgesehen und herausgefunden, dass er aus Schottland kommt und so viel wie „dunkler Fremder“ bedeutet. Wie überaus passend!

Ich lächele vor mich hin, als ich dem Weg Richtung Wald folge. Cleo eilt flotten Schrittes vor mir her. Ich muss genügend Abstand halten, damit sie mich nicht bemerkt. Zum Glück scheint sie es so eilig zu haben, dass sie nicht groß auf ihre Umgebung achtet. Was mag sie vorhaben? Wo will sie hin? Und vor allem: Wer wird noch dort sein? Diese Fragen nagen mit scharfen Rattenzähnen an meinen Gedanken. Und ich muss zugeben: Es ist nicht nur die Neugier, die mich plagt. Ich bin auch ein bisschen beleidigt.

Eigentlich wollte ich das halbe Dorf zu einer Halloween Party in mein neues, frisch renoviertes Haus einladen. Es sollte eine Art Einstand für die Nachbarn werden. Eine Gelegenheit, neue Bekanntschaften zu schließen und die schon bestehenden zu vertiefen. Doch die Idee ist kläglich im Sande verlaufen. Ich habe Cleo, Dougal und Sarah angesprochen, dazu noch ein halbes Dutzend andere Leute. Doch die Reaktionen waren seltsam: Ausweichende Blicke, Entschuldigungen, die verdächtig nach Ausreden klangen. Offenbar ist niemand scharf darauf, diesen Abend mit mir zu verbringen. Dabei sind all diese Menschen mir, der Neuen in ihrer Mitte, bis jetzt ausgesprochen freundlich und offen begegnet. Haben sie etwas Besseres vor? Etwas, von dem ich nichts wissen soll? Genau das gilt es nun herauszufinden.

... Fortsetzung folgt...

© Kea Ritter, Oktober 2023

**********light Frau
1.401 Beiträge
Ein wunderbarer Text, danke, dass ich ihn gestern vorlesen durfte ❤️
********t_64 Frau
3.073 Beiträge
Sehr gut geschrieben... gefällt mir 🥂
*********gel65 Frau
184 Beiträge
Wie immer schon von Beginn an fesselnd, Große *love4*
*****978 Frau
359 Beiträge
oh spannend!!!
*********Sky76 Frau
13 Beiträge
She is back 😍
*******ant Frau
27.179 Beiträge
Lange nichts mehr von dir gelesen.
So schön dunkel- ramontisch.
Schreibssu weitaa! *liebguck*
**********heinz Mann
171 Beiträge
Protest!!
Immer diese Cliffhanger!
Dabei macht der Anfang Lust, nein Appetit auf mehr ....

Das mit den "scharfen Rattenzähnen" erinnert mich irgendwie unweigerlich an "rattenscharf".
Für die Jüngeren: Es gab mal eine Zeit - es stand bei der Jahreszahl noch die 19 vorne - da durfte Mann klasse Frauen ungestraft so nennen!
Krass die Altvorderen, oder?
*******ant Frau
27.179 Beiträge
Zitat von **********heinz:

Es gab mal eine Zeit - es stand bei der Jahreszahl noch die 19 vorne - da durfte Mann klasse Frauen ungestraft so nennen!
Krass die Altvorderen, oder?
Das "darf" man auch heute noch.
Und auch früher gab es Männer, die mit einem "Nein" nicht ihre Männlichkeit bedroht sahen oder sich "gestraft" fühlten.

Krass, oder?
**********heinz Mann
171 Beiträge
Ob das heute wohl auch unter catcalling fällt?
Arme Gesellschaft!
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****012 Frau
476 Beiträge
Themenersteller 
Ich danke Euch allen, für Euer wundervolles Feedback zum meiner Geschichte! Das motiviert mich wirklich sehr!

Dann wollen wir doch mal sehen, was diese Nachbarin so vorhat... *ggg*
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****012 Frau
476 Beiträge
Themenersteller 
Kapitel 1

Ich habe hinter dem dunklen Küchenfenster gelauert, bis Cleo das Haus verließ. Zunächst war es auch ganz einfach, ihr zu folgen. Doch jetzt haben wir den Bereich der beleuchteten Straßen verlassen. Der Wald steht vor mir wie eine Wand und scheint von gebrochenen Knöcheln und anderen Verhängnissen zu flüstern. Langsam frage ich mich, ob diese ganze Aktion wirklich zu meinen brillantesten Ideen gehört. Ich habe natürlich eine Taschenlampe dabei, traue mich aber nicht, sie anzuknipsen. Also werden meine Schritte unsicherer. Zwar sind es nur noch ein paar Tage bis zum Vollmond. Doch das Licht, das durch die Äste auf den Waldboden sickert, ist ausgesprochen trügerisch. Und die dunklen Wolkenfetzen, die immer wieder über den Himmel jagen, machen das Ganze nicht besser.

Cleo dagegen bewegt sich wie eine Katze durch die Nacht. Gut, sie hat natürlich auch keinen Grund, ihre Anwesenheit zu verbergen. Und sie hat Licht. Nein, keine Taschenlampe mit LEDs. Eine schmiedeeiserne Laterne, durch deren Glasscheiben goldenes Kerzenlicht scheint. Es ist ein merkwürdiges Bild, fast wie aus einer anderen Zeit. Aus meiner Nachbarin ist plötzlich eine geheimnisvolle Unbekannte geworden, über deren Pläne und Vertrauenswürdigkeit ich keine Prognose wage.

Ihr warmer, schwarzer Wollumhang umschmeichelt ihren Körper, scheint ihre eleganten Bewegungen zu betonen. Geschmückt ist er mit einem auffälligen, sandfarbenen Pelzkragen mit dunklen Flecken. Fake wahrscheinlich. Kunst-Luchs. Aber irgendwie verleiht er seiner Trägerin etwas Wildes, Ungezähmtes. Sie wirkt, als sei der Wald ihr Revier, als gehöre sie mit jeder Faser ihres Körpers hierher. Ich hoffe nur, sie hat nicht die Ohren eines Luchses. Auch wenn das Laub unter meinen Füßen feucht ist und kaum raschelt, würde sie mich sonst vielleicht doch hören. Und ich würde ihr nur ungern erklären, was ich hier zu suchen habe.

Der Abstand zwischen uns hat sich allerdings schon vergrößert. Weit voraus sehe ich das schwankende Licht ihrer Laterne. Cleos Umhang bauscht sich und verwandelt ihre Silhouette in immer neue Formen. Die Szene hat etwas Surreales. Vom nahegelegenen Waldsee wehen ein paar Nebelfetzen herüber, die wie geisterhafte Hände nach ihr greifen. Als wollten sie die Frau vor meinen Augen hinüberziehen in eine andere Welt. Hatte ich schon erwähnt, dass ich nicht zu mystischen Spekulationen neige?

Natürlich passiert nichts dergleichen. Cleo bleibt fest verwurzelt in der Realität. Sie verschwindet nur um eine Wegbiegung, hinter der sie offenbar ihr Ziel erreicht hat. Stimmengemurmel tanzt um die Baumstämme, ich höre ein paar Satzfetzen und Begrüßungsworte. „Wurde auch Zeit!“ „Verschlafen?“ „… nicht zum Spaß hier.“ „… ja wohl typisch. Diese katzenhafte Unpünktlichkeit, wegen der wir…“

Vorsichtig schleiche ich näher und ducke mich hinter eine umgestürzte Buche. Von hier habe ich alles im Blick. Die gesamte, von dicken Bäumen gesäumte Lichtung, auf der sich etwa ein Dutzend Menschen versammelt hat. Die meisten haben sich auf dicken Steinen niedergelassen, andere sitzen auf Baumstümpfen oder ziehen es vor, stehen zu bleiben. Ich mustere die Anwesenden, einen nach dem anderen. Manche sind mir fremd, andere habe ich schon gesehen, ohne dass es zu einem Gespräch gekommen wäre. Die meisten aber kenne ich. Sarah ist da, die Besitzerin des alten Schulhauses. Emma aus der Bäckerei und Frederic, der Tischler, der mir meine Haustür eingebaut hat. Etliche Nachbarn, mit denen ich schon ein Schwätzchen über den Gartenzaun gehalten habe. Und Dougal.

Die vertrauten Gesichter aber wirken irgendwie… anders als sonst. Dunkler. Geheimnisvoller. Fremder. Es muss an der Atmosphäre liegen. Die Lichtung schimmert im warmen Schein von Laternen, die ähnlich aussehen wie die von Cleo. Doch in der endlosen Dunkelheit des Waldes wirkt der Kreis aus Licht verschwindend klein. Schon ein paar Meter entfernt tanzen die Schatten. Und was dahinter lauern mag – wer weiß das schon? Fröstelnd ziehe ich die Schultern hoch und krieche ein wenig tiefer in meine Jacke. Ich habe mich in Wäldern immer wohlgefühlt, nie irgendwelche absurden Ängste verspürt. Aber jetzt gerade…

Irgendetwas liegt hier in der Luft, das ich nicht einschätzen kann. Hinter dem Duft nach Blättern, Moos und Herbst wittere ich alte Rätsel und Geheimnisse. Die Präsenz der Wildnis, die geduldig auf der Lauer liegt. Das gelegentliche Knacken und Prasseln um mich herum kommt nur von fallenden Eicheln und Bucheckern. Und die Nebelschwaden haben keine Finger. Ich weiß das. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass mir die Nervosität auf zögerlichen Spinnenbeinen über den Rücken krabbelt.

… Fortsetzung folgt…

© Kea Ritter, Oktober 2023

*******1978 Frau
6.347 Beiträge
Die Wortkünstlerin.... *love* Lieben Dank für die bisherigen Teile... kann es kaum erwarten, wie es weitergeht!! Wie immer - hervorragend geschrieben. *hutab*
*******0_69 Paar
320 Beiträge
Wunderbar! Die Spinnenbeine krabbeln auch bei mir.... *feuerwerk*
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****012 Frau
476 Beiträge
Themenersteller 
Kapitel 2

Sarah scheint es auch zu spüren. „Der Wald ist unruhig heute Nacht“, sagt sie mit erstaunlich tiefer Stimme. Hat sie an hellen Sommer-Nachmittagen auch so geklungen?

„Kein Wunder“, entgegnet Dougal. „Wenn man bedenkt, was unsere heutige Zusammenkunft bewirken soll…“

Aha, jetzt wird es interessant! Seine Worte schmelzen sich in meine Gedanken. Ja, ich gebe es zu: Die Nachtgestalt des „dunklen Fremden“ wirkt nicht weniger faszinierend als seine Tagesform. Lässig lehnt er an einer Buche, ein angewinkeltes Bein gegen den Stamm gestützt. Auch er hat sich zur Feier des Abends in einen Umhang gehüllt, dessen Material ich aus der Entfernung nicht bestimmen kann. Irgendein schwarz schimmerndes Gewebe, das die Strahlen des Mondes einzufangen scheint. Statt mit Luchsfell ist der Kragen allerdings mit schwarzen Federn gesäumt. Und in diesem Fall habe ich keinen Zweifel, dass dieser Schmuck echt ist. Rabenfedern vermutlich. Sogar aus dem Zopf, zu dem er sein halblanges, dunkles Haar gebunden hat, fällt ihm ein Büschel davon über die Schulter. Merkwürdigerweise wirkt das an ihm nicht wie eine Verkleidung. Sondern authentisch und ausgesprochen männlich.

Ich glaube nicht, dass er diesen Aufzug nur wegen des Show-Effekts aus dem Schrank geholt hat. Es muss mehr dahinter stecken. Zumal sich die anderen Mitglieder der Runde für ein ganz ähnliches Outfit entschieden haben. Sie alle tragen Umhänge, manche auch Hüte in gedeckten Farben. Schwarz. Rauchgrau. Erdbraun. Und bei allen ist mindestens der Kragen mit einem Fell oder Federsaum verziert. Um Sarahs Hals schmiegt sich eindeutig ein Fuchspelz, Emma hat sich für Waschbär entschieden. Bei Alina, die schräg gegenüber von mir wohnt, bin ich nicht ganz sicher: Wolf? Vielleicht. So einem Tier bin ich noch nicht nahe genug gekommen, um sein Fell sicher identifizieren zu können.

Ich habe mich gerade in Spekulationen über die Natur von Frederics braun meliertem Federkragen vertieft, als der sich ungeduldig räuspert. „Können wir jetzt vielleicht endlich mal zur Sache kommen?“, beschwert er sich. Wie zur akustischen Unterstützung tönt ein langgezogenes „Huuuuuuuu-Huhuhuuuuuu!“ über die Lichtung. Und schlagartig wird mir klar, woran der Tischler mich erinnert: Ich könnte wetten, dass sein Mantel mit Eulenfedern gesäumt ist. Ich grinse in mich hinein. Der Typ ist mir schon immer ein wenig kauzig vorgekommen. Jetzt aber macht er den Eindruck eines ausgesprochen schlecht gelaunten Uhus.

„Schon gut, Frederic“, schnurrt Cleo und sieht alles andere als reumütig aus. „Es tut mir leid, dass ich zu spät gekommen bin. Unser Anliegen ist mir so wichtig wie allen anderen hier, glaub mir.“ Unbewusst streicht ihre linke Hand über ihren Luchspelz. „Ich hasse es, die Kontrolle zu verlieren.“

Das scheint allgemeiner Konsens zu sein. „Zum Glück ist noch kein Vollmond“, murmelt Sarah, und ihr Fuchskragen sieht aus, als würde er sich sträuben. Was natürlich eine optische Täuschung ist. „Sonst wäre es jetzt bald soweit. Ich will mich ja nicht beschweren, ich mag meine andere Gestalt. Aber tagelang auf vier Beinen durch die Gegend zu laufen und von Mäusen zu leben, ist auch nicht immer das reine Vergnügen. Letztes Mal musste ich mich nach der Rückverwandlung erstmal ein paar Stunden ins Bett legen, so erschöpft war ich.“

Wieder einvernehmliches Nicken in der Runde. „Der verdammte Vollmond“, knurrt Frederic. „Ich wünschte, wir könnten seiner Macht tatsächlich etwas entgegensetzen.“
Ich starre entgeistert in die Nacht und traue meinen Ohren nicht. Diese Leute glauben doch nicht ernsthaft, sie könnten… oder nein: Sie MÜSSTEN sich in bestimmten Nächten in Tiere verwandeln? Noch habe ich die Hoffnung, es könnte sich um ein sehr lebendig inszeniertes Rollenspiel handeln. Doch die Ernsthaftigkeit der Diskussion scheint mir nicht so recht dazu zu passen. Bei einigen Mitgliedern aus diesem rätselhaften Kreis meine ich sogar, eine leise Verzweiflung zu hören.

Dougal aber ist wie üblich die Souveränität in Person. „Ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns seine animalische Seite endgültig aufgeben will“, sagt er mit einem süffisanten Lächeln. „Ich für meinen Teil habe das ganz sicher nicht vor. Aber ich will mein eigener Herr sein. Selbst entscheiden, wann ich die Verwandlung vollziehe und wann nicht. Und ich glaube fest daran, dass wir das erreichen können.“

Große Güte! Ich scheine tatsächlich in einem Dorf voller Verrückter zu leben. Gerade von Dougal hätte ich solche Hirngespinste am wenigsten erwartet. Er ist mir immer wie ein selbstironischer Spötter vorgekommen, ohne jede esoterische Anwandlung. Und jetzt das! Gut, ich kann mir durchaus vorstellen, dass er eine animalische Seite hat. Nur eben auf erotischem Gebiet.

Die Vorstellung, dass ihm bei Vollmond Rabenfedern samt Schnabel und Flügeln wachsen, reizt mich eher zum Lachen. Aber dass er wirklich daran zu glauben scheint, erfüllt mich mit einem ausgesprochenen Unbehagen. Wenn das irgendwelche Wahnvorstellungen sind… wie weit kann man diesen Leuten dann trauen? Wozu mögen sie sich getrieben fühlen, wenn sie sich unter dem Einfluss des Vollmonds wähnen?


… Fortsetzung folgt…

© Kea Ritter, Oktober 2023

*********gel65 Frau
184 Beiträge
@****012
Oj jaaaaa.....Fortsetzung bitte bald.....wie spannend
*******ant Frau
27.179 Beiträge
Ich mag es total, wie du jeden Anflug von potenziell aufkommendem Kitsch erstickst. *g*
*****e45 Mann
2 Beiträge
Bin gespannt wie es weiter geht.....
It´s me!
*********ld63 Frau
8.131 Beiträge
Liebe @****012, was für ein spannender Plot!! *top* *bravo*

Es ist ja immer ein Hochgenuss, deine fein gewebten Geschichten zu lesen - aber dieses Mal: wooooow!!
Die mysteriösen Nachbarn sind also Gestaltwandler! *hypno*

Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen auf die Fortsetzung! *ungeduldig* Ganz toll geschrieben! *zugabe*
**********light Frau
1.401 Beiträge
@****012 da habe ich wohl eine neue Reihe bei dir verursacht hehe.
*********vibus Mann
944 Beiträge
Zitat von ****012:
Wozu mögen sie sich getrieben fühlen, wenn sie sich unter dem Einfluss des Vollmonds wähnen?
Das frage ich mich auch und harre ungeduldig der gewohnt fantasievollen erotischen Antwort.
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****012 Frau
476 Beiträge
Themenersteller 
Vielen Dank für Eure tollen Kommentare! Ich freu mich sehr, dass Ihr so mitfiebert! Und die versammelte Gilde der Gestaltwandler fühlt sich sehr geschmeichelt von dem Interesse. *freu*

Dann wollen wir doch mal sehen, was bei dieser mysteriösen Zusammenkunft herauskommt... *g*
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****012 Frau
476 Beiträge
Themenersteller 
Kapitel 3

„Die alten Quellen sagen ja auch, dass diese Kontrolle möglich ist“, nimmt Emma den Faden auf. „Wir haben ja bei unseren letzten Zusammenkünften häufig genug darüber gesprochen. Wenn wir es versuchen wollen, muss es heute sein. In der Nacht, wenn die Grenzen zwischen den Welten verschwimmen. Aber irgendwie…“ Sie versteckt die Nase in ihrem Waschbär-Kragen. „Die Methode gefällt mir einfach nicht. Macht und Kontrolle hin oder her.“

„Mir auch nicht“, bestätigt Cleo. „Deshalb bin ich auch zu spät gekommen. Ich habe bis vor einer Stunde noch Bücher und Internet nach einer Alternative durchstöbert. Hinweise gesucht, ob man diese Macht nicht auch anders erlangen kann.“

„Und?“, fragt ein mir unbekannter Mann, dessen Pelzbesatz verdächtig an ein Bärenfell erinnert. „Kann man?“

„Ich weiß nicht recht.“ Cleo zuckt ratlos die Schultern. „Das einzige halbwegs Brauchbare, das ich gefunden habe, stammt von einem Geografen des 16. Jahrhunderts. Olaus Magnus, ein schwedischer Geistlicher.“

Alina schnaubt verächtlich. „Ein Pfaffe? Dann würde ich nichts darauf geben. Die haben doch jahrhundertelang nur haarsträubenden Blödsinn über uns verbreitet.“

Cleo grinst. „Gerade Du wirst begeistert sein, Alina. Er schreibt ausdrücklich über Menschen, die sich bei Vollmond in Wölfe verwandeln. Seiner Schilderung nach brechen sie dann in die Häuser von Leuten ein und fressen deren Vorräte.“

„Als wenn ich das nötig hätte!“ Alina scheint tatsächlich ein wenig beleidigt von derlei Unterstellungen.

„Du natürlich nicht, Liebes“, begütigt Cleo. „Aber darum geht´s nicht. Weiter schreibt er nämlich, die Werwölfe hätten an der Grenze zwischen ihrer eigentlichen Heimat und dem Umland eine Mauer errichtet…“

„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!“ Dougal verleiht seiner Stimme einen erkennbar sächsischen Einschlag. „Ich wusste gar nicht, dass Walter Ulbricht Werwolf war…“

Cleo wirft ihm einen strafenden Blick zu, geht aber über seinen unpassenden Einwurf hinweg. „Wie gesagt: Sie sollen zwischen Litauen und dem Kurland eine Mauer errichtet haben. Und einmal im Jahr versammelten sie sich dort, um darüber zu springen und so ihre Kraft zu zeigen. Wer das nicht schaffte, verlor sein Ansehen und seine Macht.“

„Und die Fähigkeit, die Verwandlung zu kontrollieren?“, fragt Frederic skeptisch. „Das klingt aber ein bisschen weit hergeholt, oder?“

„So direkt schreibt er das auch nicht“, räumt Cleo ein. „Ich dachte nur, es wäre vielleicht eine...“ Sie sieht etwas unbehaglich in die Runde. „Na ja: Eine harmlosere Alternative. Bei der niemand zu Schaden kommt.“

„Außer uns vielleicht“, wirft Sarah trocken ein. „Was stellst Du Dir vor? Sollen wir über die Friedhofsmauer springen? Die ist doch bestimmt zwei Meter hoch. Und nicht alle von uns sind Sportskanonen wie Du, Luchs-Lady!“

„Na ja, manche von uns haben Flügel…“ Dougal grinst selbstgefällig. „Aber ich finde auch, wir sollten bei unserem ursprünglichen Plan bleiben. Mehrere Quellen berichten unabhängig voneinander, dass es so funktioniert. Und wenn Ihr Skrupel habt…“ Er sieht von einem zur anderen. „Ich wäre bereit, es zu versuchen. Heute Nacht noch.“

Stille legt sich über die Lichtung. Ein schweres, unbehagliches Schweigen. Selbst der Wald scheint sein nächtliches Raunen eingestellt zu haben, als belaste ihn ein verhängnisvolles Wissen. Ich halte den Atem an. Was zum Henker haben sie vor?

„Gut“, sagt Alina und zeigt ein ausgesprochen wölfisches Lächeln. „Wenn keiner es versucht, werden wir nie Gewissheit haben. Also, viel Erfolg, Dougal! Wirst Du denn bei dem Opfer bleiben, das Du neulich schon im Auge hattest?“

Ein Opfer? What the fuck?! Das Grauen schleicht näher und späht durch die Haselnussbüsche.

„Natürlich!“ Auch Dougal wirkt gerade alles andere als vertrauenserweckend. „Wer, wenn nicht sie?!“

Ich fahre zusammen. Plötzlich bin ich ganz sicher, dass er von mir spricht. Die Gewissheit packt mich mit kalten Klauen im Genick. Wer… wenn… nicht… sie… Meine Gedanken rasen, als ich mich so leise wie möglich zurückziehe. Nur nicht auf ein Ästchen treten, nur kein Geräusch machen! Cleo scheint schon den Kopf zu heben und misstrauisch in die Dunkelheit zu spähen. Hat sie etwas gehört?

„Quatsch!“, hämmere ich mir ein. „Komm auf die Füße! Schnell! Leise! Ehe es zu spät ist!“ Ich bleibe hier keine Sekunde länger! Allein im Wald mit einer Bande von unzurechnungsfähigen Möchtegern-Werwölfen, die wer weiß was vorhaben...

Das Letzte, was ich höre, ist Sarahs sanfte, versonnene Stimme: „Vergiss nicht, mein Lieber: Es muss Blut fließen…“


... Fortsetzung folgt...

© Kea Ritter, Oktober 2023

*********gel65 Frau
184 Beiträge
Boah is das schaurig-schön @****012

Ich bin jetzt aber gespannt, ob Dougal die Protagonistin wirklich als Opfer auserkoren hat....
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****012 Frau
476 Beiträge
Themenersteller 
Ich bin jetzt aber gespannt, ob Dougal die Protagonistin wirklich als Opfer auserkoren hat....

Wer weiß, wer weiß, @*********gel65! *floet*

Es gibt nur zwei Wege, das herauszufinden: Entweder selbst in einem nächtlichen Wald herumschleichen und eine Bande Werwölfe belauschen. Oder bis Freitag abwarten... *zwinker*
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