Der Tisch
Endlich aus dem Dornröschenschlaf erwacht, hab ich eine kleine Story angefangen. Um weiter am "Ball" bleiben zu "müssen", poste ich jetzt den Anfang.Danke Bine für den Anstoss!
Der Tisch
Endlich hatte sich mein Traum erfüllt. Ich hatte eine Wohnung gefunden mit Terrasse und kleinem Garten. Dank meiner Kumpels ging der Umzug problemlos über die Bühne. Da stand ich nun, nachdem der letzte Helfer gegangen war, fix und fertig aber überglücklich, zwischen Kartons, Kleidersäcken, Pizzaschachteln vom Umzugsessen und vielen vielen Ideen für mein neues Reich. Ich fischte aus der Kiste mit der Aufschrift „Krimskrams“ eine dicke Kerze, schnappte mir einen Stuhl und setzte mich auf die Terrasse. Im Kerzenschein tanzte der Schatten des Himbeerstrauchs. Meine Gedanken wanderten zurück zu Werner.
Die Trennung verlief ruhig und harmonisch. Man wünschte sich Glück und versicherte sich gegenseitig, sich bald mal auf ein Bier zu treffen. Wissend, dass man es bleiben lassen würde.
„Scheiße! Verschlafen!“ schoss es mir durch den Kopf, als ich von fremden Geräuschen geweckt wurde. Es dauerte einige Sekunden, bis ich realisierte, dass ich auf der Matratze auf dem Boden meiner neuen Wohnung lag und ich eine Woche frei genommen hatte für den Umzug. Fein. Die Sonne schien, im Bad stand der mit „Bad“ gekennzeichnete Umzugskarton und in der Küche der mit „Kaffee – WICHTIG!“. Erst mal die Espressokanne aufstellen. Gasherd. Ich liebe es, mit Gas zu kochen. Während das Wasser langsam durch die Kanne nach oben sprotzelte um als schwarzbraunes Lebenselixier meinen Tag in einen Guten zu verwandeln, weihte ich die Duschkabine ein.
Ich genoss das Gefühl des feuchten Rasens, als ich barfuß, ein schnell herausgezupftes Kleidl übergezogen, in einer Hand die Kaffetasse, in der Anderen eine Zigarette, durch meinen kleinen Garten schlenderte. Tomaten! Ich will Tomaten anpflanzen. Das „Dingdong“ meiner neuen Klingel erinnerte mich an die Verabredung mit Klaus, meinem „Heimwerkerkingkumpel“. Wir schafften allerhand an dem Tag. Er baute auf, ich räumte ein.
„Oh-oh Mel! Ein Umzugsopfer gibt es. Deinen Esstisch.“
Ein Riss verlief quer durch die Holzplatte. „Aber kann man da nicht irgendwie…“
„Vergiss es Melanie, der Tisch ist hin.“ Egal. Neue Wohnung – neuer Tisch. Tabula rasa sozusagen. Am Abend sah alles schon ziemlich wohnlich aus.
Meine Freundin Gabriella brachte Brot und Salz an ihrem ersten Besuch in meinem neuen Heim mit. Sie war ebenso begeistert wie ich über die Lage, die Raumaufteilung und den Garten. „Hast du auf de Tische getanzt? Isch kann die Kapuut mitnehme und in die Kamine verbrenne.“ sagte sie in ihrem bezaubernden Akzent.
„Ach, das war Schicksal. Der Tisch musste einfach zerbrechen. Zu viele Sorgen wurden an ihm besprochen. Zu viel Streit musste er anhören.“
„Mel, isch kenne eine gigantise Möbelmannschweißer! Lass dir make Tisch aus Eisen. Sieht supercool ausse. Hier hast du Nummer.“ Sie legte eine Visitenkarte auf mein Knie, küsste mich sizilianisch freundschaftlich links und rechts, schnappte den Holztisch und weg war sie.
>Möbel zum Weitervererben< stand auf der Karte. Darunter Vorname und Telefonnummer. Daneben das Bild von einer Art Thron. Was soll ich damit? Ich will keinen Tisch für eine Burg!
Die finalen Dekoarbeiten füllten meine Tage aus. Ich war happy. Nur das Essen auf den Knien ging mir langsam auf die Nerven. Ich brauchte einen Tisch. Aber ich wollte etwas Besonderes. Nichts X-beliebiges aus einem Möbelhaus mit Hip-Hop-Sound. Ich kramte die Visitenkarte wieder hervor und beschloss, einfach mal anzurufen.
Ich ließ es sehr lange klingeln. Als ich schon auflegen wollte, meldete sich eine ruppige Stimme mit „Wer stört?“ Einigermaßen verblüfft stammelte ich meinen Namen und den Grund meines Anrufes. „Ich mach keine Normalomöbel. Geh doch zu Karstadt oder Gallery M!“ Wütend knallte ich den Hörer auf die Station und zerriss die Visitenkarte in kleine Schnipsel. So ein Arsch! Das hätte er auch freundlicher sagen können!
Ich machte es mir abends wieder auf der Terrasse gemütlich. Ein Frühstücksbrett mit kleinen Häppchen auf den Knien, fiel mir der unverschämte Kerl wieder ein. „Pah – Normalomöbel. Was macht er denn Anderes?“ Vom Rotwein ermutigt ging ich meine Telofonliste der geführten Gespräche durch. Ich drückte auf Wiederwahl und bekam nach dreimaligem Klingeln Anschluß. „Was gibt es?“ „Hör zu, Du eingebildeter ……ok…sorry….ich bins. Die mit dem Tisch. Ich will keinen Normalotisch. Ich will einen Tisch, der mit mir mein neues Leben anfängt!“
„Melanie?“ „Ja verdammt.“ Stille.
„Es tut mir leid, dass ich so unfreundlich war. Ich hatte nur gerade…egal….also du willst einen Tisch. Keinen aus dem Möbelhaus. Von mir gefertigt. Weißt du denn welche Art Möbel ich herstelle?“
„Auf deiner Karte war ein Stuhl. Sah aus wie für einen Ritter gemacht.“
„Hast du dir den Stuhl näher betrachtet? Ist Dir etwas aufgefallen?“
„Nein. Ich hab deine Karte fast pulverisiert nach deiner Anschnauze!“
„Welche Vorstellung hast du von deinem >neuen Leben<?
Das ging mir dann doch zu weit. Ich wusste es doch selbst nicht. Ich hatte nur eine Ahnung von dem, was ich nicht mehr wollte. Wie und warum sollte ich das mit einem Wildfremden besprechen?
„Ok, wenn Du magst, komm morgen Nachmittag vorbei und mach Dir selbst ein Bild von meinen Arbeiten.“ Er nannte mir seine Adresse und wir verabredeten uns.
To be continued.