Der Tisch - letzter Teil
Ja,Ja! Man könnte vielleicht "Rosamunde Pilcher in Hardcore" dazu sagen. Aber mir war halt so romantisch zumute!
Der Tisch – Die Zuneigung
Ich fischte mit den Zehen den Morgenmantel aufs Bett, um ihn auf das nasse und mittlerweile kalte Bettuch zu legen. Wir kuschelten uns seitlich aneinander und genossen die Nähe. War ich verliebt? Nein. Das ist nicht möglich nach so kurzer Zeit. Oder doch? Er interessierte mich. Erregte mich. Ich fand ihn witzig, anziehend und unglaublich sexy. Aber verliebt? Ich schob den Gedanken beiseite und genoss seine Hand auf meiner Brust. Kein noch so dünnes Blatt hätte zwischen meinem Rücken und seinem Bauch Platz gefunden. War es eine Stunde? Mehrere? Ich hatte kein Zeitgefühl mehr. Irgendwann wachte ich durch einen kleinen Kuss auf meinem Ohr auf.
„Mel, ich mag dich sehr. Da ist eine Anziehungskraft zwischen uns, ich kann sie nicht beschreiben. Klar hat es auch mit Lust zu tun. Aber du interessierst mich einfach. Ständig erwische ich mich dabei, bei der Arbeit die Gedanken zu dir schweifen zu lassen. Ich bin eingefleischter Single. Aber ich frage mich oft, was du wohl gerne isst. Wie du als Kind warst. Wovon du träumst. Manchmal schließe ich die Augen in der Werkstatt und spüre deine zarte Haut. Du bringst mich zum Lachen und zum Nachdenken. Ich wünsche mir dass es dir gut geht. Ich möchte dich glücklich sehen. Verdammt. Ich möchte dich glücklich machen!“
„Schhhh…hör auf. Lass uns geniessen was wir fühlen. Und nicht darüber nachdenken, ja? Für mich kommt eine Beziehung nicht in Frage. Ich bin gerade aus einer geflüchtet. Auch wenn sie eigentlich schon seit Jahren vorbei war. Legst Du eine CD ein? Ich hab Hunger. Ich mach uns Frühstück.“
Tom Petty war genau das, was zu unserer Stimmung passte. Ich liess Badewasser ein und überlegte, wie wir in der Wanne frühstücken könnten. Lächelnd schob er ein übriggebliebenes Regalbrett über den Badewannenrand in die Mitte. Ich mochte es, wie praktisch er veranlagt war. Wir kicherten, fütterten uns gegenseitig, ich las ihm meine Lieblingsstellen aus „Die Bibel nach Biff“ vor und ich musste mir eingestehen, dass ich lange nicht so gelöst und zufrieden war.
„Lass uns zum botanischen Garten fahren! Da ist eine „Schmetterlingsausstellung“!“ Er brummte zustimmend, während er mich abtrocknete. „Ok, lass uns gehen. Wundert mich gar nicht, dass Du Schmetterlinge magst. Bist ja selber einer.“
Er küsste meine Nasenspitze.
In seinem Auto herrschte ein charmantes Chaos. Um meine Füße klimperten unzählige leere Red Bull–Dosen. Post-ist bedeckten das Armaturenbrett und CD´s lagen umher.
Fasziniert beobachteten wir die Abermillionen leuchtenden Schmetterlinge und fühlten uns wie in einer anderen Welt. Das Geräusch ihrer Flügel war mit keinem anderen vergleichbar. Es war wie ein sehr zartes Flüstern. Und wir standen mittendrin und konnten nicht aufhören, zu lächeln.
In den nächsten Wochen trafen wir uns nur selten. Victor hatte einen größeren Auftrag zu erledigen und kam anscheinend selten dazu, an meinem Tisch weiterzuarbeiten. Sobald ich eine leise Sehnsucht nach ihm verspürte, versuchte ich mich davon abzulenken. Ich ging viel aus, traf meine Freundinnen und fing wieder an zu schreiben.
Als ich im Garten werkelte, klingelte das Telefon. „Mel, kannst Du herkommen? Ich habe eine Überraschung für Dich!“ Es war schön, seine Stimme zu hören.
Auf der Fahrt ärgerte ich mich, dass ich mich nicht umgezogen hatte. Ich hatte Grasflecken auf der Jeans und die erdverschmierten Hände am Shirt abgewischt
Der Tisch. Bestimmt war der Tisch fertig. Ich drehte die Musik lauter und sang lauthals mit.
„Süß siehst du aus.“ Er nahm meinen Kopf in die Hände und wir küssten uns mit sehr viel Gefühl und Leidenschaft. „Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du mir gefehlt hast. Komm, ich zeig dir was.“ Aber anstatt zur Werkstätte zog er mich in sein Haus. Mitten im Wohnzimmer stand er. Mein Tisch. Er war unglaublich schön. Das dunkle Holz der dicken Tischplatte schimmerte im Sonnenlicht. Darunter verborgen der Rahmen. Nur die Ösen waren zu sehen.
„Warum steht er hier? Kannst du ihn mir liefern?“
„Melanie. Er steht da wo er hingehört. Wo Du auch hingehörst. Zu mir. Deinen Umzug erledigen wir am Wochenende.“
Mit einem leisen Klirren legte er die Ledermanschetten auf unseren Tisch.