Meine einfache Antwort: Ich sage, was ich will. - Meine nicht so einfache Antwort: Ich hatte das Problem früher auch und glaubte nicht, mit meinen damaligen Freundinnen über meine sexuellen Wünsche (BDSM) reden zu können. Bei mir war das vermutlich Angst vor Ablehnung, d.h. ich näherte mich im Lauf der Beziehungen dem Thema an. Mein Coming out war allerdings ziemlich problematisch.
Lasse mich deine Frage in eigenen Worten wiedergeben. Du bist mit deiner Situation unzufrieden. Du willst mit deiner Partnerin über neue sexuelle Dinge sprechen und sie mit ihr ausprobieren, sie verschließt sich aber, d.h, sie spricht über das Thema (aus welchen Gründen auch immer) nicht. Damit gibt es kein Ergebnis im Sinne einer Änderung. Du unterstellst ihr Angst, aus sich heraus zu kommen. Du glaubst nicht, dass sie authentisch ist und genau das tut, was sie will. D.h., du unterstellst, über ihr Innenleben besser Bescheid zu wissen als sie selbst. Sie ist das, was man (in Bezug auf sich selbst) einen Kontrollfreak nennen kann. Sie lässt sich nicht gehen, wie du es formulierst. Du befürchtest, sie zu verärgern, wenn du das Thema nachhaltig verfolgst.
Abwechslung kann vieles sein, unklar ist, was du dir tatsächlich wünscht. Damit bleibt die Diskussion und damit natürlich auch mein Beitrag auf einer abstrakten Ebene.
Ich behaupte, dass es immer einen Grund dafür gibt, warum wir uns so und nicht anders verhalten. Es wird daher auch einen konkreten Grund geben, warum sie sich verschließt. Ich agiere nach der Regel: Reden können wir über alles, tun müssen wir gar nichts. Aber Gedanken- und Redefreiheit ist in meiner Wertewelt eine unbedingte Voraussetzung für eine Beziehung auf Augenhöhe. Viele Menschen haben aber Tabu-Themen, die nicht einmal angesprochen werden können. Wenn das doch passiert, reagieren sie nicht mehr rational.
Was ist nun eigentlich das Problem? Wenn sie zufrieden mit ihrem bzw. eurem Sexualleben ist, gibt es für deine Partnerin keinen Grund, etwas zu ändern. Wenn du nicht zufrieden bist, ist es an dir, etwas zu ändern. Ich sehe eine überschaubare Menge an Alternativen. (1) Sie kommt dir entgegen, obwohl sie keinen eigenen Grund dafür hat. D.h., sie tut etwas für dich was sie zwar nicht braucht, aber auch nicht ablehnt. (2) Du vergisst den Wunsch nach Abwechslung und lebst weiter so wie bisher. (3) Du trennst dich, da die fehlende Abwechslung für dich subjektiv wichtiger ist als das Zusammensein, wie es jetzt ist. (4) Du erfüllst dir deine Wünsche, aber nicht mit deiner Partnerin. Grundsätzlich kann auch eine Alternative (5) angedacht werden: Sie "entwickelt" sich, und zwar in deinem Sinne.
Zu Alternative (1) kann die Frage geklärt werden, wie es um die Offenheit steht, in sexueller Hinsicht etwas zu tun. Jeder Mensch hat seine Wünsche und Grenzen, die Frage ist nur, wo sie sind. Für mich unterscheide ich in einen Ja-Bereich (das will ich aktiv, ohne dem verleugne ich mich, ohne dem ist mein Sexualleben nicht zufriedenstellend, in letzter Konsequenz muss ich mich nach einem passenderen Sexualpartner umsehen), einen Nein-Bereich (das kommt für mich gar nicht in Frage, das will ich nicht, wird das von mir gefordert, tue ich es nicht und ich akzeptiere eine Trennung oder dass sich mein Partner das, was er/sie will, woanders holt) und einen großen Zwischenbereich (ich kann ohne leben, tue das aber mit Freude für meinen Partner, und mit "dir" tue ich es auf jeden Fall). - Wo liegen deine Wünsche nun bei deiner Partnerin? Mein Zwischenbereich ist riesig, mein Nein-Bereich ist klein.
Alternative (2) bedeutet, dass du nichts tust. Wird dann etwas von alleine passieren?
Alternative (3) bedarf keiner weiteren Erklärung. Du hast ihre Wünsche gegen deine Grenzen abgeglichen, bemerkt, dass deine Wünsche ihre Grenzen überschreiten, du willst nicht auf deine Wünsche verzichten und brauchst eine andere Partnerin.
Alternative (4) ist m.E. eine sehr gute Option, solange auch deine Partnerin dies bejaht. Die Frage dahinter ist: Will deiner Partnerin dir etwas nicht gewähren? Oder will nur sie persönlich es dir nicht geben?
Alternative (5) bedingt, dass ihr euch beide entscheidet, euch als Persönlichkeiten zu entwickeln.
M.E. geht es ohne miteinander zu reden nicht. Sie muss wissen, was dich bewegt. Sie muss sich dazu klar artikulieren. Das setzt voraus, dass sie zuhört. Macht sie zu, wie man sagt, d.h. sie bricht die Kommunikation ab, dann redet ihr nicht miteinander. Wie reagiert sie, wenn du sie direkt ansprichst und ihr sagst: "Du bist mir wichtig. Aber mein Sexualleben ist mir auch wichtig. Ich will, ich muss mit dir darüber reden." Das macht man nicht zwischen Tür und Angel. Vereinbare einen Termin mit ihr und Gesprächsregeln. Das Zwiegespräch nach Lukas Möller, eine Gesprächstechnik nach bestimmten Regeln, kann hier nützlich sein und Ideen liefern.
Die erste Idee, die mir beim lesen deiner Frage kam, ist professionelle Unterstützung, z.B. durch einen Paartherapeuten. Bei der Gelegenheit könnt ihr u.a. neue Wege zu kommunizieren erlernen und eure Beziehung reflektieren. Fraglich ist, ob deine Partnerin darauf einsteigt. Wenn sie eine Paartherapie als Chance sieht, die Beziehung weiter zu entwickeln (Sex hin oder her), dann ist das die richtige Einstsellung und ihr könnt tatsächlich sehen, was sich tut. Wenn sie auf dem Standpunkt steht, dass alles ok ist aus ihrer Sicht und du sie nur zur Paartherapie schleppen willst, weil du sie manipulieren willst, dann hast du verloren. Um heraus zu kriegen, ob sie darauf einsteigt, wirst du deinen Wunsch nach Abwechslung thematisieren müsssen. D.h., du wirst ihr klar kommunizieren müssen, dass dir dein derzeitiges Sexualleben amit ihr nicht ausreicht, dass du glaubst, dass es für dich viel zu entdecken gibt, dass du diese Entdeckunsreise gerne (aber nicht um jeden Preis nur) mit ihr machen willst und dass du glaubst, dass ihr in dieser Hinsicht feststeckt und daher einen Moderator für sinnvoll hältst. - Stets natürlich nur, wenn du das tatsächlich so siehst.
Wenn sprechen nicht geht, geht vielleicht ein anderer Kommunikationsweg wie lesen. Hast du ihr schon einmal einen Liebesbrief geschickt (ja, schriftlich auf Papier)? Thema wäre dann nicht ein konkreter Wunsch zur sexuellen Abwechslung, eine konkrete Forderung von dir, ein Vorwurf an sie, sondern der viel dringendere Wunsch nach Kommunikation (womöglich nicht nur) zu diesem Thema. Du teilst dich mit, schreibe in der Ich-Form, wähle Ich-Botschaften ("Ich finde keinen anderen Weg dir zu sagen, dass..."; "Mir fehlt... Ich suche...") und keine Du-Botschaften ("Du blockierst ein Gespräch." "Dein Kotrollzwang steht dir/uns im Weg"...), drücke deine Gefühle aus. Sie liest den Brief, du bist dann nicht da, sie kann deinen Brief in Ruhe ohne deinen Blick auf sie gerichtet lesen (das kommt ihrem Kontrollbedürfnis entgegen), sie kann darüber in Ruhe reflektieren und sich eine Antwort überlegen, ohne unter Zeitdruck zu stehen. Vielleicht druckst du auch ein paar Antworten aus dem Forum auf deine Frage ab und legst sie bei.
Ich lese gerade ein tolles Buch: Liebe, die immer noch schöner wird, von Jörg Berger. Ich bin darüber in einer Buchbesprechung gestolpert. Hier geht es nicht um Sexualität aber um Beziehung. Auch solche Bücher können Ideen und Anregungen liefern und vielleicht greift deine Frau nach dem Buch und ihr lest es beide.
Wenn gar nichts mehr hilft wirst du dich entscheiden müssen: Leidest du mir mit deiner Partnerin in deiner Beziehung? Oder leidest du mehr durch eine Trennung? Was ich nicht tun würde ist zu lügen. D.h., etwas hinter ihrem Rücken zu tun ("betrügen") oder dich selbst zu belügen, bis zur Selbstverleugnung. Du willst dein Leben leben, du bist ein Mensch, du hast die Freiheit zu wählen. Das gilt auch für deine Partnerin.