Abitur 1983.
Meine Eltern hatten einen "Gemischtwarenladen": Eine Aral-Tankstelle mit Angestellten für Wagenpflege und Wartungsarbeiten sowie Reifenhandel als Ausbildungsbetrieb. Einen Bosch-Dienst als Meisterbetrieb. Vermietung von ca 50 Parkplätzen, im Freien, in Hallen oder Einzelgaragen, vom ADAC empfohlen, weil rund um die Uhr bewacht. Und zwar deshalb bewacht, weil noch ein Hotel mit 18 Zimmern dazu gehörte. Und das alles in Frankfurt auf einem einzigen Grundstück!
Für mich war immer klar, dass ich das weiterführen werde. Ich bin da aufgewachsen, wir wohnten ja im Nachbarhaus. Bereits als junger Teenager half ich da mit, hatte mit 15 einen offiziellen Mini-Job dort und kannte alle Abläufe.
Nach dem (guten) Abi hatte ich null Bock auf weiteres Lernen. Hatte mich zwar für BWL eingeschrieben und sogar in Frankfurt einen Studienplatz zugewiesen bekommen, diesen aber für eine kaufmännische Ausbildung bei BMW AG Frankfurt sausen lassen.
Die Ausbildung war unterirdisch, man muss die wohl am Hauptsitz machen. Ich empfand die Zeit als billige Arbeitskraft für Hiwi-Tätigkeiten. So war meine erste Aufgabe, einen wilden Berg von 30.000 Lieferscheinen nach Nummer zu sortieren. Es half nichts, dass ich nach 1.000 Stück sagte, ich könne nun zählen.
Meine Eltern überraschten mich allerdings während dieser Zeit mit dem Entschluss, aus gesundheitlichen Gründen schnell alles zu verkaufen. Außerdem wollten sie nicht, dass ich es weiterführe, weil sie der Meinung waren, dass das zu wenig abwerfe. Mein Vater hatte nie die Chance gehabt, Betriebsmanagement zu lernen und sicher Fehler gemacht.
Mit dem Verkauf wurde auch das Wohnhaus verkauft. Sie zogen 30 km weit weg in eine Mietwohnung und ich flog aus Hotel Mama.
Daher wollte ich trotz unzureichender Ausbildung bei BMW bleiben, hatte auch ein vielversprechendes Angebot des Personalchefs. Allerdings hat sich später der Niederlassungsleiter über mich so geärgert (obwohl er selbst Schuld hatte), dass ich keine Zukunft hatte.
Da ich nun meine Miete verdienen musste, und keinen Kfz-Hintergrund mehr hatte, habe ich mich nach Jobs umgesehen. Dabei lag mein Fokus auf großen Betrieben mit Hauptsitz in Frankfurt.
Am Ende hatte ich einen gut bezahlten Job bei einer Bank, die mit mir das Experiment machen wollten, ob man auch einen Nicht-studierten auf diesen Posten setzen kann. Das Gehalt ist dann 25% geringer, was ich erst später wusste. Ich beriet in der Folge große Mittelständler zu Risiken aus Währungs- und Zinsrisiken und stieg durch Leistung auf. Ich verdiente aber immer, bis heute, 35 Jahre später, weniger als die Uni-Abgänger, da ich die Kollegen nie überholen konnte, selbst bei nachgewiesener besserer Vertriebsleistung. Und auf Führungspositionen wurde ich ignoriert.
Nach 27 Jahren Vertrieb bin ich in die Revision gewechselt. Auch hier ist niemand ohne Studium. Arbeitsmäßig aber ganz anders als vorher.
Heute empfinde ich ein Studium, was ja als Bachelor schneller geht als früher, für unverzichtbar, um - außerhalb des Handwerks oder einer Beamtenlaufbahn - gutes Geld zu verdienen. Deshalb rate ich jedem dazu. Es ist langfristig gut investierte Zeit