Pearl,
ich kann Deine Empörung und Deine Verletztheit gut verstehen: Man erwartet von Eltern doch eigentlich, das sie einen so nehmen wie man ist, und das die Menschen sind, die sich die allergrößte Mühe geben, ihre Kinder zu verstehen und zu unterstützen.
Jaaaa - aber: Andererseits hast Du auch schon gehört, das man als Mensch in den Augen seiner Eltern irgendwann nicht mehr altert, und Eltern - gerade wenn sie selbst älter werden und die Kinder das Haus verlassen - sich an diese Vorstellung klammern.
Irgendwo da im Kopf von Muttern und Vattern bist Du noch sieben, oder zwölf, oder fünfzehn - das Mädchen, auf das Deine Eltern stolz waren (und sind), und das Du gewissermaßen immer bleiben wirst. Das ist das Bild, in dem Eltern sich der Illusion hingeben, das ihre Erziehung "gewirkt" hat, und das das Kind nie all die Fehler und Dummheiten und Enttäuschungen durchmachen will, die die Eltern gemacht haben - weil sie's Dir ja beigebracht haben. Und dann kommt die Pubertät.
Was ich sagen will, ist: Ja, Deine Eltern sind intolerant. Warum? Ich vermute, weil sie geschockt sind: "Unser" Mädchen macht sowas - und dann fällt ein Luftschloß in sich zusammen. Gerade das die Hefte herumliegen und Spielzeug zwischen den Handtüchern versteckt ist, zeigt die Ursache der Reaktion: Deine Eltern haben sich mit ihren eigenen Wünschen und Bedürfnissen nie richtig befasst, sondern sind Kompromisse eingegangen.
Jetzt kommst Du, und tust etwas was sie nur zu gut verstehen, aber sich nie eingestanden haben - und ich meine nicht explizit den Dreier, sondern der freiere Umgang mit dem ganzen Thema.
So schwer's auch fällt: Versuch mal ihre Seite zu sehen. Sie haben sich Jahrzehnte lang irgendwie verbogen, und können fast nicht anders als Deine Geschichte als Angriff sehen - und reagieren darauf zugegebenermaßen schlecht, aber auch verständlich: Zurück angreifen, Deinen Ruf bedrohen bevor Du ihren gefährden kannst.
Ich rate Dir: Renn nicht weg. Geh in die Offensive, stelle sie zur Rede, lass sie nicht aus dem Zimmer bevor Du nicht erklärt hast, das es aus Deiner Sicht nichts schlimmes ist - aber Du verstehen kannst, das sie das anders sehen. Lenk das Thema von den Details weg, sondern bring es in Richtung Zwischenmenschlichkeit, Liebe, Gefühlsausdrücke, Lebensgefühl. Sag ihnen, warum Du machst was Du machst, und was es für Dich bedeutet. Sag ihnen, das Du sie lieb hast (auch wenn Dir nicht danach ist), und das Du dich dank Ihnen so frei fühlst, so zu sein wie Du bist.