Die Frage, ob BDSM Lebensart oder Facette der eigenen Sexualität ist, finde ich bisher total schwer zu beantworten und in letzter Zeit tendiere ich wie gesagt eher dazu, mich gar nicht mehr als BDSMlerin zu sehen.
Meine Art von D/S oder was auch immer es ist kommt am besten in dem Roman "Lolita" von Vladimir Nabokov rüber. Und ja ich weiß, dass das keine BDSM-Geschichte wie die O oder Fifty Shades ist. Ich las das Buch zum ersten Mal mit 14, ich stibitzte es aus dem Bücherregal meiner Eltern. Und es bereitete mir zahllose schlaflose Nächte und verwirrende Sehnsüchte. Ewig kreisten meine Gedanken nur um dieses Buch.
Warum? Lolita ist vollständiger Besitz von Humbert. Sie ist ihm absolut und vollkommen ausgeliefert, sie ist abhängig von ihm, sie muss tun, was er will. Aus seiner Sicht geht es um Liebe (was man als erwachsener Leser natürlich als Störung einordnen kann, mit 14 konnte ich das noch nicht). Es hat mich damals tief berührt.
Ich war in meinem Leben schon öfters verliebt und hatte mehrere Beziehungen, aber es ging alles nicht so tief. Bis ich meinen Herrn getroffen habe. Mit meiner wachsenden Liebe zu ihm wurde dieser Wunsch immer stärker, ihm vollkommen zu gehören, sein Eigentum zu sein, mit allen Konsequenzen. Es ist nicht beliebig auf alle möglichen Männer übertragbar, es beschränkt sich nur auf ihn. Mit einem anderen Mann könnte ich mir das nicht vorstellen. Ich war in meinen Beziehungen immer freiheitsliebend, unabhängig, eigenständig, selbstbestimmt. Aber jetzt will ich ihm gehören, ihn über mich bestimmen lassen. Ich habe irgendwann angefangen, ihn bei allem möglichen von mir aus nach seinem Einverständis zu fragen. Das ist mir extrem wichtig, ich halte mich strikt an seine Anweisung und würde sie niemals missachten.
Ich brauche keine starren Regeln und kein bestimmtes Verhalten von meinem Herrn. Es ist tief in mir drin verinnerlicht, dass er mir überlegen ist, dass er führt, dass er den Weg vorgibt, dass es zwischen uns keine Augenhöhe gibt. Auch wenn wir kuscheln, lachen oder ich meine Meinung sage.
Bei uns gibt es auch keine Sessions. Es gibt Sex und Sex beinhaltet meistens SM. Manchmal aber auch nicht, dann gibt es nur ganz normalen Sex. Das Machtgefälle ist für mich auch dabei immer spürbar, denn ich weiß, dass ich ihm gehöre.
Manchmal gibt es auch SM ohne Sex, zum Beispiel zur Strafe (dann natürlich Dinge, die ich nicht "mag") oder einfach, weil mein Herr gerade Lust darauf hat. Oder er gibt mich zur Benutzung an andere, obwohl mein monogames Herz das nicht so mag. Aber ich mag, dass er es trotzdem tut, weil er nun einmal das Sagen hat.
Für mich geht es nicht um bestimmte SM-Praktiken oder sexuelle Fantasien, die unbedingt umgesetzt werden müssen. Sex spielt in unserer Beziehung tatsächlich eine eher untergeordnete Rolle. Es geht um uns, um genau diese zwei Menschen und ihre Liebe zueinander.
Ich weiß nicht, inwiefern das tatsächlich BDSM ist. Zwischen uns fühlt es sich ganz normal und natürlich an, wir sind einfach so, wie wir sind.