Wortspielereien mit Walhorn & Ritter
In unserem Livestream "Leselust mit Walhorn" präsentieren wir nicht nur regelmäßig erotische Szenen aus unseren Büchern. Aus einem Pulk von Wörtern, die uns das Publikum vorgibt, spinnen wir auch jedes Mal eine neue Geschichte. Die tragen wir dann nicht nur live im Stream vor, sondern die gibt es hier nochmal zum Nachlesen.Livestream vom 15.3.
Die Muse
Ich habe von Peperoni geträumt. Einem ganzen, verdammten Korb voll. Sie hatten mein Bett umstellt, glänzend rot und nur darauf aus, mich zu piesacken. Spitz wie Dolche stachen sie in meine Haut, rieben mir ihre Schärfe in meine Wunden und unter die Nase. Ihre penetranten, schrillen Gemüsestimmen flüsterten mir ein, dass ich komplett versagen würde. So sehr ich mich auch anstrengte: Mit meinen bescheidenen Mitteln und Talenten würde ich es niemals schaffen, jemanden so in Hitze zu versetzen, wie sie es konnten. Natürlich glaubte ich ihnen jedes Wort und hasste mich unendlich dafür. Schweißgebadet wachte ich auf, doch die Frustration saß mir im Genick. Und wenn ihr jetzt denkt, dass ich mich lieber in ärztliche Behandlung begeben sollte, kann ich nicht einmal widersprechen.
Zur Erklärung muss ich allerdings sagen, dass ich unter Stress stehe. Und zwar so richtig. Da braucht es keinen Psychologen, um die nächtliche Peperoni-Attacke richtig zu deuten. Sie hat ohne jeden Zweifel mit meinem Berufsleben zu tun. Auch wenn ich weder Gemüsehändler noch Koch bin, sondern Schriftsteller. Das Problem ist tatsächlich meine mangelnde Schärfe.
Dabei brauche ich ganz dringend eine Geschichte, die bis zum Rand voll Erotik steckt. Worte wie Seide müsste ich schreiben, mit denen ich dem Publikum federleicht über die bebenden Flanken streichen könnte. Mit denen ich seine Gedanken fesseln und zum Schnurren bringen könnte. Dazwischen müsste ich die wilden, ekstatischen, giertropfenden Szenen streuen. Sätze, die nach harten Stößen klingen. Nach Zähnen und Klauen und einem lustvollen Schrei. Die jeden, der sie hört oder liest, mit einem harten Griff packen und aufs Bett schleudern. Oder gegen eine Wand drängen und im Stehen nehmen. Genau so eine Story brauche ich. Ungünstigerweise schon bis nächste Woche.
Ich habe gerade noch fünf Tage Zeit bis zu dieser besonderen Lesung, die mein Leben verändern soll. Die Stadt Hamburg hat einen literarischen Wettbewerb ausgeschrieben, in dem der schöne Titel „Hafensänger“ verliehen wird. Gesucht wird ein Autor oder eine Autorin mit einem besonderen Bezug zum Hafen und seinem speziellen Ambiente. Stilvoll-verruchte Literatur ist gefragt, mit einem stark erotischen Einschlag. Auf einer Art Poetry Slam soll man eine entsprechende Kostprobe bieten, die dann vom Publikum und einer Fachjury beurteilt wird. Wer dabei gewinnt, kann die Korken knallen lassen. Ein Jahr lang bekommt er oder sie ein Stipendium und darf kostenlos in einem wundervollen historischen Kapitänshaus logieren. Nur, um dort zu schreiben und Lesungen anzubieten. Ist das nicht eine großartige Chance? Ich will diesen Titel! Unbedingt.
Das Problem ist nur, dass mir dazu immer noch die passende Geschichte fehlt. Seit Wochen grübele ich darüber nach. Seiten um Seiten habe ich getippt und wieder verworfen. Stundenlang habe ich mit leerem Blick auf meinen Bildschirm gestarrt, als könne ich so meine schmerzlich vermisste Muse heraufbeschwören. Doch sie denkt gar nicht daran, sich zu zeigen. Geschweige denn, mich mit der so bitter nötigen Vehemenz zu küssen. Das ist mal wieder typisch: Wenn man sie am dringendsten braucht, macht sie Zicken. Und sich rar. Verdammtes Weib!
Wütend stoße ich mit der Fußspitze eine leere Getränkedose vor mir her. Mein Gemüse-Alptraum hat mich aus dem Bett Richtung Hafen getrieben. Ich kann jetzt ohnehin keinen Schlaf mehr finden. Aber vielleicht ein wenig Inspiration? Ich schlendere durch nächtliche Straßen, an dunklen Kais und schlafenden Schiffen entlang. Es riecht nach Wasser und Fernweh. Doch auch heute Nacht flüstert der Wind mir keine Geschichten ins Ohr. Die Laternen malen Lichtfinger auf den Asphalt, doch sie berühren mich nicht. Sie denken gar nicht daran, mit meinem Schwanz oder meinen Gedanken zu spielen. Und keiner der wenigen Passanten, die mir zu dieser späten Stunde entgegenkommen, sieht nach meiner Muse aus.
Außer vielleicht… Ich kneife die Augen zusammen und frage mich, ob ich halluziniere. Die kühle Nacht lässt ein paar Nebelschwaden über dem Wasser wabern und um die Gebäude schleichen. Dadurch wirkt die Szenerie tatsächlich ein bisschen irreal. Mystisch fast. Und die Frau, die am Ende des Kais so nonchalant an einem Laternenmast lehnt, sieht aus wie ein Gespinst meiner feuchtesten Träume.
Ihr kurzes, pfeffrig rotes Kleid schmiegt sich lasziv um ihren Körper und betont ihre schlanke Figur. An den Seiten ist es raffiniert weit ausgeschnitten, so dass sich nur ein handbreiter Stoffstreifen über ihren Bauch zum Rock hinunter zieht. Ihre Brüste sind bedeckt, doch ihre Nippel zeichnen sich unter dem Stoff so deutlich ab, als reckten sie sich mir nackt entgegen. Ich würde so gern meine Hände darauf legen! Oder meine Nacht-Erscheinung bitten, sich einmal umzudrehen. Nur um zu sehen, ob der Rückenausschnitt so atemberaubend ist, wie ich ihn mir vorstelle.
Ihre Beine stecken in schwarzen, hochhackigen Stiefeln, die ihr bis deutlich über die Knie reichen. Man könnte fast auf die Idee kommen, dass sie ihre Garderobe extra für mich ausgewählt hat. Nur um mich auf jene spezielle Weise anzumachen, der ich einfach nicht widerstehen kann. Ganz gezielt.
„Du willst mich!“, scheint ihr Outfit mich anzuschreien.
Doch was mich beinahe noch mehr provoziert, ist die Eleganz ihrer Haltung. Eine Lady, die in voller Absicht mit ihrem nuttig-verruchten Auftritt spielt. Nicht weil sie nicht anders kann. Sondern weil sie es exakt so will. Gibt es etwas Verführerischeres? Luder!
Die Finger, mit denen sie sich langsam durch die Haare fährt, scheinen mir zugleich an meiner eigenen Wirbelsäule hinunter zu kratzen. Die Fußspitze, mit der sie verspielte Schlangenlinien auf den Asphalt zeichnet, schreibt mir die ungelösten Fragen der Menschheit in die Gedanken: Wie bringe ich sie dazu, einen Fuß auf einen der Poller zu stellen, die den Kai säumen? Wird sie ihr Knie nach außen drehen? Und was bei allen Höllen werde ich sehen, wenn sie es tut?
Die Gestiefelte Katze scheint meine Gedanken zu lesen. Denn sie lächelt, lasziv und spöttisch zugleich. „Nun, Hafensänger?“, schnurrt sie mit dunkler Stimme. „So sprachlos heute?“
Ich starre sie so ungläubig an, als sei sie soeben von einem sternenglitzernden Wal an Land gespuckt worden. Woher zum Teufel weiß sie…? Ist sie tatsächlich meine Muse in Overknees?
Mein Hirn arbeitet fieberhaft, zimmert Theorien zusammen, von denen eine abstruser klingt als die andere. Gleichzeitig versuche ich, mir irgendeine geistreiche Bemerkung abzuringen. Die Art, wie die Frau fragend eine Augenbraue hochzieht, hilft mir dabei ganz und gar nicht. Genauso wenig wie ihre verdammte Zungenspitze, mit der sie sich im Tempo der Kontinentalverschiebung über die Lippen fährt. Sie leckt mir den letzten Rest Vernunft aus den Gedanken.
„Ich weiß, was du suchst, Hafensänger!“ Ihre Stimme klingt wie tropfende Lust. „Und du weißt, dass ich es dir geben kann.“
„Wie viel?“, krächze ich, bevor mein Verstand wieder einsetzt. Verdammt! Habe ich meiner Muse gerade Geld angeboten? Obwohl ich im Grunde sehr genau weiß, dass sie nicht deswegen hier steht? Wie blöd kann man eigentlich sein?! Ich könnte mich selbst ohrfeigen und rechne halb damit, dass sie das für mich übernimmt. Doch ihre Reaktion überrascht mich. Denn sie grinst mit diebischem Vergnügen.
„Manche sagen ja, die Antwort ist immer 42“, spottet sie. „Aber in diesem Fall genügen 8.“
Ich fühle mich wie die Begriffsstutzigkeit auf zwei Beinen. „Wie, 8?“
„Acht Wörter“, präzisiert sie. „Als Inspiration für die Geschichte, die wir heute Nacht erleben werden.“
In diesem Moment springt meine Rationalität ins Hafenbecken, ohne sich zu verabschieden. In ein paar Stunden wird sie wahrscheinlich wieder auftauchen. Mitsamt all der naheliegenden Fragen. Aber bis dahin… Ich grinse zurück und lasse meiner Spontanität freien Lauf.
„Overknees“, sage ich, während mein Blick einmal mehr die gestiefelten Beine hinauf wandert. „Hafensänger“, fahre ich fort. „Seide. Peperoni.“ Sogar die Gemüse-Armee hat ihren Schrecken verloren. Meine Gedanken tanzen und haben keine Mühe, vier weitere Worte dingfest zu machen. Nach Feuer sollen sie klingen, nach Genuss und dunklen Begierden. Und ja: Das tun sie.
„Sehr gut!“ Meiner nächtlichen Gefährtin scheinen sie auch zu gefallen. Schwungvoll stößt sie sich von ihrem Laternenmast ab und hakt sich bei mir ein. „Na los, gehen wir! Die Nacht wartet auf deine Geschichte.“
Alles berauscht mich: Ihre Nähe, ihr Duft, der elegante Schwung ihrer Schritte auf hohen Absätzen. Die pure Sinnlichkeit, die sie ausstrahlt. Und ihre sichtliche Freude auf das, was die nächsten Stunden bringen werden.
Ich achte kaum darauf, wo wir entlang gehen. Denn sie scheint sich sehr gut auszukennen und genau zu wissen, wo sie hin will. Ich genieße die Atmosphäre des nächtlichen Hafens und vertraue mich meiner Begleiterin an. Bis sie plötzlich stehen bleibt. Vor uns ragt eine Bordwand auf. Gestrichen in einem satten, leuchtenden Rot, das mich anspringt wie ein Tier. Es dauert einen Moment, bis ich den Schriftzug registriere. In geschwungenen Buchstaben prangt der Name des Schiffes am Heck: Peperoni.
Hüftschwingend schreitet sie vor mir her, betritt die Gangway, die vom Kai hinauf aufs Schiff führt. Laut klackern die Absätze ihrer Stiefel über das kalte Metall. Ein Geräusch, so lieblich es auch ist, das mir in den Ohren dröhnt. Ich folge ihr, blicke hoch, und natürlich … sie provoziert es, sie verlockt mich. Ihr Hintern, dieser traumhaft sexy Arsch, den das sündige-pfeffrig rote Kleid umspannt, lässt Erinnerungen hochkommen … an einen Fotowettbewerb, an dem ich als Zuschauer in einem Livestream und zeitgleich bei ZOOM teilgenommen hatte. Es ging um den SEXY ASS. Man konnte abstimmen und liken, und es war ein knappes und hartes Po an Po-Rennen. Im Finale bei den Top 10 waren meine Favoritinnen dabei. Ein Element hatte mir zugeflüstert und seine Stimme klang rau wie der Nordseewind: „Schreib, Walhorn, schreib … das Spiel ist doch nie vorbei!“, während ein sexy ASS nach dem anderen über meinen Bildschirm glitt.
Sollte ich die Joker-Karte setzen oder besser gleich meinen Pfahl aus der Hose befreien? Sollte ich Bienchen jagen oder besser Bitches? Oder noch besser: Jemanden mit genügend exotik-erotik? Oder doch gar Johnnys Arsch? Soll ich Command um Rat fragen?
Rotgeschminkte Lippen einer ganz besonderen Frau versetzten mich in Entzücken, waren es eisblaue Augen, die mich schmelzen ließen? Das verführerische Lächeln, das die Damen mir schenkten, mit dem sie mich um den Verstand zu bringen suchten? War mir meine Muse da schon begegnet? Was meint ihr ...Secret, Sunmoonstar, Ginger und wer noch alles dabei gewesen ist.
Ja, schreiben soll ich, schreiben, über Brüste, Popos und tolle Beine. Nun denn … so sei es!
ff.
© Walhorn & Ritter, März 2021