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Mir bleiben die Rosen

Mir bleiben die Rosen
Die Regeln des Orientierungsmarsches sind denkbar einfach: Ohne Geld ein gesetztes Ziel erreichen unter Aussparung aller geschlossenen Bebauung und Zivilisation in einem hoch entwickelten Industrieland.
In anderen Worten: Die Teilnehmer bekommen lediglich einen Kompass, die Koordinaten des Ziels in Längen- und Breitengrad in einem Umschlag und zur Überwachung keine Stadt und kein Dorf aufzusuchen, einen Sender um das Handgelenk. Wer als Erster am Ziel ankommt, hat gewonnen. Aber auch wer nicht gewinnt, bekommt eine Anstecknadel zur Erinnerung an die Teilnahme ... (hach, bin ich bescheiden!).
In Paaren macht man sich auf den Weg. Avisiert ist eine Woche bei einem tägliche Pensum von ca. 30 Kilometern. Zum Glück ist mir Stefan zugeteilt, wir kennen uns seit Ewigkeiten. Wobei jeder unserer Bekannten uns für verrückt erklärt hat, uns in unserem fortgeschrittenen Alter (welch unverschämtes Wort!) auf diesen angeblichen Wahnsinn einzulassen, während man doch bei einem behaglichen Bürojob ungestört auf die Pensierung warten könnte!? Aber genau darum geht es, Leben spüren und die Komfortzone zu verlassen und nicht länger den Arsch breit zu drücken ...
Typisch männliche Midlifekrise? - Wohl wahr.
Oder einfach eine Art übermütiger Urlaub, ohne Urlaubstage gestrichen zu bekommen? - Genauso wahr.
Wobei ich mich vor meinem geistigen Auge bei dem ganzen Unterfangen wie Kwai Chang Caine sehe, ein Priester, ein Buddhist, die Welt ein Prüfstein für ewige Wahrheiten, Widerstände mit Kung Fu aus dem Weg räumend - allerdings holt mich die Außenwahrnehmng Stefans von meinem Räuberzivil ohne Umschweife in die Realität zurück, "So wie du aussiehst, bist du kein buddhistischer Mönch, du bist nur ein besserer Penner!"

Schön wäre es, einmal wieder etwas weicher zu liegen als im Schlafsack auf dem mehr oder weniger harten Boden. Da taucht tatsächlich eine von einem Obst- und Rosengarten umstandene Villa mit Wirtschaftsgebäuden wie ein wahrgewordenes Traumgebilde vor uns auf. In der Scheune oder im Heuschober müssten wir doch nächtigen dürfen?
Schon quillen aus weißen Haufenwolken duftende Rosen - oh je, ich scheine doch älter zu sein als angenommen, wenn mir mein Bewusstsein solche Bilder vorgaukelt ...
"Hey mister, can you tell me where a man might find a bed?" trällern wir dennoch vergnügt.

Durch eine Platanenallee auf weißem Kies nähern wir uns allerdings keinem "man" sondern einer "lady", die uns vom Treppenabsatz her herablassend entgegenblickt. Na ja, sie ist sozusagen betagt betagt und hat die Erscheinung und Haltung einer ehemaligen Ballerina.
"Es war deine Idee," klärt mich Stefan überflüssigerweise auf, "also redest du - ausserdem bist du der Ranghöhere!" und grinst bis zu den Ohren . Danke, wer braucht bei so einem Kumpel noch Feinde!?
Ich hüte mich, bei der unbekannten Dame mit der Tür buchstäblich ins Haus zu fallen; stattdessen rühme ich den ungewöhnlichen Garten der Besitzerin, nenne ihn schöner als den auf der Pfaueninsel ... aber erst als ich einzelne Rosenarten, auf die ich zeige, wie Freundinnen mit Namen aufrufe, neigt sie sich uns, den mehr als verdächtigen Fremden, mit etwas Wohlwollen entgegen.
Ich lüge nicht einmal, als ich meiner Freude Ausdruck verleihe, hier und völlig unerwartet, La France zu entdecken. Ebenso eine schneeweiße Buschzentifolie, etwas weiter entfernt eine Virgo ... dann ist das Eis gebrochen, über das die Rosen uns einen Steg gebaut haben, als die Dame uns ihren Liebling, eine Comtesse Vandal zeigt. Da erst registriere ich, dass sie eine solche Blüte angesteckt hat, ihr Kleid im gleichen Ton rosagelb ist, ihr Haar schwarz gefärbt, die Augenbrauen fein in zarten Bögen ausgezupft und die Nägel am Ende ihre langen, knochigen Finger in kräftigem Rot lackiert sind - ja, zweifelsohne ist sie apart zu nennen; man sieht aber auch auf unaufdringliche, aufdringliche Art des Geld im Hintergrund, irgendwie.
Allerdings ist ihr Gesichtsausdruck verhärmt, ihre Lippen wie verbissen ... Und um nicht - so scheint es und Stefan und ich wissen nicht richtig, wie wir reagieren sollen - und um nicht wie an unverdaulichen Dingen zu ersticken, fließt ihr Gesicht wie auseinander und die Runen ihres Alters treten deutlicher hervor, als es ihr vermutlich recht ist und sie beginnt uns unvermittelt ihr Leid zu klagen.
Ihr Unglück, das ihr Mann ist. Ein Lump sei er und habe sich von ihr scheiden lassen. Obwohl er hier alles hätte haben können. Aber er sei fortgelaufen mit einer anderen. Fort von dem schönen Haus, dem herrlichen Garten. Dem Luxus. Von ihr.
Und als sie uns, Stefan und mich, den Weg habe heraufkommen sehen, habe sie geglaubt, ihr Mann kehre zu ihr zurück. Ihr Herz sei gehüft. Bereit sei sie alles, was war zu vergessen, wenn er nur wieder da sei, hier bei ihr ...

Ja, wir dürfen in der Scheune übernachten. Unter einer Bedingung, wenn wir ihren geschiedenen Mann sähen, müssten wir ihn bitten, zu ihr zurückzukommen - und jedem von uns beiden steckt sie noch ein Foto ihres Mannes zu. Dann wendet sie sich ab und verschwindet in ihrer Villa als schäme sie sich, sich offenbart zu haben.

Stefan und ich waschen uns gründlich am Wasseranschluss, rasieren uns - weichen unsere Socken in Seife ein und fühlen uns tatsächlich wie im Urlaub. Zumal polnische und rumänische Saisonarbeitskräfte, die im Wiirtschaftsgebäude einquartiert sind, uns einladen mit ihnen zu essen.
Als ich in der Nacht pinkeln muss, merke ich, dass Stefan nicht in seinem Schlafsack ist - gut, was soll's, er ist erwachsen. Am nächsten Morgen wird er sicher wieder da sein ...
Und um nächsten Morgen ruft jemand meinen Namen, wohl ein Angestellter des Hauses, einen Korb mit einem üppigen Frühstück aus Schinken, Käse, hartgekochten Eiern, Brot und einer Thermosflasche mit Kaffee im Arm - dazu ein Zettel von Stefan:
"GKdoS - Mit den besten Empfehlungen des Hauses - die Alte ist weiß Gott keine Kalte!" und eine Art verschmitzt zwinkerndes Smileygesicht.
Na ja, mir bleiben die Rosen.
*********zier Mann
1.026 Beiträge
Sicher nicht jedermanns Geschmack, diese Story, aber allemal des Lesens wert. Danke dafür, auch wenn mir diese Schreibe nur allzu bekannt vorkommt.
*******nic Mann
387 Beiträge
Ich hatte sehr befriedigende zehn Minuten Genuß.
Hab Dank dafür.

Thomas
**********pioGJ Mann
751 Beiträge
Ein schöner Text. Danke dafür.
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