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Eine temporäre Pseudonymexistenz

Eine temporäre Pseudonymexistenz
Wie wenig hatte sie doch das "Vorkommnis" noch am späten Nachmittag berührt. Umso mehr wuchert und plagt es sie jetzt mit etwas Abstand am Abend, so sehr, dass sie an nichts anderes mehr denkt.
Früher - weit vor ihrer Erfahrung dieses Nachmittags - hätte sie es nicht für möglich gehalten, mit einem gänzlich Fremden ohne Gefühle schlafen zu können!? Noch weniger hätte sie jemandem geglaubt, dass man sich nach einem solchen Abenteuer dem Partner gegenüber Vorwürfe machen und sich schuldig fühle könnte!?
Jetzt aber lernt sie beides zugleich kennen ...
Der Sex mit dem unbekannten Mann, einer Zufallsbekanntschaft, war ein angenehmes Aufbegehren und eine wohlige Befriedigung ihrer Sinne gewesen, doch hatte sie dabei die höchste Verzückung ihrer ganzen Persönlichkeit vermisst, zu der sie eigentlich fähig ist. Konnte etwa ein schlechtes Gewissen so sehr seinen Schatten voraus werfen?
Behagen, ja. Rausch, ja. Vergessen, ja. Aber Erfüllung, nein.
Sie fühlte sich jämmerlich. Alt. Allein gelassen. Leer. Stumpf. Grau. Scheintod.

Mit dem Nick "Kim", als die sie sich am Nachmittag in das Abenteuer an der Hotelbar eingelassen hatte, war sie nicht mehr sie selbst gewesen. Sie war zu einer anderen Frau geworden. Einer ohne ihre eigene Vergangenheit aus Erziehung und Wohlanständigkeit. Und als Frau ohne ihre eigene Vergangenheit konnte sie auch ohne Hemmungen und befreit agieren.
Und auch dieser Mann, der sich geradezu peinlich einfallslos "Tom" nannte, war ein Mann ohne Vergangenheit gewesen.
Ein Aufeinandertreffen zweier Personen in einem leeren Raum ohne die Koordinaten ihrer Existenzen aus Familie, Herkunft, Beruf und Ansehen - zwei Fremde, die nie fester Bestandteil des Lebens des anderen werden sollten.
Aus diesen Gründen konnte sie sich ihm nach der Laune ihres Gemüts hingeben, genauso wie dem lange nicht mehr gestillten Bedürfnis ihres Körpers.

Zuerst hatte er sie in ein erstklassiges Restaurant entführt. Zu einem genauso üppigen wie fabelhaften Menü. Er hatte gewählt und es perfekt zusammengestellt. Sie musste nicht mehr nachdenken. Sie musste sich um nichts kümmern. Wie ein Mädchen war sie von sich als erwachsene Frau auf merkwürdige Weise befreit. An ihr war es, nur noch zu genießen. Sich fallen zu lassen.

Gemeinsam betraten sie sein Zimmer im Hotel. Ein Hotelzimmer wie jedes Hotelzimmer irgendwo auf dieser Welt. Ein Hotelzimmer, so Standard, dass sie es doch nicht hätte beschreiben können. Sie betrat sein Hotelzimmer mit einer Selbstverständlichkeit als sei es ihr eigenes gewesen.
Sie legte ihre dunkelrote Kaschmirjacke und das graue Kostüm genauso natürlich ab, wie sie beides am Morgen zuhause bei sich angezogen hatte. Sie ließ geschehen, dass er sie dabei streichelte und küsste. Ohne Leidenschaft ließ sie es geschehen. Die normalste Sache der Welt. So wie man isst und trinkt. So lebte sie in diesem Moment ihre Sexualität, pur.

Doch war dabei sehr wohl neu für sie, wie zärtlich und zugleich programmatisch dieser Mann vorging. Trotz allem war ihr, als kümmere er sich nur um sie, auch wenn er nur die eigenen egoistischen Ziele seiner Lust verfolgte.
Seltsam automatisch, vermutlich unter Zuhilfenahme der vielen Gin Tonics, trieb sie dann schließlich in die gegenseitige Lust und ihre Sättigung und von der Erschöpfung in den Schlaf.

Stunden später als sie das Blinken einer Neonreklame durch einer Spalt der zugezogenen Vorhänge weckte, staunte sie, sich auf dem Arm eines ihr völlig unbekannten nackten Mannes zu finden. Witzig und beschämend zugleich, wie ein paar Drinks, ein bisschen Gesäusel ausgereicht hatten, alle ihre anerzogenen Hemmungen und Verbote in nichts aufzulösen.

Was blieb? Was spürte sie? - Trotz aller Beklemmung? Eine angenehme Mattigkeit sowohl der Sinne als auch der Glieder. Und der Geschmack von unverbindlicher Untreue, die schmeckte wie die Haut dieses Fremden, nach säuerlicher, frisch gemolkener Milch.

Wieder klar im Kopf und in der Situation und nicht mehr Kim, zog sie sich schnell an, richtete mit bloßen Fingern ihre Frisur, wischte den Rest Lippenstift mit dem Hotelhandtuch hastig ab, schlüpfte in ihre Pumps im Farbton des Kostüms und legte eilig ihre Tasche und ihren Sommermantel über den Arm. Schon in der geöffneten Tür, tappelte er ihr barfuß und mit der Decke um die nackte Hüfte hilflos hinterher.
"Rufst du mich an?", wollte er wissen.
"Ja.", log sie, schon auf dem Gang.
"Nicht einmal ein Kuss zum Abschied?", bohrte er weiter.
Sie aber überwand sich, dreht sich um und verschwand ohne sich umzusehen. Ohne Kleider war er machtlos. Sie eilte weg vom Hotel, so schnell sie konnte und wollte. Nach der zweiten Straßenecke zerriss sie seine Visitenkarte und warf sie in den nächsten Gully.

War etwas gewesen? - Nichts war gewesen. Vielleicht war einmal etwas gewesen. Oder auch keinmal. Wo nichts, da nichts ... Schwamm drüber ... Darüber war sie sich selbst täuschend sicher gewesen, bis jetzt, beim Einbruch der Nacht, wo sie sich alleine, wieder als Karin Schneider, mit dieser Erinnerung wiederfand. Eine unwirkliche Erinnerung. Ein schaler Geschmack. Nicht sie, eine andere Frau. Ein anderes Leben.
Schön, wie Du den Bogen zum Anfang wieder schließt *top*
****68 Frau
2.442 Beiträge
„Einmal ist Keinmal!“ frei zitiert Bach meinem Hausarzt.. sehr schön geschrieben! *danke*
Lou *zwinker*
**********pioGJ Mann
742 Beiträge
Hallo Rainbow,

schön geschrieben.
Traurige Geschichte.

Gruß
MSGJ
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