"Unsere Heimat ist im Himmel"
Als ich noch in der Volksschule Religion unterrichtete, fragte mich einmal ein Mädchen: Wenn ich eine ganz, ganz lange Leiter habe, kann ich dann in den Himmel hinaufsteigen? Wir Erwachsene lächeln über solche Kinder-Träume, sicher, aber die Frage nach dem Himmel ist so aufregend, daß wir es ja nicht beim Lächeln über Kinder bewenden lassen sollten! "Wir kommen alle, alle in den Himmel...", singen oft Leute mit einem weinseligen Ausdruck im Gesicht.
Aber dann, am nächsten Tag, wären sie peinlich verlegen, wenn man sie fragen würde: Wollen Sie eigentlich in den Himmel kommen? Und wenn ja, was tun Sie, um dorthin zu kommen?
Sind Sie wirklich sicher, daß wir alle - und Sie auch - in den Himmel kommen?
Wollen Sie überhaupt in den Himmel kommen? Ach, was für eine Frage! Eigentlich müßte jeder Mensch alles aus der Hand fallen lassen, elektrisiert von dem Gedanken daran, tausendmal mehr als bei einem riesigen Lottogewinn! Was ist schon Geld, was ein Lotto-Sechser! Der ist vergänglich, und gewinnen können immer nur wenige.
Aber der Himmel ist ewig und allen, wirklich allen erreichbar, im und durch das normale Leben, ohne lange Leiter!
Ich erinnere mich an das Bild des vom Tod schon gezeichneten Onassis.
Aufgeregte Reporter und Fotografen umschwärmten den todkranken und reichsten Mann der Welt, aber sein Blick ging durch die Meute durch, war leer und ohne Hoffnung.
Sein Geld hatte sich von ihm sozusagen schon verabschiedet, ihn vielleicht verhöhnt wie "das Geld" im "Jedermann".
Nichts, gar nichts nützt es ihm - und keinem Menschen der Welt,
wie reich er sein mag.
Das ist kein Wunschdenken von irgendeinem mißgünstigen Pfarrer, der einem die Lebensfreude nicht gönnt, sondern es ist einfach so. Denn in dieser Stunde, die absolut sicher kommen wird, zählt wirklich nur noch die Frage:
"Komme ich, vorausgesetzt es gibt ihn, in den Himmel?"
Was der Himmel nicht ist
In manchen Religionen hat man sich den Himmel wie eine Fortsetzung des irdischen Lebens vorgestellt, nur alles "besser" und ohne irgendwelche Katerwirkungen. Das heißt dann: Nicht eine Frau, sondern viele Frauen, nicht eine häßliche oder herrsüchtige Frau, sondern nur schöne, sanfte, liebe Frauen. Dazu köstliche Speisen ohne Magendrücken und ohne Kalorien-Sorgen. Das dazugehörige Haus ist ein Palast, natürlich ohne Schmutzwäsche. Kurz gefaßt: Immer Urlaub und das ohne die geringste Beanstandung.
Gegen solche
"Himmelsträume" steht die Geschichte von dem Mann, der im Jenseits erwacht.
Er liegt unter Palmen, eine angenehme Brise kommt vom Meer, das sich zu seinen Füßen glitzernd ausbreitet, und wenn er ein Bedürfnis hat, eilen Diener herbei und erfüllen ihm jeden Wunsch. Aber nach einiger Zeit ruft er einen der dienstbaren Geister herbei und beklagt sich: Er möchte etwas Sinnvolles tun. Aber der Diener schüttelt den Kopf: Das ist, sagt er, das einzige, was wir nicht haben. Ärgerlich antwortet der Mann: Wenn ihr das nicht habt, möchte ich lieber in der Hölle sein! Zu seinem Entsetzen bekommt er die Antwort:
Ja, was glauben Sie, wo Sie sind?
Eine weise Geschichte!
Denn tatsächlich gibt es kein Vergnügen dieser Welt, das nicht zum unvorstellbaren Ekel würde, wenn wir es immer und ohne Ende "genießen" müßten. Unsere Seele, das kann niemand ändern, ist einmal so geschaffen, daß Vergnügen, Spaß, Unterhaltung sie nie und nimmer sättigen.
Darum braucht es eigentlich auch gar nicht allzu viele Worte der Prediger gegen die Vergnügen und Lustbarkeiten dieser Welt: Sie vergehen ohnehin, und der schale Geschmack bleibt niemand erspart. Die Seele ist für die Liebe geschaffen. Wer daher immer nur die ich-bezogene Befriedigung sucht, wird früher oder später zu leiden beginnen - bis die Entzugserscheingungen unerträglich werden!
Gegen diesen Befund kann man auch nicht scheinbar sehr "sinnliche" Gleichnisse Jesu anführen. Denn wenn dieser vom himmlischen Hochzeitsmahl redet, dann ist das eben nicht die Freikarte für ein überirdisches Feinschmeckerlokal, sondern ein Fest, in dessen Mitte die Braut und der Bräutigam stehen - und damit die Liebe.
Und ganz am Ende dieser Geschichte steht noch:
Als einmal, vor Jahren, irgendjemand in der Gegenwart meiner Mutter über meine mögliche Karriere als Theologie-Professor oder vielleicht sogar als Bischof sprach - ich erinnere mich nicht mehr genau -, lächelte sie gütig und abwehrend in einem:
Die Hauptsache, sagte sie, meine Kinder kommen in den Himmel, alles andere ist nicht wichtig.
Dem ist, so scheint mir, nichts mehr hinzuzufügen.
(Die Geschichte ist vollständig nachzulesen, wer es möchte:
(In Kirche heute. 4/1997,4-7. )