Test STD mit Bescheinigung - wer, was, wo?
Eigentlich hätte ich gedacht, sich vor riskanteren Sextechniken auf Geschlechtskrankheiten testen zu lassen, wäre im aufgeklärten Deutschland kein Problem. Das dem nicht so ist, hat die praktische Erfahrung mittlerweile bestätigt ...Ich bin ein wenig angefressen deswegen und würde gerne mal wissen, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt oder Tips.
Zur Situation: Wir (eine ganze Reihe von Leuten, die über Berlin verteilt sind und auch den Rest Deutschlands) sind polyamor. D.h. für die Wikipedia-faulen, wir leben in Liebesbeziehungen mit mehreren Menschen - und das nicht heimlich, sondern offen, man könnte sagen, es ist ein wenig wie in einer Großfamilie. Da viele von uns mehr als einen Partner haben, der auch wieder meist noch zusätzliche Partner hat, sind die Einzelbeziehungen oft zwar längerfristig, aber durch die enge Vernetzung der Leute und weil doch immer mal hier oder da einer dazukommt oder geht, ist schon eine gewisse Schwankung da. Kurz gesagt: für die schnelle Ausbreitung von Geschlechtskrankheiten über viele Leute die ideale Situation, wenn man nicht safer sex betreibt und die Testung auf STD vor Oralsex oder Ähnlichem ernst nimmt.
Als Frau kann ich sagen, ist es für mich kein Problem, mich auf HIV und Chlamydien zu testen bei der Frauenärztin, das kostet (35 Euro Labor plus Beratung und Blutentnahme in der Praxis) aber man bekommt es schriftlich für die neuen Partner - und sich auf mündliche Aussagen zu verlassen, ist natürlich etwas sinnlos ... wenn ich jedem vertrauen würde oder der mir vertrauen soll, dann kann man das auch gleich lassen, ist ja leider so. Und ich bin ja nicht nur für mich verantwortlich sondern auch für alle Menschen, die hinter mir auch im Netz drinhängen.
Problematischer wird es erstaunlicherweise schon für Tests wegen Syphilis und Tripper, gerade bei Frauen sind die häufiger symptomlos, also können sie die "still" übertragen, da Syphilis im Endstadium unheilbar zum Tod führt und Tripper mit der zunehmenden Resistenz gegen Antibiotika auch nicht lustig ist - man sollte meinen, wenn ich zur Frauenärztin gehe und das bezahlen möchte, ist das kein Problem, nicht? Ihr Kommentar (sie ist sonst sehr gut, kann ich durchaus einschätzen): das kostet jeweils nochmal um die 30 Euro, sollte ich vielleicht lieber beim Gesundheitsamt machen lassen, dort ist es kostenlos? Das Gespräch ging länger, ich hatte denke ich klar gemacht, ich will die Tests, die Laborergebnisse kommen - nur Chlamydien und HIV drauf. WTF?!?
Jetzt die Männer-Seite: Variante eins "direkt zum Gesundheitsamt". Also kostenlos ist das alles, aber HIV wird nur anonym getestet, d.h. aber dann auch, daß keinerlei Daten rausgehen. Sprich er bekommt keine Bescheinigung dazu. Entweder ich oder andere Partnerinnen kommen zur Ergebnisverkündigung alle mit oder (dort ließ sich das machen) er gibt eine schriftliche Erklärung, daß ich mit dem Code die Ergebnisse telefonisch abrufen kann. Aber: es werden Chlamydien, HIV und Syphilis getestet, Tripper nur bei Symptomen. Und wenn er sich auf den Kopf stellt, das gibts einfach nicht (dafür bezahlen geht auch nicht?!?).
Der Witz an der Sache: wenn er mit Männern Verkehr hat, würde die Testung auf Syphilis sofort gemacht, bei schwulen und bisexuellen Männern wird sogar empfohlen, daß sie sich 2x jährlich ohne jedes Symptom untersuchen lassen. Laut Robert Koch Institut nimmt die Zahl der Syphilis-Fälle jedoch nicht nur zu, sondern 50% der diagnostizierten Personen sind Frauen (und nein, nicht speziell Prostituierte).
D.h. also das Frauen, die mit bisexuellen Männern schlafen, sich das ohne Symptome gut einfangen können (denn angeblich ist die Verbreitung unter homosexuell verkehrenden Männern ja sehr hoch), dann sind die Hälfte der Leute mit Syphilis auch Frauen - aber wenn die mit heterosexuellen Männern schlafen ... kann mir noch jemand folgen? Die Heteros haben plötzlich kein Risiko?!? Unnötig zu sagen, daß bei uns im Netz auch Bi-Leute sind beiderlei Geschlechts und Homosexuelle. Kurz gesagt: wer eine umfassende Testung möchte für die häufigsten STD erklärt doch bitte als Mann beim Gesundheitsamt, daß er unter anderem auch mit Männern schläft, die Erklärung zur polyamoren Situation wird jedenfalls nicht verstanden (Die sind eher nicht promisk?!? Ist natürlich Unsinn.)...
Aber da wäre noch Variante 2: Der Gang zum Hausarzt. Dort wird er behandelt, als ob er ein Pädophiler ist, das Thema laut und lang mit entsprechend angewiedertem Verhalten an der Rezeption zwischen Schwester und Ärztin diskutiert. Was er überhaupt hier wolle, sie wären für sowas doch nicht zuständig. Alleine das ist schon unglaublich, nein, das passierte in Berlin.
Anruf beim nächsten Arzt, der am Telefon reagiert genauso widerlich. Ob man(n) denn schonmal in Thailand war? Äh ...???
Danach Gang zum Gesundheitsamt woanders, die Behandlung dort ist freundlich und entspannt, das Rundum-Sorglos-Paket also? Er nickt und fühlt sich gut beraten. Ergebnis: nach einer Woche bekommt er einen HIV-Test, einen Hepatitis-Test und Chlamydien - und nix davon schriftlich, das wäre verboten. Unnötig zu sagen, Hepatitis ist ja ganz witzig, aber dagegen bin ich natürlich geimpft, nette Dreingabe, nur wo sind Syphilis und Tripper???
Kann das echt so schwer sein um Gotteswillen?
Nein, mit Hysterie hat das nichts zu tun, ich habe eine ganze Reihe von Partnern und damit zähle ich als promisk und meine Partner im Netz ebenfalls. Wir sind also die idealen Überträger - und irgendwo muß es herkommen. Es kann doch nicht so schwer sein, verantwortungsvoll zu handeln, wenn man promiskuitiv lebt aber nicht schwul ist?!?
Und welchen Sinn machen Testergebnisse, die nur derjenige bekommt, wenn es darum geht, das Netzwerk davor zu schützen, daß jemand etwas hineinträgt???
Welche Erfahrungen habt ihr damit?