Nun, ich mag behaupten, dass derjenige der vorgibt grenzenlos tolerant zu sein, schlichtweg ignorant ist.
Ignorant deshalb, weil er möglicherweise die Toleranzgrenzen seines Gegenübers gar nicht wahrnehmen möchte und sich deren deshalb nicht bewußt ist
Toleranz hat nämlich herzlich wenig damit zu tun alles hinzunehmen bzw. auf jegliche Prinzipien zu verzichten, sondern damit, Haltungen zu beziehen um Meinungen und Standpunkte gegeneinander abzugleichen, um dann möglicherweise zu einem Konsens oder einer Akzeptanz zu kommen.
Insofern gebe ich zu, durchaus auch intolerant zu sein. Weniger weil es mir um Prinzipien geht, oder aber darum meine Ansprüche zu zementieren, sondern weil ich per se schlichtweg nicht ohne Teilnahme und ohne jegliche Stellungsnahme bin.
Die eigentliche Frage stellt sich mir daher auch nur, an welchem Punkt bei jedem Einzelnen Toleranz aufhört und Intoleranz beginnt. Denn es gibt nunmal keinen allseits verbindlichen Maßstab, weil dieser Punkt von jedem individuell gesetzt wird.
Toleranz bedeutet, Meinungen, Ansichten und Haltungen zunächst einmal wertfrei anzuerkennen um sie dann mit den eignen abzugleichen. Nur wenn ich diese partout nicht mit meinen Wertvorstellungen oder auch mit meinen Standpunkten in Einklang bringen kann, weil diese außerhalb meiner Grenzen liegen, dann kann und sollte man zwar versuchen sich anzunähern, aber eben nicht zu dem Preis sich dem Anderen gänzlich unterzuordnen.
Will heißen: wenn mein Partner nun meint nächtelang um die Häuserblocks ziehen zu müssen und mich im "Dunkeln" zu lassen, wohlwissend, dass ich mir Sorgen und mehr mache, dann überschreitet er meine Toleranzgrenze, weil ICH im partnerschaftlichen Umgang durchaus meine Grenzen habe, die ich respektiert wissen möchte. Für einen anderen mag dies eher eine Banalität sein, aber wohl nur deshalb, weil DER seine Grenzen ganz anders gezogen hat.