@ Fire von Heifire
Ich verstehe "Traum-Mann/Traum-Frau" als Metapher für "individuell passendes Gegenstück".
Die Vorstellungen von "passend" verändern sich jedoch im Laufe eines Lebens, sind auch unterschiedlich in unterschiedlichen Lebensphasen.
Der Mann, mit dem ich heute mein Leben teile und mit dem ich außerordentlich glücklich bin, hätte es vor 30 oder 20 Jahren schwer gehabt, meine Aufmerksamkeit oder gar meine Zuneigung zu gewinnen, und ich hätte ihn mit Sicherheit nicht in Betracht gezogen als jemand, der mir entspricht und mir guttut, und aus seiner Perspektive gilt umgekehrt Ähnliches in Bezug auf mich.
Dennoch haben wir uns gefunden, sogar hier im Joyclub und im beiderseits fortgeschrittenen Alter, und für beide ist der Andere "der Mensch, nach dem wir ein Leben lang gesucht haben", und zwar ohne dass deshalb andere Menschen, mit denen wir davor ein Stück unseres Lebensweges geteilt haben und die deshalb Teil unseres Lebens geworden sind und zu unserem Leben gehören, deshalb als "minderwertig" etikettiert werden.
Das hat vermutlich unter anderem auch zu einem großen Teil damit zu tun, dass sich jeder inzwischen selbst sehr gut kennt und realistisch einzuschätzen vermag, unterscheiden kann, was ihm wirklich wichtig ist und was nur an nachgeordneter Stelle, viele, einst im Vordergrund der Bestrebungen stehenden Ziele und Wünsche, wie etwa beispielshalber Karriere- und Familienplanung, Kindererziehung, sowie die Auseinandersetzung damit, dass manches dabei möglicherweise glücklich und zufriedenstellend gelaufen sein mag, anderes gescheitert, hat jeder im Lauf seines Lebens bereits durchlebt und verarbeitet, braucht sie deshalb aktuell weder in der Vordergrund zu stellen noch auf den anderen zu projizieren oder ihn gar dafür einzuspannen, wie das fast immer der Fall ist in einem jüngeren Lebensalter. Die äußeren Voraussetzungen materieller Art sind ebenfalls ausgeglichen, jeder ist diesbezüglich autonom und auch ohne den anderen gleichermaßen zureichend ausgestattet, finanzielle Verpflichtungen gegenüber anderen Personen und Familienmitgliedern sind klar geregelt und kommuniziert.
Beide sind wir also sehr wohl lebensfähig und -tauglich ohne den jeweils anderen. Keiner benötigt den anderen aus einem Gefühl des empfundenen Mangels heraus, sondern beide können einander erleben und schätzen als Geschenk, das die Fülle des gelebten Lebens zusätzlich bereichert in einer vorher so nie erlebten Art und Weise, und beide entwickeln wir uns gemeinsam weiter auf neuen Pfaden, die wir vorher nicht betreten haben oder die uns aus welchen Gründen auch immer verwehrt oder nicht zugänglich waren. Dass physiologische Gegebenheiten altersbedingt vielleicht mehr Aufmerksamkeit beanspruchen als in jüngeren Jahren und manches, was man sich diesbezüglich vielleicht anders wünschen würde, einfach nicht reversibel oder veränderbar ist und auch Beeinträchtigungen der in anderen Lebensphasen als selbstverständlich empfundenen Freiheitsgrade mit sich bringt, mit denen man umgehen und in das tägliche Leben integrieren muss, sei dabei nicht verschwiegen. Aber die Bestimmung des Stellenwerts, der dem gegeben bzw. beigemessen wird, liegt sehr wohl in unserer Macht.
Das alles wiederum bedeutet nicht nur, dass man mit unverstelltem, liebevollem Blick gegenseitig immer wieder zusätzliche, neue Seiten am anderen entdeckt, sondern auch an sich selbst, ein rekursiv geprägtes, lebendiges, spannendes Wachstum, das zutiefst befriedigend ist für beide Beteiligte. Das hat allerdings so ganz und gar nichts zu tun mit "Luftschlösser bauen", ganz im Gegenteil, es ist gekennzeichnet durch eine bewusst gelebte Präsenz im "Hier und Jetzt". Voilà!