Hintertreppe
[Ja, ich habe alles gelesen!]
1) Ich selbst und persönlich(!) habe nicht viel Vertrauen in Safewords, wer mehr dazu wissen will, möge in den Foren suchen.
2) Denkt mal an ein trotziges Kind, das sich neben dem Süßwarenverkaufsregal, nahe der Supermarktkasse auf den Boden wirft und laut brüllt, weil es nicht bekommt, was es will. Geht es dem Kind um die ihm nicht gewährten Kaugummis, fühlt es sich im Recht, fühlt es sich gut ob seines Protests? Wohl kaum. Aber es scheint da geheimnisvolle Mechanismen zu geben, warum das Kleine dennoch auf Provokation setzt ... sich kopfüber in sein selbstzerstörerisches Unheil stürzt ...
3) Ich erlebe mich als sehr emanzipierte, lieber ist mir: ' freie' Frau. Auch wenn ich devote Lüste lebe. Na klar habe ich das schon exerziert, einfach zu gehen, einfach abzubrechen, einfach so nüchtern zu sein, dass der Irrweg ein Ende hat. Lieber war mir immer die intern steuernde Variante, das Weglocken von Abwegen, das Verführen zu Passenderem, oft hat das auch gut geklappt so.
Aber dann gibt es diesen Punkt, wo ich mich bereits in der Falle wähne, wo ich denke, "das hättest du jetzt anders angehen sollen, warum hast du nichts getan?" ACH, wie viele Auflösungsmöglichkeiten fallen mir hernach(!) ein!
JETZT ein Safeword benutzen? Im Bewusstsein, vorher selbst einen Fehler gemacht haben?
Das habe ich manchmal nicht fertiggebracht. da war mein Stolz vor.
Allerdings hatte ich eine zweite Logik im Hinterkopf, "das kannst du jetzt 'durchstehen'. Es bringt dich nicht um, es tut einige Zeit lang weh, aber danach hebst du den Kopf, und alles ist in Ordnung."
Diese Idee hat mir viel Kraft gegeben. Und übrigens auch die jeweilige Beziehung ins rechte Licht gerückt, beiden Beteiligten.
Was ich sagen will, eine Dev, die sich einlässt, braucht viel Besinnungszeit (das ist Vorarbeit oder das Aushandeln von Denkpausen für entspannte Selbstreflexion) und eine gut ausgebaute Hintertreppe, in der selbstbewusstes Auftreten wie gewohnt, Selbstachtung, Safeword (<- sic!), Krisenstrategien, wenn der Kerl nicht verstehen mag, weil er im Rausch ist, aber auch Entscheidungsfindung, was man selbst wirklich will, ihren festen Platz haben. Und es braucht eigene Prinzipien wie: "Wenn mir der Bauch grummelt, lege ich eine Pause ein."
Der letzte denkbare Ausfallschritt, "ich habe mich da selbst hinein manövriert, ich stehe das jetzt durch", verbunden, bitte, mit einer realistischen Einschätzung des Gefahrenpotentials, ist m. E.(!) nicht der allerübelste. Weil er der Dev erlaubt, den Kopf trotzdem hoch zu tragen.
Kein Plädoyer fürs Hinhalten!
Aber: Dev verrennt sich, provoziert selbst, das kann passieren. Das Aushalten wäre eine denkbare Variante. Eine bessere, als das eigene Versagen beim Artikulieren des Nichtwollens zu erleben, Weil Dev es wirklich und objektiv nicht mehr rüberbringt.
Nein, bitte, das gilt nicht für Vergewaltigung etc., ggf. noch ungeschützt!
Ich sprach oben von der gut ausgebauten Hintertreppe.
Eine Hintertreppe nicht nur zum Wegstehlen. Eine Hintertreppe für Dev ganz persönlich, Dev hat sie sich gebaut, um leidlich unbeschadet aus jeder kritischen Situation zu kommen. Was ist Schaden für Dev? Wer außer ihr sollte das beurteilen? Ja, richtig, der verantwortungsvolle DOM. Aber der mochte gerade ganz offenbar weiter kneifen.
Ach, man kann eine Situation so vielfältig auflösen! Für beide, für den anderen, für sich. Wichtig ist das Bewusstsein, DASS man eine Wahl, dass man Optionen hat.
Toll wäre, man könnte immer "Du, XY, ich mag das nicht!" sagen, wenn etwas schief läuft. Es wäre vermutlich höchst wirkungsvoll.
Aber manchmal bringt man das nicht über die Lippen ... deshalb begibt man sich ins BDSM, weil man diese Gratwanderung begehrt ...