NOCHMAL EIN BEITRAG AUS WEIBLICHER SICHT ....
Hallo,
ich bin seit 30 Jahren verheiratet, und mit kurzen Unterbrechungen seit 38 Jahren mit meinem Mann zusammen, und ich KENNE das Thema! GUT. ZU GUT.
Ganz kurzer zeitlicher Abriss: Klar hatten wir in jungen Jahren und am Anfang geilen Sex. Und Lust. Viel Lust.
Dann bekamen wir 3 Kinder. Wunderbare Kinder. Und dann der Klassiker: ich hatte einfach irgendwann einfach KEINE LUST mehr.... (Frage mich manchmal, ob das evolutionsbiologisch gesehen so eine Art natürliche Empfängnisverhütung ist? Egal.)
Es war das Übliche: er wollte immer, ich wollte nie. (Jetzt etwas übertrieben. Aber die Realität war genauso wie hier schon hundertfach beschrieben.)
Es gab eine Zeit (über den Zeitraum von schätzungsweise 8 Jahren) in der ich unseren "ehelichen Sex" wie Prostitution betrieb. Immer, wenn es sich gar nicht mehr vermeiden ließ (weil mein Mann zu sehr drängte, oder aber die Stimmung im Hause immer schlechter wurde) habe ich ihn "rüber gelassen". Und zwar tatsächlich so: fass mich nicht groß an, küss nicht rum, keine langen Aktionen vorher, rein mit dir und sieh zu, dass du fertig wirst.
Wie grausam (und fatal) das für uns beide war, habe ich erst viel später begriffen. Ich habe meinen Mann dafür gehasst. Ich habe ihn verachtet.
Denn ich dachte jedes Mal: du merkst doch, dass ich keinen Bock hab, - warum tust du's trotzdem? (Dabei war das echt nicht oft - ca. alle 8 Wochen mal) ... und für ihn sehr erniedrigend. Denn er hat es gemerkt. Und mein Mann ist ein guter Mann, ein sensibler Mann.
Das war für unsere Beziehung fatal. Könnt ihr euch vielleicht vorstellen.
Vor circa 3 Jahren habe ich meinen Mann in einem Paargespräch noch angeschrien:
Müssen wir denn jetzt wirklich noch bis 80 prickelnden Sex haben? Kann das jetzt nicht mal irgendwann einfach vorbei sein????
KEIN Mensch braucht Sex! Man muss schlafen, essen, trinken. Aber niemand braucht wirklich Sex!
Ca. 6 Wochen später wurde ich eines Besseren belehrt: meine Sexualität brach wie eine Art Tsunami über mich herein. Ich wollte IMMER. Ich hätte 5 Mal am Tag Sex haben können. Es reichte nie. Mein Mann wusste gar nicht, wie ihm geschah. Er war wie Hans im Glück. Und ich war verzweifelt. Weil ich mir auch trotz meiner beiden Hände schier nicht mehr zu helfen wusste.
Nun, die Phase ging (Gott sei Dank) vorüber. Aber ich hatte begriffen, dass es nicht gut ist, seine Sexualität so einzusperren. Denn dann kann es sein, dass irgendwann die Dämme brechen. Ich habe mir damals versprochen, dafür zu sorgen, dass meine Sexualität fließen darf. Und dass ich genau dafür sorgen werde.
Tja, es folgte eine sehr schöne Zeit. Mein Mann und ich durften für ein halbes Jahr unsere Sexualität genießen, die nun auch ICH einforderte. Weil ich Lust hatte.
Dann hatten wir leider einen Unfall und mein Mann ist seitdem komplett impotent. Er hat sich mittlerweile operieren lassen und wir hoffen sehr, - nach 2 Jahren, in einigen Tagen wieder zusammen schlafen zu können
.
Für mich war diese Zeit (ohne Penetration) anfangs eine sehr wichtige und schöne Zeit. Hat sie uns doch „gezwungen“ von dieser blöden und öden „Rein-Raus-Nummer“ wegzukommen. Es war ein enormer und befreiender Lernprozess für uns beide. Aber vor allem für mich.
An der Stelle noch eine Bemerkung zu einer Tatsache, die sicher auch dazu beigetragen hat, dass ich die Lust am Sex verloren hatte: ich habe bis heute noch nie wirklich beim Sex mit jemandem oder in Anwesenheit einer anderen Person einen Orgasmus gehabt.
Auch jetzt nicht, obwohl ich wirklich wunderbare Liebhaber habe und vor Erregung manchmal fast den Verstand verliere ....
Vielleicht ist das, was ich beim Sex erlebe aber auch einfach nicht so intensiv, wie wenn ich „das selber mache“? Wer von den Frauen kann mir da weiterhelfen???
Aber jetzt mal wieder zurück „auf Spur“.
Auch ich habe meinen Mann schon früher geradezu angefleht, sich doch jemanden zu suchen, mit dem er seine Sexualität leben könne. Er hat das für sich immer total abgelehnt. Mich hätte es damals erleichtert!
Und für mich war immer schon klar, dass ich EIGENTLICH in meinem Leben gerne noch mit einem anderen Mann ins Bett gehen würde.
Hab ich nicht gemacht. Braves Mädchen. Immer gewesen. Und ich habe 35 Jahre lang immer nur mit ein und demselben Typen geschlafen. Meinem Mann.
Bis vor 2 Jahren. Da habe ich meinen ersten Liebhaber kennengelernt. Und bin mit ihm 4 Tage nicht mehr aus dem Bett gekommen
Leider (oder Gott sei Dank) ist der Mann viel und lange im Ausland unterwegs, so dass wir uns nur ca. 2 x Jahr sehen können.
So kam ich über ein paar Umwege zum Joy. Und ich habe erstaunt festgestellt, dass ich zu gutem Sex nicht unbedingt Liebe, oder Verliebt-sein oder so brauche.
Ich würde zwar nicht mit jedem Vollhorst ins Bett gehen wollen, - Sympathie muss schon vorhanden sein, aber es geht tatsächlich ohne größere weitere Gefühle!
– Das mal nur als Hinweis zu dem Thema „eine Geliebte braucht viel Zeit“. Erstens, wer spricht denn von EINER Geliebten? - Ich habe mehrere Jungs, mit denen ich mich ab und an treffe und das ist total ohne Verpflichtungen und Zeitstress. Und dann gibt es ja auch noch Clubs. OK – das ist für euch Männer vermutlich schwieriger als für uns Frauen. Aber dann ist das noch Thema Geliebte auch immer eine Frage von Vereinbarungen und Absprachen.
All das hat mich dazu veranlasst, mich ausgiebig mit dem Thema zu beschäftigen. – Weibliche Sexualität, männliche Sexualität, Unlust in der Ehe, Fremdgehen, Affairen, Polyamorie, usw.
Ich habe viele sehr gute Bücher zu dem Thema gelesen und möchte euch hier eines besonders empfehlen:
„Die versteckte Lust der Frau“ – ein Forschungsbericht, von Daniel Bergner
Mächtig, animalisch und unbändig: die weibliche Lust in der neuesten Forschung.
Gehirn und Vagina: Zwischen dem, was Frauen über ihre Lust berichten, und dem, was sich wissenschaftlich messen lässt, besteht ein gewaltiger Unterschied. Sind die Frauen gar nicht das „monogame Geschlecht“, dem die feste Bindung über alles geht? In diesem provokativen, Schlagzeilen machenden Buch berichtet Daniel Bergner von der neuesten Forschung über die Lust der Frauen und stellt alles auf den Kopf, was wir über das weibliche Begehren zu wissen meinten.
Verkennen Frauen ihre eigene Lust? Sind Frauen gar nicht auf Familiengründung und Verbindlichkeit fixiert? Welche Auswirkungen haben Nähe und Bindung wirklich auf unser Verlangen? Wie stark ist der Wunsch, begehrt zu werden oder: Wie narzisstisch sind Frauen? Schadet der Feminismus („nein heißt nein“) der weiblichen Lust? Und sind wir reif für das Ende der Treue?
Daniel Bergner hat Sexualwissenschaftler weltweit besucht und berichtet von ihren bahnbrechenden Forschungsergebnissen über die Macht weiblichen Verlangens. Für die einen beunruhigend, für die anderen befreiend: Dieses Buch erschüttert unsere mächtigsten Mythen über die Lust.
... es scheint so zu sein, dass Frauen, was die Sexualität betrifft deutlich anspruchsvoller sind als die Männer. Frauen langweilen sich schnell beim Sex. Männer sind da pragmatischer und nehmen, was sie kriegen können. Frauen stellen Ansprüche. Eigentlich sind Frauen dafür prädestiniert, sexuell polyamor zu leben. Allein schon, um einen möglichst breiten Genpool für ihre Nachkommen zur Verfügung zu haben (jetzt mal aus biologischer Sicht).
Um möglichen Fragen vorzubeugen: NEIN, mein Mann weiß nichts von meinen Aktivitäten. Ich wünsche mir sehr, dass sich das für die Zukunft ändert. Aber das scheint schwierig zu sein. Ein erster Versuch verlief nicht sooooo gut.
Ich würde mir wünschen, dass wir uns gegenseitig die Freiheit geben könnten das zu leben.
Denn für mich ist es so: seit ich mir das erlaube, ist meine Beziehung entlastet, freudvolll und reich. Wir teilen so viel, da kommt ein Liebhaber nie ran. Und nach so langer Zeit, - einem gelebten Leben, zählen ganz andere Werte. Also zumindest für mich.
So Ende der Geschichte
Ach so, EINS noch: bestimmt macht auch die Hormonlage einiges aus. Ich glaube, ab einem gewissen Alter ändert sich das sexuelle Begehren bei den Frauen wieder
- und leider auch bei den Männern ...