Ich habe zu dieser Frage – nicht auf die devote Seite beschränkt – neulich schon einen längeren Beitrag verfasst, den ich der Einfachkeit halber einfach hier hereinzitiere:
Die Frage nach dem "Warum"
ist tatsächlich eine sehr gute Frage, die sich jedoch wohl kaum jemals abschließend beantworten lassen wird – zumal die Gründe bei jedem Menschen individuell etwas anders gelagert sein dürften!
Sollten wir diese Frage überhaupt stellen? Reicht es nicht, zu sagen, "Ich bin, wie ich bin, und gut ist"? Nun, mit dieser Einstellung geht es sich sicherlich leichter durchs Leben als mit dem ständigen Zweifel "Warum nur bin ich so, wie ich bin, und warum kann ich nicht anders sein?". Aber die Fähigkeit, die Dinge, so wie sie sind, gleichzeitig anzunehmen und zu hinterfragen, zeichnet uns Menschen doch gerade aus. Dadurch gewonnene neue Einsichten finde ich durchaus positiv!
Scherina:
Wie schaut es aus, ihr lieben Doms und Subs da draußen? Steht ihr auf SM, weil ihr als Kinder psychisch oder physisch misshandelt wurdet?
Das mag in einigen Fällen tatsächlich so sein, allerdings halte ich es eher für die Ausnahme. Ich habe jedoch schon von (realen) Menschen gehört bzw. gelesen, die über BDSM traumatische Erlebnisse wie etwa Vergewaltigungen aufarbeiten und in positive Erfahrungen umwandeln oder umgewandelt haben. Unter den richtigen Umständen und mit der gebührenden Vorsicht kann das durchaus funktionieren.
Beim Großteil der praktizierenden BDSMler scheinen mir die Gründe allerdings sehr viel subtilerer Art zu sein!
Nun ist es tatsächlich eigentlich widersinnig, Lust daraus zu ziehen, sich körperlich oder seelisch schlecht behandeln, erniedrigen und unterwerfen zu lassen. Ebenso, wie unsere Spiegelneuronen es eigentlich abwegig machen sollten, Lust daraus zu ziehen, jemand anders auf diese Art zu behandeln. Freilich lassen sich beide Beobachtungen relativieren, wenn man berücksichtigt, dass der offensichtliche Lustgewinn beim Gegenüber ein wichtiger Faktor dabei ist, das Geschehen zu genießen – auf beiden Seiten.
Auf irgendeine Art werden dabei aber wohl grundsätzlich gewisse Bedürfnisse befriedigt. Das Bedürfnis nach Grenzen, nach Sicherheit, nach einem frühkindlichen Zustand der Freiheit von Verantwortung im Fall einer/s devoten Sub? Das Gefühl, die absolute Kontrolle zu haben und zu behalten, bei Dom? In Bezug auf die D/s-Komponente finde ich dies noch recht einleuchtend.
Dann stellt sich natürlich als nächstes die Frage, warum gerade dieses Bedürfnis bei dieser Person so stark ausgeprägt ist und warum es sich in der Sexualität äußert und nicht in einem anderen Bereich.
Ich gehe davon aus, dass wir alle durch unsere eigenen familiären Verhältnisse, die Vorgeschichte unserer Eltern und eigene, v. a. frühkindliche Erfahrungen (keineswegs sexueller Art!) "unser Päckchen zu tragen haben", d. h. gewisse Bedürfnisse stärker ausgeprägt sind als bei anderen, andere weniger, und dass manche davon mit Macht danach schreien, befriedigt oder zumindest kompensiert zu werden. Dabei ist die Sexualität ein relativ gefahrloser "Spielplatz" für Manifestationen und Kompensationen solcher Bedürfnisse, so dass fast zu wünschen wäre, dass mehr Menschen sich in abweichenden sexuellen Präferenzen ausleben statt im "echten Leben".
Ich möchte noch einmal klarstellen, dass ich mit diesen Argumenten keinesfalls in Richtung einer Pathologisierung verstanden werden möchte und auch selbst keineswegs mit meiner Neigung hadere. Dennoch finde ich es äußerst erhellend, sich selbst, seine Beweggründe und Bedürfnisse zu hinterfragen, auch in Hinblick darauf, wie sie sich möglicherweise im Lauf der Jahre verändern oder verschieben. Genießen, was sich gut anfühlt, kann und sollte man natürlich trotzdem!