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You And Me Against The World

*******xen Frau
84 Beiträge
Themenersteller 
You And Me Against The World
<i>Alohomora!

Willkommen in den irren & wirren Fantasien meines damaligen 16jährigen Selbsts. Diese Geschichte ist alt. Und damit meine ich richtig richtig RICHTIG alt. Die grausamsten Fehler (grammatisch, orthographisch, logisch) hab ich rausgestrichen, alles Andere ist weitestgehend unberührt.

Mir bedeutet diese Geschichte eine Menge, und ich war in der Stimmung, sie mit euch zu teilen. Und JAP, sie ist auch auf Literotica online. Falls Zweifel bestehen sollten: Ich kann durchaus beweisen, dass das hier mein geistiges Eigentum ist.

Also: Viel Freude mit meinen Jugendsünden! Über konstruktives Feedback freue ich mich, Lob nehm ich jederzeit&immer (also nur her damit!!!), Geflame wird zur Kenntnis gekommen und anschließend geflissentlich übergangen. Aye, Vorhang auf!

AMEN SHE PRAYED!

PS.: Vorsicht, Kraftausdrücke. Oh, und 'ne volle Breitseite Pubertät hust - nur um das klarzustellen:
Alle sexuell involvierten Individuen sind mindestens 18 Jahre jung!


~

<b>You and Me against the World, Part I.</b>

• * *


<b>Prolog:</b> Die Hölle auf Erden

‚Geliebtes süßes freies Leben, adieu und lebe wohl... Wer weiß, wann ich dich das nächste Mal wieder sehe, die Sonne auf meiner verdorbenen Haut spüre, den Regen meine Sünden und Straftaten davonspülen sehe...'

Ach, was war er doch zu bemitleiden.

Jona seufzte und warf noch einen letzten Blick auf die Wiesen, die sich vorm massiven Tor des Internats VÄRLD erstreckten. Melodramatik war rein gar nichts im Vergleich zu Jonas Miene. Finster, feindlich, missgelaunt. Oh, was täte er jetzt dafür, einmal ganz laut schreien zu dürfen, noch lauter als gestern, als man ihm diese Hiobsbotschaft übermittelt hatte, die sein direktes Ticket in die tiefsten Höllenöfen war.

„DAS IST NICHT EUER ERNST!! DAS LASSE ICH MIR DOCH NICHT BIETEN, VERFLUCHTE SCHEIßE!"

Und rums, da hatte er die teure Vase von der Vitrine gefegt, gegen die er gelehnt dastand, seine Eltern mit liebevoll ausgedrückt verachtenden Blicken durchbohrend und es einfach nicht fassen wollte.

Das konnten die doch nicht machen!

Das würden wir ja sehen!

Er ließ sich nicht einfach abschieben auf ein... ein...

„Ein. Internat. Für. Schwererziehbare?! Ich glaub, es hackt! Da geh ich nicht hin! Never ever! VERGESST ES!"

Bebend vor Wut hatte er seine Eltern noch eine Weile angestarrt, ehe seine Gehirnzellen beschlossen hatten, dass es Zeit war für einen theatralischen Abgang à la pubertierender Kotzbrocken. Folglich war er wie ein Derwisch aus dem Raum geschossen, die Treppen hochgepoltert -- und hatte sich den Rest des Tages nahrungsverweigernd in seinem Zimmer verbarrikadiert, in der irrsinnigen Hoffnung seine Eltern damit umzustimmen.

Bis heute Morgen.

Bis man ihn irgendwie und für ihn bis jetzt noch nicht fassbar aus dem Raum gezwungen bekommen hatte. Memo an ihn selbst: Den Türschlossschmied verklagen, dass seine dämlichen Schlösser einer Motorsäge nicht standhielten!

Und nun war er hier.

Am Abgrund.

Am Höllenschlund.

Im Angesicht mit dem Lebensende.

Verdammt und verflixt und verflucht! Durfte er sein Entsetzen wirklich nicht mädchenhaft laut herauskreischen? Mit allem, was sein gut trainiertes Lungenvolumen hergab? Vielleicht machten sich seine Gesangsstunden dann ja endlich mal bezahlt...

Jona sank fassungslos tiefer in den Sitz.

Da erbaute sie sich bedrohlich und schwarz vor ihm: Die inhumane Manifestierung der irdischen Hölle. Internat Värld. Anstalt für Schwererziehbare. Hauptschule mit hochgelobten *Lehrmethoden*.

Was das bedeutete, war dem Schwarzhaarigen nur zu klar und dementsprechend begeistert reagierte er darauf.

Au ja, Prügelstrafen.

Au ja, Eckstehen.

Au ja, ...was er sich jetzt lieber gar nicht erst vorstellte.

Jonas Lippen verzogen sich bei diesen Gedanken unwillkürlich zu einem bitteren Lächeln. Was freute er sich nicht darauf, einmal in die Vorzüge solcher Strafen zu kommen... hell yeah, welcome back to the 50s.

Life is a lemon and I want my money back. Und das Leben schuldete Jona massenhaft Zinsen! Der Achtzehnjährige versank noch tiefer in die Rückbank, während der Mercedes seines Vaters über den Kies der Internatsauffahrt rollte.

Das Tor zum Innenhof der Hölle hatten sie gerade passiert. Sein Vater fuhr langsam, seine Mutter schien irgendwie verkrampft. Warum, konnte Jona nicht nachvollziehen -- immerhin würden sie ihn doch in knapp anderthalb Stunden los sein. Hatten sie denn nicht immer gepredigt und geseufzt und gejammert, er solle doch dankbar für sein Leben in Obhut liebevoller Eltern sein, er sei so verzogen und bereite ihnen nichts als Kummer? Warum jubelten sie nicht schon in Anbetracht auf Vorfreude? Sie machten Gesichter wie drei Tage Regenwetter, als sie ausstiegen und darauf warteten, dass er seinen Allerwertesten von der Rückbank bequemen würde.

Jona schüttelte resignierend ob seiner aussichtslosen Lage den Kopf, kletterte aus der schwarzen Limousine und machte anschließend die Mühe, seinem neuen Zuhause genauere Beachtung zu schenken.

Der Höllenvorhof machte sogar einen ganz akzeptablen Eindruck -- es gab ein kleines verkümmertes Bäumchen inmitten eines Rondells aus Buchsbaum und roten Rosen, das ein hoffnungslos optimistischer Gärtner zwischen goldgelbe Arnika und satt orangefarbene Ringelblumen gepflanzt hatte. Jona fragte sich unterbewusst, wie lange es wohl überleben würde.

Und dort drüben am Fenster standen zwei Typen mit Rastalocken und rauchten verstohlen. Cannabis, dem Geruch nach zu urteilen, den die laue Brise zu ihm wehte. Wenigstens kam man hier an Stoff -- also vielleicht doch nicht ganz so aussichtslos, wie er befürchtet hatte. Jonas Laune stieg ein klein wenig. Aber nur ein bisschen. Es war immer noch genug von seiner Miesepetrigkeit vorhanden, um gucken zu lassen, als hätte es ihm nicht nur die Gerste, sondern auch sämtliche Spaßfaktoren verhagelt.

Der Schwarzhaarige folgte seinen alten Herrschaften ins Gebäude und über unzählige Flure -- vielleicht konnte er sich hier ja verlaufen? -- und stoppte schließlich vor einer Tür, auf der mit Goldlettern Sekretariat geschrieben stand.

Jona atmete tief durch. Okay, ab jetzt gab es kein Entkommen mehr... hinein ins Vergnügen!

---

Gut eine Stunde später stand nicht nur fest, mit wem Jona ein Zimmer teilen sollte, sondern auch, welche Klasse er besuchen würde, wie sein Stundenplan lautete, man hatte ihn und seine Eltern durchs Internat geführt und alles gezeigt und erklärt...

Kurz gesagt brannten Jona vom vielen Laufen die Füße und vom vielen Zuhören schwirrte ihm der Kopf, als er sich wieder auf dem Höllenvorhof wiederfand, sein Gepäck in Empfang nahm, den Eltern mechanisch nachwinkte, während sie vom Hof fuhren -- beachtlich langsam -- und sich keine weiteren Gedanken darum machte, warum seine Mutter vorhin beim Abschied Tränen in den Augenrändern gehabt hatte.

Jona seufzte ergeben, nahm seine beiden schweren Reisetaschen auf, betrat das Foyer und überlegte an den Treppen angelangt, wie noch gleich der Weg auf sein Zimmer lautete.

Er war so in seine Grübeleien vertieft, dass er den blonden Jungen mit den langen Dreadlocks gar nicht bemerkte, der mit verschränkten Armen am Treppengeländer im ersten Stock lehnte, die Ellbogen auf die Brüstung gestützt, und ihn interessiert beobachtete.

Das war also der angekündigte Neuzugang? Wunderbar... Es wurde auch mal wieder Zeit, die Begrüßungsrituale einzusetzen... das letzte Mal war einfach zu lange her und der Schüler schon gar nicht mehr auf der Schule. Mal sehen, wie lange es dauern würde, bis dieses Exemplar von schwarzhaarigem Hot-Ass ohne Orientierung da unten brauchen würde, bis es ausflippte und man es achtkantig von der Schule warf...

Der Blonde grinste.

Desaster ahoi!

• * *


<b>Kapitel 1:</b> Gestatten, ich bin unmöglich

Jonas bittersüßes Lächeln spiegelte sich in seinen dunklen Augen wider.

Hach ja, was hatte er das Essen seiner Mutter geliebt. Jeden Sonntag Leberkäse mit Spinat und Bratkartoffeln, werktags Schnitzel, Pommes und viiiiiiiiel Gemüse, ab und an eine heilige Köstlichkeit wie Zimtmilchreis oder, wenn Jona Geburtstag hatte, sogar mal eine 1.000.000-Kilojoule/Kalorien-die-Mamie-dick-machen-Torte...

Kein Vergleich mit dem Fraß vom VÄRLD... im Gegensatz zu diesen... Küchenchefinnen und -chefs... war Jonas Mutter fünf Sterne mit dickem, fetten plus! First Class Restaurant-Köchin mit Auszeichnung! Moah...

Angeekelt starrte der Schwarzhaarige auf das, was sich da auf seinem Teller befand.

Eine undefinierbare, gelblich graue Matsche, die man beim näheren Betrachten als annähernd etwas Kartoffelbreigleiches identifizieren konnte. Dazu gab es Möhren, Erbsen und Mais mit braun-grauer Soße-Pampe und - als Krönung des Freitagsmenues - ein winziges, mit haarfeinen Gräten verseuchtes Stückchen paniermehlgebadetes und fettbuttergetauchtes Schollenfilet.

Lecker.

Jonas Miene verzog sich vor Begeisterung, als er den ersten Bissen nach einigen Anläufen großer Überwindung in seine Futterluke schob und dabei feststellte, dass dieser pseudo-kartoffelige Brei einen faden Beigeschmack von Zimt hatte - nebenbei bemerkt der einzige klar herausstechende Geschmack überhaupt. Diesen Matschbrei könnte man auch bestimmt prima als Mörtel nutzen. Die Farbe passte sowieso und die zähe Konsistenz würde sich vermutlich auch bezahlt machen.

Der Schwarzhaarige beschloss klugerweise bei sich, den Kartoffelbrei breiklebrig sein zu lassen und knöpfte sich nun tapfer das möchtegernappetitliche Gemüse vor. Mhm... Experimentierfreunde hätten sicher ihre helle Freude an diesem Zeugs. Ließ man Jona einfach mal querbeet losraten, käme er sicher irgendwann darauf, dass diese pharmazeutisch beeinflusste Matschepampe nicht nur aus genmanipulierten Mais, Erbsen inklusive Schoten und Mamas Möhrchen ausm Glas bestand, die man mit einem Schuss klarer Gemüsekonsomée eines namhaften Glutamatvertreibers versehen hatte, sondern auch einen leichten Hauch von Spargel enthielt. Und dass diese dunklen Bröckchen in der Sauce keinesfalls irgendwelche Magenstücke einer Kuh waren, sondern Croûtons aus Körner- und Zwiebelbrot.

Okay, also vielleicht besser auch kein Gemüse.

Ob er sich den Fisch von seinen Nachbarn im Tausch gegen den Kartoffelbrei ergaunern konnte? Denn von diesem Minifitzelchen, war Jona überzeugt, würde er unter Garantie nicht satt werden.

Kam man hier wohl irgendwie auf eine noch halbwegs legale Art und Weise an Chips und Cola? Mh, vermutlich eher nicht. Da stand die Wahrscheinlichkeit, dass er in der nächsten Mathearbeit eine Vier statt der üblichen Gnadenfünfminus schreiben würde, wesentlich höher...

Jona seufzte und beschloss, nach dem Prinzip „Jetzt oder Nie" zu handeln, zerpflückte die Meerestierleiche auf seinem soßengetränkten Teller, bis auch sicher alle Gräten raus waren -- so sehr er hier auch nicht bleiben wollte, an seinem Leben hing er schließlich doch irgendwo, und wenn schon sterben, dann bitte ehrenvoll und nicht auf diese erbärmliche Weise -- und schob sich todesmutig den Fisch in den Mund.

Gut... okay... schmeckte eigentlich ganz akzeptabel... außer Acht gelassen, dass das Paniermehl zu lange in der Pfanne gelegen hatte -- vollkommen schwarz an der Fischunterseite -- sogar mehr als annehmbar... ja, die Scholle ließ sich essen.

Und da Jona es schon immer geliebt hatte zu verhandeln, hatte er sich innerhalb weniger Minuten einen beachtlichen und vor allem sättigenden Anteil der Schollenfilets angeeignet im Tauschgeschäft gegen Gemüsepampe und Kartoffelmatsch.

„Du scheinst Fisch ja gern zu mögen."

Wer wagte es da, ihn zu -...?

Jona sah auf und blickte direkt in dunkelbraune Augen. Wer war das denn? Kannte er den? Und was laberte der ihn überhaupt einfach so von der Seite an?

Jona legte sein Geschirr beiseite, setzte ein furchtbar falsches Lächeln auf -- und antwortete dann mit eisiger Stimmlage: „Ich wüsste nicht, was dich das angeht."

Doch hatte Jona gehofft, den Fremden mit seiner Garstigkeit verjagt zu haben, so erfuhr er soeben seine erste bittere Enttäuschung auf dem Internat VÄRLD.

Der Blonde ihm gegenüber fuhr sich mit einer Hand durch die kurzen Locken, schloss einen Moment die Augen und nickte dann. „Du bist der Neue - Jona, wenn ich das richtig behalten hab. Ich bin Fredrik und gehe in deine Klasse."

Sein Lächeln war aufrichtig - oder Fredrik der bessere Schauspieler. Doch das störte Jona, der sich mittlerweile wieder seinem Essen gewidmet hatte, herzlich wenig. Sollte Fredrik doch!

„Freut mich, dich zu treffen", meinte die Frohnatur gerade und lehnte sich entspannt zurück.

„Hmrmpf", machte Jona, den Mund voll Fisch, und rollte mit den Augen. Auch das noch... war er hier etwa an eine Labertasche mit zu lange unterdrücktem Laberdrang geraten, den diese jetzt unbedingt ausleben musste? Womöglich noch AN IHM?

Schon erwähnt, dass er hier schleunigst wieder weg wollte? Der Schwarzhaarige seufzte grottenolmtief.

Nur, um Fredrik irgendwie zu unterbrechen, pickte er sich willkürlich eine Person aus der Menge heraus, die sich zum Mittagessen in diesem ungemütlichen Speisesaal eingefunden hatte. Mit der Messerspitze deutete Jona auf die ausgewählte Person, schluckte den zerkauten Fisch runter und sah Fredrik dann auffordernd an. „Wer is'n das?"

„Wer?" Fredrik folgte dem Blick, den Jona jetzt auf die Person heftete, stutzte und zog dann hart die Luft ein. „Oh, das willst du nicht wissen. Den willst du nämlich nicht kennen lernen, glaub mir."

Machte Jona natürlich nur noch neugieriger, wen Spektakuläres er sich da rausgefischt hatte. „Sag schon, wie heißt der Flachwichser mit den Rastas?"

„Psst, man! Nicht so laut!", zischte Fredrik und warf einen unbehaglichen Blick über die Schulter. „Nenn ihn bloß niemals so, wenn er in deiner Hör- und schon gar nicht, wenn er in deiner Reichweite ist!"

„Warum nicht?" Jona leckte provokant den Rest gebratenes Paniermehl vom Messer und blickte Fredrik dabei lasziv an. Dieser atmete tief durch. „Das würdest du nicht überleben."

„So gefährlich ist der also?" Spöttisches Amüsement? Also bitte, Jona doch nicht! Der Schwarzhaarige grinste. Er würde schon irgendwie an die Info kommen, wer dieser blonde Rastatyp da war, so sicher wie der Mond nachts leuchtete.

Jona kreuzte das Besteck über seinem leeren Teller und leckte sich über die Lippen. „Jetzt rück schon raus, wer ist dieser Schwanzlutscher?"

„Jona, bitte!" Fredrik schluckte nervös. „Wenn er das hört, das gibt Ärger, riesigen Ärger!"

„Na und, mir doch schnuppe. Meinst du, ich könnte mich nicht wehren? Was glaubst du, weshalb ich hier bin?"

„Ich... ich glaub, das will ICH nicht wissen..." Fredrik wich seinem forschenden Blick aus. Dann atmete er tief durch und nickte ergeben. „Also gut, ich sag dir, wer der Kerl ist. Aber leg dich bloß niemals mit ihm an! Wir hatten erst vor knapp drei Monaten eine Beerdigung und glaub mir, ich kann dir versichern, dass ich nicht scharf bin auf eine zweite."

„Ist ja gut, ist ja gut", wehrte Jona ab. „Ich verspreche dir, diesem Kerl kein Haar zu krümmen."

Von Wehren war ja keine Rede... und Provozieren konnte Jona, es war schließlich seit Jahren sein unangefochtenes Hobby Nummer eins. Gleich nach schlafen und sich unmöglich benehmen. Und irgendwie mochte er den Rastakerl mit jeder verstreichenden Sekunde weniger.

„Der Typ heißt Ville... also eigentlich Vilhelm, aber er hasst diesen Namen", flüsterte Fredrik und stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab.

Jona, der ihn kaum verstehen konnte, lehnte sich weiter vor.

Fredrik senkte die Stimme um noch ein paar Nuancen mehr, sodass es nur noch ein raues Wispern war: „Er ist schrecklich cholerisch, gewalttätig und sadistisch. Ville ist der Anführer einer kleinen Bande, zu denen Jungs wie wir nur aufschauen können."

Bei dem Satz wäre Jona am Liebsten wutschnaubend aufgesprungen. Er und jemand, der Andere für ihre Taten bewunderte?! Es hackte wohl!

Aber sein Gefühl riet ihm, ruhigen Blutes zu bleiben und sich anzuhören, was Fredrik ihm über Ville erzählte: „Ville ist der beste Rugbyspieler der Schule und wenn er auf seiner Gitarre spielt, dann schmelzen die Mädchen schier dahin. Er ist verdammt begabt, was Musik betrifft."

Zasch! Das saß wie ein Dolch, den man in Jonas Herz rammte. Dieser blonde rastalockige Ville, der ja überhaupt nicht die Sympathie in Person zu sein schien, war ein guter Musiker? Das passte ihm überhaupt nicht! Hier gab es nur ein Musikass, und das war ER! Ende Banane!

Jona schnaubte verächtlich.

„Das ist aber noch nicht alles", fuhr Fredrik fort und sah ihn mit geheimnisvoll leuchtenden Augen an.

„Was denn noch?" Nö, die Neugierde konnte er nicht aus seiner Stimme verbannen und auch nicht in den Augen verstecken, aber er konnte gelangweilt mit der Serviette spielen, welche diese Spaßheinis von der Küche verteilt hatten, und er konnte dabei seinen Blick senken.

Doch Fredrik nahm sowieso keine Notiz von Jonas Reaktion auf den Satz. Er war jetzt in seinem Element. „Ville ist der beliebteste Junge der Schule bei den Mädchen und hat gute Aussichten auf ein Führungszeugnis, das ihm eine enorme Besserung in seinem Benehmen bescheinigt. Bei den Lehrern ist er ja auch die personifizierte Liebenswürdigkeit. Ja, und die Musikfachhochschule dieser Region hat ihm ein Stipendium angeboten für nächstes Jahr, wenn wir unseren Abschluss machen. Ville hat auf dem Weihnachtsfest aber auch echt so genial gespielt!"

Hach ja, Vergötterung hier, Rumsülze da... Nein, Fredrik musste nicht noch den vor Anhimmlung triefenden Satz „Ich bewundere ihn!" hinterherschieben, Jona war auch so klar, dass Fredrik total auf Ville stand. Wenn auch vielleicht nicht unbedingt im homosexuellen Sinn.

Das war ja nicht mitanzuhören!

„Themenwechsel! Was steht an für den Nachmittagsunterricht?" Der Schwarzhaarige knüllte die misshandelte Serviette zusammen und warf sie auf seinen Teller, ehe er sein Gegenüber auffordernd ansah.

„Sportunterricht", meinte dieser ohne Begeisterung. Herbe Enttäuschung klang aus seiner Stimme heraus. War Jona reichlich schnuppe. Er wollte nichts mehr hören von dem ach-so-tollen Vilhelm oder wie auch immer der hieß!

Sport... das war doch schon viel interessanter.

„Aber erst haben wir anderthalb Stunden Freizeit", erklärte Fredrik, als ein scheppernder Gong ertönte und sich die Schülermasse erhob, um dann aus dem Speisesaal heraus und in alle denkbaren Himmelsrichtungen zu flüchten.

Jona ließ sich eine Menge Zeit. Er hatte es nicht sonderlich eilig, nach draußen in die Sonne zu kommen. Fredrik und er waren zwei der Letzten, die den Raum verließen - gemeinsam mit Ville. Fredrik verharrte ehrfurchts- und respektvoll vor der Tür, um Ville den Vortritt zu lassen. Aber Jona, der gar nicht dran dachte, diesem Kerl Respekt zu zollen, marschierte einfach weiter.

Also kam es, wie es kommen musste. Es knallte einmal laut, als die beiden jungen Männer unsanft ineinanderprallten.

„Hey, du Vollpfosten! Pass doch auf!", fluchte Jona und funkelte Ville finster an, während er sich die Stirn rieb. Autsch. Das würde blaue Flecken geben...

Ville erwiderte Jonas hasserfüllten Blick wenige Sekunden eisig, ehe er schlagartig grinste. „Bist du nicht der Neue?"

Scheinheiliges Interesse umflorte seine dunkle, warme Stimme, während er Jona unverhohlen von Kopf bis Fuß musterte.

„Du hast es erfasst", konterte Jona. „Und mit welchem affektierten Lackaffen habe ich die Ehre?"

Ein erschrockenes Quietschen aus Richtung der Tür, wo Fredrik sich herumdrückte.

Aber Ville ließ sich nicht irritieren.

„Ganz schön großes Maul für Frischfleisch wie dich", meinte er nur und umrundete Jona einmal.

„Knackiger Arsch. Jungfrau?", wollte er beiläufig wissen und blieb wieder vor dem Schwarzhaarigen stehen.

„Und selbst wenn, was würde dich das angehen, Blondie?" Jona verschränkte die Arme vor der leicht muskulösen Brust und fixierte Ville mit einem finsteren Blick. Doch Ville schien gegen so was immun zu sein, in seinem Gesicht zeigte sich keinerlei Reaktion.

„Wir werden noch das Vergnügen haben, uns *kennenzulernen*, Süßer", meinte er und sein Grinsen wurde breiter, ehe er sich abwandte. „See ya im Sportunterricht!"

Er hob die Hand zum Gruß und verschwand den Gang Richtung Schlafsäle hinab.

Fredrik an der Tür stieß einen tiefen Seufzer aus.

„Wo hast du uns da nur reinmanövriert?", meinte er kopfschüttelnd, fasste Jona an seiner schwarzen Lederjacke und zog ihn mit sich mit. „Komm, ich zeig dir, wo du Ruhe vor Ville hast."

„Was findest du so toll an diesem arroganten Einfaltspinsel?", schimpfte Jona auf dem ganzen Weg über unzählige Flure, Treppen und Gänge. Fredrik antwortete nicht, sondern ließ den Schwarzhaarigen fluchen.

„Er geht übrigens auch in unsere Klasse", sagte er nur knapp, als er endlich, nach einer langen, steilen, schier nie enden wollenden Katzentreppe, unter einer Falltür stehen blieb und Jona, völlig außer Atem, nach Luft schnappte.

„Was? Und das sagst du mir erst jetzt?! Oh, verfluchte Scheiße!" Er kannte noch allerhand mehr hübsche Flüche, die noch sehr viel netter klangen... Fredrik verzog das Gesicht, ließ den lamentierenden Jona die Strickleiter hochkraxeln, die wenige Zentimeter über seiner Nase baumelte, und folgte ihm dann hastig, ohne sich über das abrupt eingesetzte Schweigen zu wundern. Oh, diese Leitern waren nichts für ihn...

Jona indessen, der sich mit vor Staunen geöffnetem Mund umgesehen hatte, fand endlich seine Sprache wieder.

„Ist das geil hier!" Er machte ein paar Schritte, ohne die vielen Poster an den dunkelrot gestrichenen Wänden aus dem Blick zu lassen. Auch die tiefweinfarbenen Vorhänge vor den hohen vergitterten Fenstern fanden seine Bewunderung, ebenso wie die vielen schwarzen Kerzen, die in schlanken, schwarzen Haltern an der Wand oder kreuzquer auf dem Boden verstreut standen. Zu seiner Linken lag eine zum Kuscheln einladende, gemütlich anheimelnde Sofaecke und... an der Wand gegenüber gab es eine kleine, provisorische Bühne, auf der ein Schlagzeug und eine Gitarre in ihrer Halterung standen.

„Gefällt es dir hier?"

Erschrocken darüber, so abrupt aus den Gedanken gerissen zu werden, wirbelte Jona herum. In einer Ecke, vor einem Stapel Spielkarten und auf einem Kissen thronend, hockte ein brünetter Typ, der Jona mit seinen grünen Augen fixierte und dabei lächelte. „Ich vermute, Fredrik hat dich hergeschleift?"

Jona zuckte nur mit den Schultern. „Sieht wohl so aus."

„Ich dachte, ich könnte dem Neuen mal unser kleines Privatreich zeigen." Fredrik, der inzwischen die Falltür geschlossen hatte, nahm dem Brünetten gegenüber Platz und winkte Jona zu sich heran. „Darf ich vorstellen: Mein bester Kumpel Erik. Erik, das ist Jona."

„Freut mich", meinte Erik und bedeutete ihm, sich neben ihn zu setzen. „Kannst du Karten spielen? Dann könnten wir ein paar Runden zocken, wenn du Bock hast."

„Meinetwegen." Jona beobachtete, wie Erik die Karten geschickt mischte und verteilte. Er würde die beiden an die Wand spielen! Nicht umsonst war er schließlich der König der Kartenspiele.

Doch seine erste Runde Karten beendete Jona mit einer haushohen Niederlage. Was hatte er auch ahnen können, dass Erik ein Meister im Bluffen war? Aber das konnte er natürlich nicht auf sich sitzen lassen.

„Revenge?", grinste er und hatte schon den Kartenstapel in den Händen, um ihn zu mischen.

So vertrieben sich die drei die Zeit bis zu der Sportstunde, die noch zum Verhängnis des Schwarzhaarigen werden würde.

Denn Jona sollte lernen, dass man Ville nicht so ohne Weiteres beleidigte...

• * *


<b>Kapitel 2:</b> Willkommen auf Station B6

Unheilvoll baute sich das Nebengebäude vor ihm auf. Sporthalle. Niedriges Bauwerk mit schmalen Fenstern. Nur eine Ein-/Ausgangstür. Fluchtmöglichkeiten also gleich null.

Jona besah sich den viereckigen Klotz mit Skepsis. Irgendwie... wurde er das Gefühl einfach nicht los, hier erst einmal für Längeres festzusitzen.

„Na los, nun komm schon! Ich will hier nicht ewig rumstehen."

Erik klopfte ihm fröhlich auf die Schulter, während er an ihm vorbei ging in den Vorschlund zur Hölle. Denn nichts anderes, da war Jona sich über alle Maßen sicher, konnte dieses Sporthallengebäude sein. Hölle, Fegefeuer und mehr! Huah, nichts wie weg hier!

Warum nur war Erik so gut gelaunt?

„Sport macht Spaß, glaub mir. Der einzige Unterricht an dieser Schule, in dem du wirklich was lernst."

Aha. Das klang ja echt... vielversprechend. Räumte Jonas Misstrauen ja auch auf einen Schlag fort. Warum glaubte er das ihm bloß nicht so wirklich...? Vielleicht, weil sich hier bisher alles, aber auch wirklich und restlos ALLES als öde, prüde, verklemmt und langweilig herausgestellt hatte?

Fassen wir mal kurz zusammen: Hier war kein Alkohol erlaubt, keine Bongs, nicht mal Zigaretten... geschweige denn härtere Drogen... Nachtruhe war ab viertel nach zehn... und Aufstehen dafür pünktlich um sechs, weil Frühstücken um sieben anstand. Davor gab es eine halbe Stunde Joggen im internatsinternen Freigelände -- wobei „frei" ein dehnbarer Begriff war: Es war eingezäunt war wie ein Knastgelände! Und wer danach immer noch nicht tot war, durfte sich am Frühsport erfreuen. Vermutlich war das sogar als gutgemeinte Maßnahme gedacht, um richtig wach zu werden.

Die Haus- und Schulordnung war noch viel meilenendloslänger gewesen, aber irgendwann hatte Jona keine Energie mehr dafür aufbringen können, wenigstens so zu tun, als hörte er der Direktorin dieser ehrwürdigen Lehranstalt mit höherem Bildungsziel zu. Die olle Schrulle verstand es prächtig, ihn mit ihrer Leierkastenstimme in den Schlaf zu hypnotisieren.

Jona seufzte und ließ sich von einem unverändert enthusiastischen, aber allmählich doch leicht von Jona angenervten Erik in die Eingangshalle schieben.

Mhm... es roch irgendwie muffig hier. Nach abgestandenem Blumenvasenwasser, in dem der Optimistengärtner vor der Hausmeisterloge bunte Blümchen verteilt hatte, nach altem Schweiß und alles versprechendem und nix haltendem Deodorant. Hatte was direkt Heimisches. Jona jedenfalls fühlte sich schlagartig wohler in seinem Gefangenenlager.

Nun doch ein wenig neugierig geworden, sah er sich genauer um.

An der Wand hingen unzählige Fotos von Fußball-, Tennis- und Rugbymannschaften, die ihn wie magisch anzogen. Zu seiner Linken erstreckte sich ein langer Flur, der höchstwahrscheinlich zu den Umkleiden führte, wie er vermutete.

„HÄ? Ist das nicht...?!"

Während Jona auf die Fotowand zugehalten und seinen Blick über die Bilder hatte streifen lassen, hatte er das besonders hervorstechende Bild mit dem Rugbyspieler zwar registriert, aber erst, als Ville wortlos an ihm vorbeigerauscht war, nahm er die darauf abgebildete Person richtig wahr.

„Das ist er doch! ...oder?" Überrascht starrte er die Person an, fixierte mit seinem Blick den des jungen Manns auf dem Fotopapier.

Er lächelte - etwas sehr, sehr Seltenes, wie Jona schlagartig eine leise Ahnung hegte - und sah dabei so verdammt zuckerschocksüß aus, dass Jonas Knie sehr zu seinem Ärger plötzlich buttercremepuddingweich wurden.

„Wer? Wen meinst du?" Erik, die Stirn gerunzelt, blickte über Jonas Schulter, sah, wen Jona so fasziniert anstarrte, und schluckte.

„Urks... mach da bloß keinen Fehler...", murmelte er.

„Was meinst du?" Jona wirbelte herum, blickte sein Gegenüber fragend an. Erik schluckte hart. „Ich meine, dass du nicht der erste Typ wärst, dem er das Herz bricht... Ville liegt nämlich nicht nur die gesamte weibliche Besatzung des VÄRLD zu Füßen."

Ville.

Bingo, das hatte Jona doch wissen wollen.

Der Rugbyspieler, vielleicht vierzehn, fünfzehn Jahre alt auf dem Bild, war dieser arrogante Rastatyp, den Jona irgendwie verdammt noch mal faszinierend fand.

Erik wollte gerade den Mund aufmachen, um den Verdacht kundzutun, der sich in ihm regte, wenn er in Jonas blitzenden Augen blickte. Aber Jona, der wusste, dass das für ihn kein gutes Ende nehmen würde, ließ ihn gar nicht erst zu Wort kommen. Mit der rechten Hand umklammerte er Eriks linkes Armgelenk und zog ihn kompromisslos mit sich mit. „Wo ziehen wir uns eigentlich um?"

Ausgezeichnetes Ablenkmanöver, das jedes Mal aufs Neue zu funktionieren schien. Jona ließ sich von Erik genau erklären, wo er sich umziehen und anschließend duschen konnte, wo er die Handtücher zum Abtrocknen fand und wie die doch etwas eigensinnigen Föns funktionierten.

„Die Umkleiden sind nach Stationen sortiert, nicht nach Klassen. Das hat was mit dem seltsamen System zu tun, das unsere Schulleiterin so begeistert fabriziert und etabliert hat. Frag mich nicht, wie genau das aussieht, das weiß ich nämlich nicht. Auf welcher Station bist du?"

Ähm... ja, gute Frage. Jona runzelte die Stirn. Was hatte diese Leierkastentussi noch gleich verlauten lassen? Irgendwas mit B und einer Zahl... sechs, wenn er sich nicht irrte...

„Ach du Sch- ... ... ...ande", murmelte Erik nur und zog zischend die Luft ein, als Jona ihm seine Vermutung mitteilte.

B6 war berühmt und berüchtigt und gefürchtet und verschrien auf dem VÄRLD - und das wollte was heißen, immerhin befanden wir uns hier auf einem Internat für schwer Erziehbare, nicht in einem Kaffeeklatschheim für Senioren aller Eigen-Art.

„Was soll das heißen, ach du Schande?", hakte Jona nach und durchbohrte Erik mit seinem stechend-fragenden Blick. Er wollte die Wahrheit, das machten ihm Jonas Augen unmissverständlich klar, und wenn er die nicht bekäme - und Jona konnte Lügen riechen - dann... oh nein, darüber dachte Erik besser nicht nach.

Der Blonde schluckte. Okay... hinein in den Löwenkäfig!

„B6 ist die Station für vorbestrafte Jugendliche" - darunter fiel Jona - „Gewalttätige" - dito - „und...", noch ein Schlucken, „für potentielle Mörder."

Hiyah!

Jetzt war es Jona, der nach Luft schnappen musste. Okay. Potentielle Mörder. Die trieben sich hier herum? In seiner unmittelbaren Nähe? Womöglich gar auf seinem Zimmer?!

Kalte Gänsehaut kroch Jona den Rücken hinauf, focht sich ihren Weg über seine Schultern und breitete sich auf seiner Brust aus. Lähmendes Entsetzen nahm ihn gefangen. Schon erwähnt? Er wollte hier weg!!!

„B6 ist Villes Revier." Klang irgendwie... nicht gut? Ein wenig unheilvoll vielleicht gar? In Jona stieg plötzlich dämmernd eine dunkle Ahnung hoch. „Ich muss mich also in einer Umkleide mit dem Linkswichser umziehen, das willst du mir doch verklickern, was?"

Erik wich seinem Blick aus, nickte aber zögerlich und kaum merklich. Seine Stimme war nur noch ein leises Flüstern, als er ihm antwortete, kurz und knapp. „Ja."

„Super. Ganz toll." Jona wandte sich ab von dem Blonden, lehnte sich an die Mauer. „Dann sag mir aber vorher bitte noch, weswegen Ville hier einsitzt. Ich will wissen, mit welcher Gefahr ich hier unweigerlich konfrontiert werde."

„Nein, das willst du lieber nicht, ganz ehrlich!" Erik klang fast beschwörend. Jona sah auf, verfinsterte seinen Blick. „Sag es mir, oder..."

Er beendete den Satz nicht. Das brauchte er auch gar nicht. Er war auch so drohend genug.

Erik senkte die Lider, atmete tief durch. Es fiel ihm wahrlich nicht leicht, sich Jona zu widersetzen. Einerseits, weil er die zarten Bande von Freundschaft, die sich zwischen ihnen zu bilden begannen, nicht zerstören wollte. Und andererseits, weil er ganz ehrlich ein wenig Angst vor Jonas Rachsucht und Vergeltungsdrang hatte.

Seine Augen, die so ausdrucksstark waren, sagten ihm, dass Jona nicht zimperlich war. Wenn es drauf ankam, würde er auch zuschlagen. Notfalls, bis er sein Opfer komareif geprügelt hatte.

„Nein, Jona, das kann ich dir nicht sagen. Du würdest ihn verachten, und das ist gefährlich für dich, glaub mir. Der letzte Schüler, der sich ernsthaft mit Ville angelegt hat..." Seine Stimme zitterte, brach ab. Er konnte nicht weitersprechen, vermochte es einfach nicht über seine weißen Lippen zu bringen.

Jona indessen war die Mauer hinabgerutscht, zog nun die Knie an und schlang die in schwarzen Stulpen steckenden Arme darum. Seine vielen Kettchen und Nietenarmbänder ließen ihr weiches Klingeln ertönen, wie jedes Mal, wenn er sich bewegte. Seine beringten Finger strichen über die nackten Oberarme. Dünne Härchen zeichneten sich über die bleiche Haut, und die auslaufenden Striche eines Tattoos am linken Unterarm malten sich sichtbar bis über die Armbeuge.

Es war warm geworden. Jona hatte vor einiger Zeit seine Lederjacke ausgezogen und locker über eine Schulter geschlungen. Er sah auf verwegene Weise fast ein wenig verrucht aus, im Halbschatten des Flurs.

War das der Grund, dass Erik ihn nicht gefährden wollte? Weil es Schmetterlinge in seinem Bauch verursachte, diesen rebellischen jungen Mann anzusehen?

Er wusste, dass Jonas Anwesenheit eine Bedrohung für den Schwarzhaarigen himself war. Er konnte nicht sagen, warum. Er wusste es einfach, seit dem Moment, wo Jona und Ville sich begegnet waren und Jona ihm so frech den Respekt verweigert hatte.

Es war nicht gut, Ville zu vergöttern. Aber schlimmer noch war es, ihn zu verachten oder ihn zu begehren oder gar beides zusammen. Es war schlichtweg lebensgefährlich. Den Beweis hatte es gegeben, es war noch gar nicht lange her...

Erik seufzte und nahm neben Jona Platz. Ein Fehler, wie ihm wenig später bewusst gemacht wurde. Jetzt hatte Jona ihn in der Falle. „Bitte, sag mir, warum Ville auf dem VÄRLD ist. Oder willst du mich ins offene Messer laufen lassen und es mich selbst herausfinden lassen?"

Daran hatte Erik noch gar nicht gedacht, das konnte Jona aus dessen dunklen Augen herauslesen. Er sah, wie es in Eriks Kopf arbeitete, wie er mit sich selbst rang. Konnte er es verantworten, Jona ins Verderben rennen zu lassen? Konnte er es mit seinem Gewissen und seinen Gefühlen vereinbaren, Jona die finstere, verdorbene Wahrheit zu sagen? Er seufzte leise und Jona wurde damit klar, dass er gewonnen hatte. Erik war mürbe gemacht.

„Ville hat..." Ein letztes Zögern, bevor er sich überwinden konnte, es auszusprechen: „Ville ist vor einigen Wochen auf Station B6 umgezogen, weil er angeblich einen Mord begangen hat. Die Beerdigung, von der Fredrik dir vermutlich schon erzählt hat..."

„Nein!", keuchte Jona, der verstanden hatte, und seine Augen spiegelten blankes Entsetzen wider. „Nein, das glaub ich dir nicht!"

„Doch", flüsterte Erik. „Der Schüler hieß Paul Degenhardt. Er hat Ville auf 'ne verdammt ungesunde Art gehasst. Nur um Ville eins auszuwischen, hat Paul sich an Mona herangemacht. Mona gehörte Villes Herz, das war ein offenes Geheimnis. Also hat Paul sie verführt und anschließend dafür gesorgt, dass Ville davon erfährt. Paul und Ville waren sozusagen die stärksten Krieger des VÄRLD, aber letztendlich hat Ville über Paul triumphiert. Ville war so wütend über Pauls Nacht mit Mona... er hat getobt, er hat geschrien, er ist völlig ausgerastet."

Erik hielt kurz inne, um einmal tief durchzuatmen. Es fiel ihm schwer, über das Geschehene zu reden. Aber Jona dachte nicht daran, ihn zu unterbrechen.

„Am darauffolgenden Tag, nach der Verführungsnacht, war Paul plötzlich unauffindbar", fuhr Erik leise fort. „Die Internatsleitung hat ihn schließlich als vermisst gemeldet, und die Polizei hat natürlich das gesamte Umfeld des Internats abgesucht, weil man dachte, Paul sei die Flucht gelungen... Aber dann", er stockte, schluckte hart, „dann hat Mona seine entsetzlich zugerichtete Leiche am See gefunden."

Jona stieß die Luft aus.

„Sein Mörder hat Paul am See aufgelauert und ihm hinterrücks die Kehle aufgeschlitzt, um ihm anschließend, während er verblutend im Gras lag, bei lebendigem Leib das noch schlagende Herz herauszuschneiden. Seine Leiche war blutüberströmt, der Brustkorb offen, eine klaffende Wunde am Hals. Das ist zumindest das, was von den Ermittlungen zu uns Schülern hindurchgesickert ist... Die Mordwaffe wurde nie gefunden, genauso wie Pauls Herz. Man vermutet, dass es irgendein scharfer Dolch war, oder eventuell irgendein Ritualmesser. Ville hat Paul umgebracht, da sind sich selbst die Lehrer sicher. Aber da man es ihm nicht beweisen kann..."

Eriks Stimme verebbte. Schweigend überließ er Jona seinen entsetzt herumwirbelnden Gedanken.

Er hatte sich also einen Mörder zum Feind gemacht, und gleichzeitig...

...gleichzeitig hatte er sich in ihn verliebt, Schlag auf Schlag, auf die erste Begegnung.

„Lass uns umziehen gehen", seufzte Jona matt und bereit, sich dem unausweichlichen Schicksal zu beugen, sich widerstandslos seinen gemischten Gefühlen zu untergeben.

Er wartete gar nicht erst auf Erik und darauf, dass der sich bemühte, sich aufzurichten. Unsportlich blieb eben unsportlich, wie Erik es zum x-ten Male verfluchte.

Jona atmete tief durch und machte sich dann schnurstracks auf den Weg zu seiner Umkleide.

Hell yeah, B6. Also ganz am Ende des Flurs. Und dieser Flur war kein 3-Meter-Spaziergang, nein; dieser Flur war LANG.

Während Jona also einsam wie ein Wolf den verflixten Sporthallenflur hinuntertaperte, gefolgt von Eriks sorgenvollem Blick, sollte das Schicksal seinen endgültigen Lauf einschlagen.

Denn kaum hatte der Schwarzhaarige das ersehnte Ende des Flures erreicht , die Klinke der Tür mit dem Schild „UMKLEIDE JUNGEN, STATION B6" heruntergedrückt und den Raum betreten, nahm sich Ville seiner an.

Nur in schwarzen, hautengen Boxershorts und mit einem unanständig bösen Grinsen auf den Lippen, lehnte Ville locker gegen die Wand, die Arme vor seiner nackten Brust verschränkt. Sein Blick verfing sich in Jonas skeptisch verengten Augen und einen Moment lang schien die Welt ehrfurchtsvoll innezuhalten in ihrer Rotation, nur um sich anschließend doppelt so schnell weiterzudrehen. So kam es Jona jedenfalls vor.

Ville stieß sich von der Wand ab, nickte zwei seiner Freunde knapp zu und sagte dann die verhängnisvollen Worte: „Willkommen auf Internat VÄRLD!" - das Startsignal für seine Bande.

Zwei der Typen, die Jona später „Villes Bodyguards" nennen würde, umklammerten seine Handgelenke, während der Rest einen Kreis um sie und Ville zog, der sich ihm langsam näherte.

Jona versuchte, sich halbherzig zu wehren. Zwecklos. Die beiden finsteren Typen waren stärker.

„Frischfleisch auf unserer Station." Villes Augen glänzten unheilverkündend. Er leckte sich über die Lippen, streifte dabei mit der sicherlich nicht mehr jungfräulichen Zunge das Piercing an seiner Unterlippe. Sein Blick verfinsterte sich auf irgendwie verdammt anziehende Art und Weise, das Grinsen wurde breiter. „Ich würde sagen, lasst den Spaß beginnen. Fangen wir an mit dem Begrüßungsriten für unseren schnuckeligen *Neuzugang*..."

---

Wie war das? Sportunterricht macht Spaß? Jona sollte sich merken, dass er mit Erik noch ein Hühnchen zu rupfen hatte.

Nachmittagsunterricht.

Postmoderne Folter.

Die Sonne brannte mehr als erbarmungslos vom Junihimmel, im Schatten waren es bestimmt 35°C und höher und, Jona keuchte, Leichtathletik war sowieso noch NIE seine Stärke gewesen... Hilfe.

Verfolgt von Villes hungrigen Blicken quälte er sich mit dem verf-...luchten Hürdenlauf ab, fest entschlossen, sich nicht noch einmal vor ihm so dermaßen erniedrigen zu müssen wie vorhin in der Umkleide. Niemand war da gewesen, um ihm zu helfen: Er allein gegen ein Dutzend Muskelprotze und Hünen. Das würde er Ville NIEMALS verzeihen, never never ever!!!

Und - das hatte er sich geschworen - er würde blutige Rache üben, auf dass Ville ihn nie wieder vergessen und in Zukunft vor ihm Respekt haben würde!

• * *

... to be continued! - vorausgesetzt, ihr wollt mehr ;P
*******xen Frau
84 Beiträge
Themenersteller 
ugh... er hat die formatierungen nicht genommen :< sorry, dass es sich jetzt so sperrig liest. nächstes mal denk ich dran!
In kleineren Häppchen wäre es auch wenier sperrig *zwinker*
*******xen Frau
84 Beiträge
Themenersteller 
interessanter vorschlag... ich hab bisher gelernt, dass längere kapitel erwünschter sind, als wenn ich euch nur bröckchenweise füttere.
aber gut, dann versuch ich's mal mit kapitel für kapitel *baeh*
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