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Unsere Entwicklung nach der Sexuellen Revolution der 60`iger

*******966 Mann
1.677 Beiträge
Themenersteller 
Es ist nunmal so, dass viele Menschen sich unwohl fühlen, wenn sie zu offen damit konfrontiert werden. Sie fühlen echte Scham.

Das ist doch interessant: Woher kommt dieses Schamgefühl? Doch daher, dass man "gelernt" hat, bestimmte Dinge zu verbergen. Es stimmt natürlich, für viele ist Sexualität tabuisiert, teilweise auch dämonisiert.
Ich bin überzeugt, dass der Wunsch nach Intimität nicht nur aus falschen Moralvorstellungen herrührt. Dass man vieles eben nicht mit Unbeteiligten teilen will. Und wer seine Sexualität nur in einer sehr romantischen Weise leben möchte, ist doch deshalb nicht verklemmt und prüde. Wer seinen Sex nur im Schlafzimmer erleben möchte, verbirgt doch nichts.

Hinzu kommt, dass ich z.B. gar nicht zu jeder Zeit mit Sexualität konfrontiert sein möchte. Ich habe ja hier in verschiedenen Threads schon zur Kenntnis genommen, dass andere fast ununterbrochen an Sex denken und am liebsten alles zur Gelegenheit machen würden. Ich will das aber nicht. Ich will auch nicht immer Musik hören oder Essen riechen.

Als ich jung war, waren nackte Brüste überall noch ganz normal. Auf JEDER Zeitschrift gab es Titten. Das hat mich gestört. Heute gibt es eine andere Art von allgegenwärtiger Sexualisierung. Die stört mich auch. Ich möchte selbst entscheiden können, wann Sex für mich eine Rolle spielt.

@*******966
Beschreibe du mir doch mal anhand einiger Beispiele, in welchen Situationen du dir einen offeneren, freieren Umgang mit Sex wünschen würdest. Ich weiß gar nicht so genau, was du konkret meinst.
*****ess Frau
18.698 Beiträge
Liebe Gesche!

Vielen Dank für diesen Beitrag!
Du sprichst mir aus vollem Herzen. Ich denke genauso wie du.

Mir ist es eben auch oftmals einfach zu viel. Ich möchte auch nicht ständig mit Bildern von Geschlechtsteilen konfrontiert werden. Häufig sind sie auch alles andere als ästhetisch ansprechend und ich empfinde das als abtörnend. Auch möchte ich nicht unbedingt wissen, was bei anderen so alles im Schafzimmer abgeht oder welche sexuellen Praktiken sie ausführen. Es interessiert mich einfach nicht. Genau so wenig wie es mich nicht interessiert, was es bei Meiers und Schmidts zum Mittagessen gab oder welchen Film sie gestern Abend geguckt haben.

Und auch ich muss und möchte nicht alles Private, Persönliche und Intime in alle Welt hinausposaunen.

Als prüde und verklemmt sehe ich mich deswegen noch lange nicht.

Aber es stimmt schon, darüber zu reden, von Angesicht zu Angesicht, fällt mir auch nicht leicht. Ich habe es nie gelernt. Das Thema Sexualität gab es in meiner Familie nicht. Auch keine Aufklärung. Wenn man nicht sicher wäre, dass es des Geschlechtsaktes bedarf, damit man überhaupt auf der Welt ist, würde ich meine Eltern für sexlose Wesen halten. Und so geht es sich auch anderen, die ebenso aufgewachsen sind.

Auch mein Ex-Partner hat nicht über Sex geredet.

Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass ich mit dem richtigen Partner kein Problem hätte, darüber zu reden, wenn er sich ebenfalls nicht scheut. Ich bin ja immerhin im Joyclub - das ist doch schon mal der erste Schritt zu offener Kommunikation.
*******966 Mann
1.677 Beiträge
Themenersteller 
@*******966
Beschreibe du mir doch mal anhand einiger Beispiele, in welchen Situationen du dir einen offeneren, freieren Umgang mit Sex wünschen würdest. Ich weiß gar nicht so genau, was du konkret meinst.

Ich bin ja immerhin im Joyclub - das ist doch schon mal der erste Schritt zu offener Kommunikation.

Genau dies trifft es als Beispiel ganz gut. Auf der einen Seite sehen wir eine absolut obszöne Darstellung von Sexualität, als Pornographie, als Hentai Comics, als Bilder, die eher an gynäkologische Aufnahmen erinnern wie auf Tumblr etc. usw.

Auf der anderen Seite kann man sehr schnell mit sexistischen Bemerkungen anecken. "Schlüpfrigkeiten" und "Frivoles" ist out und sollte nicht öffentlich gezeigt werden. Frauen sollen erotisch rüberkommen, aber nicht offen sexuell fordernd. Wenn es jemand tut, ist dies (wieder) politisch (denken wir an Pussy Riot oder Slut Walks. Für mich beißt sich das irgendwo. So betrachtet kommt diese, unsere Gesellschaft mit Sex nicht besonders gut und aufgeklärt zurecht, finde ich.

In Joyclub kann man offen über Sexualität kommunizieren, in anderen Plattformen (Facebook z.B.) wird man wegzensiert, wenn man das versuchen würde.

2015 gab es wohl eine Ausstellung zum Thema in Bonn.
http://www.sueddeutsche.de/k … uede-und-pervers-1.2528519-2

Habe sie leider verpasst.

In den 70er gab es den Trend der Freien Liebe. Viel ist von diesem Gegenentwurf der kirchlich-religiös und staatlich überwachten Sexualität (als Ehe) nicht mehr übriggeblieben, vielleicht noch offen promiskes Verhalten als Lebensstil oder die offene Beziehung, auch in ihrer Erscheinung als polyamoröse Beziehung.

Wie wirkt sich das in der Praxis aus?
Der Mensch an sich ist ein genuin soziales Wesen. Sexualität ist uns extrem wichtig und eines der größten Probleme, die wir haben. Partnerfindung ist eigentlich recht schwer. Wir haben alle möglichen sozialen Konstruktionen, die ein solches Paarfindungsverhalten fördern sollen. Dazu gehören heute auch Onlinedatingplattformen, für die Leute Hunderte von Euro bezahlen, um einen Partner zu finden - warum?
****sS Mann
1.116 Beiträge
Ich denke...
....wir sollten hier einfach al 2 Dinge trennen. Auch wenn diese schwer zu trennen sind.
Und zwar Gesellschaft, also das was wir alle gemeinsam bilden und persönliches/privates. sprich das was wir selber tun.

• Wie ich/wir leben ist zwar sehr offen. Quasi Post-Privacy. ABER nicht oversexed.

Will heißen, ich verstecke mich nicht bei dem was ich tue. ABER ich halte es dennoch nicht jedem unter die Nase etc.

Ergo kann mit mir ein jeder Zusammentreffen und sich auf den Zweck des jeweiligen konzentrieren. Alles kein Problem. Wenn dann aber jemand auf die Idee kommt nach mir zu Googlen, wird diese Person recht einfach meine gesellschaftlichen und politischen Ansichten herausfinden. UND man wird herausfinden das ich als Hobbyfotograf die eine oder andere Frau abgelichtet habe. Und so einiges mehr.

DAS sind aber $Dinge mit denen ich nicht jeden konfrontiere. Nur kann man diese dank dieses Internetzes herausfinden. WEIL, ich keine Lust habe diese Dinge zu verstecken und online quasi mehrere Doppelleben zu führen.

Ergo, hier im Joy findet man mich eher auf der erotischen, sexuellen Schiene. Bei Facebook den privaten politischen Teil. Und bei X*ng Konsorten den beruflichen Part.

Alles zusammen ergibt mich als Menschen. Jeder darf sich mit dem Part den er interessant findet bzw. mit dem er Kontakt hat (haben muss) auseinandersetzen. Wer dann aber nach mehr sucht, der findet mehr. DAS ist dann aber nicht mein Problem.

Ich bin mir aber sehr bewusst was ich wo mit wem teile. Das ist diese berühmte Medienkompetenz die vielen leider abgeht.

@****he & @*****ess:
Ich verstehe euch, und natürlich kommt es oft zu einem Oversexing. Was mich aber bei euren Beiträgen interessieren würde. Mal so doof gesagt. Was wäre, wenn der Arbeitgeber bzw. Kollegen von joy wüssten? Wo läge das Problem? Ich habe da meine Theorien zu, würde die aber gerne erst nach einer antwort verraten.

Ein WTF, geht euch nix an... PACK!!! Ist vollkommen ok *g*
Meine ganz persönliche, sexuelle Revolution läuft nun seit knapp drei Jahren. Ich habe mich befreit, habe Hemmungen verloren, habe meine Moralvorstellungen neu sortiert, habe Vorurteile abgebaut und alte Überzeugungen abgelegt. In dieser Zeit habe ich sehr viel gesehen und teilweise auch erlebt, was mir nicht gefällt.

Was den Joyclub angeht, so habe ich mich hier gut eingerichtet. Ich nutze ihn aber nicht, um mich aufzugeilen, um mich irgendwie vorm Bildschirm zu stimulieren. Ich finde nicht alles gut, was ich hier sehe. Ganz im Gegenteil. Ich persönlich lehne sehr vieles ab - vor allem würde ich mich von den persönlichen Meinungen sehr vieler Mitglieder regelrecht distanzieren wollen.

Will sagen, ich fühle mich mit ganz vielem, was mir hier begegnet unwohl. Und das ganz sicher nicht aus moralischen Gründen. Mich erschreckt der unreflektierte Umgang mit dem Thema. Wenn ich mir vorstelle, die Gesellschaft da draußen würde sich in diese Richtung öffnen, wäre das für mich keine positive Entwicklung. Ich glaube auch nicht, dass es das war, was die Kommunenbewegung wollte. Langhans und Co. ging es nicht darum, Pornofantasien auszuleben und einfach mal ordentlich abzuspritzen.

Aber letztlich haben wir, dank dieser Bewegungen, doch die freie Liebe. Frei zu sein, bedeutet eben auch, sich dafür entscheiden zu können, es privater zu handhaben.

Ein Teil meiner Freiheit liegt darin, mir die Menschen auszusuchen, mit denen ich meine Zeit teile, denen ich mich mitteile. Denen, die den PC und so eine Börse zu einem erlebbaren Teil ihrer Sexualität machen, möchte ich mich dafür nicht zur Verfügung stellen. Auch deshalb bin ich hier ohne Foto. Das gilt aber nicht nur für schmieriges Kopfkino, sondern auch für alle möglichen anderen Beurteilungen. Ich möchte mich nicht zum Objekt einer unüberschaubar großen anonymen Masse machen.

Auge in Auge würde ich mit jedem, der echtes Interesse an einem Gedankenaustausch hätte, über meine Sexualität reden können. Auch z.B. mit meiner Tochter. Allerdings hatte ich, solange ich lebe, niiiieeee den Wunsch, etwas über die Sexualität meiner Mutter zu erfahren.

*****rys:
Was wäre, wenn der Arbeitgeber bzw. Kollegen von joy wüssten?

Keine Ahnung. Es wäre aber nichts, mit dem ich nicht umgehen könnte. Die übelste Konsequenz wäre, wenn er es insgeheim irgendwie aufregend finden würde, und er sich mich beim Sex vorstellt. Buuääh!!!

(Übrigens: Die Frau meines Chefs ist meine Kollegin. Die beiden sind nach langer Trennung nun wieder zusammen und turteln viel rum. Manchmal weiß man morgens einfach, dass sie eine schöne Nacht hatten. Und ganz ehrlich: Ich will es nicht wissen. Ich werde aber immer wieder ungefragt damit konfrontiert. Es nervt einfach.)

Aber ich weiß immer noch nicht, was ganz konkret lockerer sein soll. Geht es darum, einer fremden Frau im Supermarkt sagen zu dürfen "ich finde dich sexy und hätte Lust auf dich"? Bei mir ist es zumindest so, dass ich nicht 24/7 empfänglich bin für solche Gedanken. Selbst, wenn der Typ mir gefallen würde. Es gibt manchmal mehrere Tage nacheinander, an denen ich in keiner Sekunde dafür einen Sinn hätte. Dann würde ich so einen Spruch unter Umständen sogar ekelig finden. So, wie mich der Geruch von Essen anekelt, wenn ich gerade richtig vollgestopft bin.

Es gibt so viele Themen, die mein Leben ausmachen, die mich beschäftigen. Sex ist nur eines davon und spielt nicht ständig eine Rolle. Ich gehe auch nicht auf einem Parkpatz zu jemandem und sage "ich suche einen Gebrauchtwagen, wollen Sie Ihren verkaufen?" (Die, die das mit den kleinen Kärtchen an der Autoscheibe tun, gehen den meisten doch gehörig auf den Senkel). Ich klingel auch nicht an fremden Häusern "ich suche eine neue Wohnung, wollen Sie Ihre vermieten?"

Wer mehr öffentlichen Raum und Zeit für Sex fordert, gibt dem Thema vielleicht einfach einen zu hohen - unangemessen hohen - Stellenwert.
*****a42 Frau
13.641 Beiträge
JOY-Team 
hier eine sehr spannende dokumentation, was denn von der utopie der freien liebe übrig blieb.
wie es teilweise entartet ist. quasi zur "diktatur der freien liebe" wurde.
und auch eine antwort drauf, warum man die familie wertschätzen kann und viele genau dahin zurückkehrten.

http://www.3sat.de/page/?sou … rzeit/tips/169156/index.html

intoleranz werden wir vermutlich niemals besiegen, aber solange ich das leben kann, was ich leben möchte, sind mir die beschränkungen, die andere menschen sich selbst auferlegen, mehr als schnuppe.
*******966 Mann
1.677 Beiträge
Themenersteller 
http://www.joyclub.de/my/2941889.gesche.html

Der Unterschied ist: Wenn ich jemanden frage ob er oder sie mir das Auto verkauft oder die Wohnung vermietet, ist das ungewöhnlich, aber akzeptabel. Dagegen können verbale Näherungen (Flirtverhalten) schon als Übergriff bewertet werden.
*******966:
Der Unterschied ist: Wenn ich jemanden frage ob er oder sie mir das Auto verkauft oder die Wohnung vermietet, ist das ungewöhnlich, aber akzeptabel. Dagegen können verbale Näherungen (Flirtverhalten) schon als Übergriff bewertet werden.

Das ist wohl so. Aber davor steht doch die Entscheidung, etwas zu tun, was einfach nicht angebracht ist, unangemessen. Irgendwie muss doch der Kontext stimmen. In einer Bar wäre eine solchen Anmache nämlich akzeptabler. Ob all die Menschen, die sich keinen spontanen, ungezwungenen Sex mit einem fast Fremden vorstellen oder gar wünschen, wirklich nur prüde und Opfer irgendwelcher Moral sind, bezweifle ich.

Nach dem Filmtipp von Sandra42 hab ich mir auf youtube "Die Kinder der sexuellen Revolution" angesehen (der empfohlene Film ist online nicht zu finden).

Ich habe da so eine Ahnung bekommen, dass es um etwas ganz anderes ging und geht. Und zwar um Gefühle ganz allgmein. In den meisten Kulturgesellschaften ist es ganz wichtig, keine Gefühle zu zeigen. Seit hunderten von Jahren werden wir darauf getrimmt, sie zu unterdrücken, zu verleugnen, sie zu verbergen. Der Umgang mit Sexualität ist nur ein Symptom dieser gefühlsarmen Gesellschaft. Und zwar in beiden extremen Ausprägungen, sowohl die Tabuisierung mit Scham und Schuld, als auch das exzessive Ausleben/Konsumieren von Sex.

Einen seelisch gesunden Umgang mit einem von so starken Gefühlen begleiteten Thema haben wir anscheinend nicht. Ähnlich intensiv und trotzdem tabu sind sonst nur Tod und Krankheit.

"Schuld" ist also nicht die Moral, sondern unsere Unfähigkeit, Gefühle auszudrücken.

(Nur eine Idee.)
***ee Mann
17 Beiträge
Hallo zusammen, dann schreibe ich nach bereits über drei Jahren Mitgliedschaft hier auch mal meinen ersten Beitrag im Forum…

Was mir mit meinen 29 Jahren in letzter Zeit zunehmend aufgefallen ist, ist, dass die heute ca. 20-jährigen Menschen ein weitaus „konservativeres“ Weltbild zu haben scheinen, als das mein Eindruck bei den heute ca. 40-Jährigen wäre - ohne dabei aber Offenheit gegenüber alternativen Lebensweisen abgelegt zu haben, eher im Gegenteil.

Wenn ich an Intoleranz gegenüber anderen Lebensentwürfen als dem eigenen denke, sehe ich diese auf jeden Fall auch in hohem Maße bei z.B. ehemaligen Kommunarden gegenüber jungen Frauen, die sich von vorneherein gegen Karriere und für Familie entscheiden.

Und ich denke, da spielt in der Tat die abnehmende zeitliche Nähe zu den ’68ern eine entscheidende Rolle. Sandra42 hat ja bereits auf so manche Zustände in den Kommunen hingewiesen. Denn den ’68ern ging es ja in erster Linie nicht um sexuelle Selbstbestimmung, sondern um das Aufbrechen der bisherigen gesellschaftlichen Strukturen insgesamt. Das Sexuelle war da meinem Erachten nach schlicht Beiwerk, wie man eben an der Verachtung „klassischer“ Familienmodelle sah.

Ich denke, die sexuelle Revolution hat in Deutschland allmählich einfach diese „Sturm- und Drangphase“ weitgehend hinter sich gelassen und ist erwachsen geworden. Jeder kann privat machen, wie er möchte, aber man muss es halt nicht mehr an die große Glocke hängen wie z.B. der kiffende Teenager, der nach den ersten zwei Joints plötzlich stolz ein Marijuana-Blatt auf jedem zweiten Shirt zur Schau trägt *zwinker*

Und das ist der erste Grund, warum das Sexuelle m.E. nach wieder zunehmend ins Private rückt: Es ist prinzipiell kein Politikum mehr.

Der zweite Grund – und ich möchte betonen, dass ich diese These hier nur zur Disposition stellen möchte – ist vielleicht die Tatsache, dass ein ausgefallenes Sexualleben mit mehreren Partnern vielen Menschen evolutionär bedingt immer noch verantwortungslos erscheint. Der Grund dafür nennt sich „Maladaptation“ und sagt im Endeffekt nichts anderes aus, als dass unsere Natur es nach wie vor nicht auf die Kette gekriegt hat, zu realisieren, dass wir durch Verhütungsmittel weitgehend kontrollieren können, ob wir mit jemandem Kinder oder nur eine schnelle Liaison haben möchten.

Und ein solches – früher gegenüber eventuellen Kindern extrem verantwortungsloses – Verhalten lässt viele eben immer noch vor (beruflicher) Kooperation zurückschrecken: Wer sich gegenüber potentiellem Nachwuchs so verhält, bringt der „Gruppe“ (übertragen auf heute z.B. Firma) evtl. weniger Nutzen als vielmehr Schaden.

Das dürfte übrigens auch der Grund sein, warum Frauen mit vielen Sexualpartnern immer noch einen schlechteren Ruf genießen, als es bei Männern der Fall ist: Ein Mann kann sich aus dem Staub machen und büßt nichts seiner Fähigkeiten ein, eine geschwängerte Frau ohne ausgemachten Ernährer war in archaischen Zeiten dagegen eine enorme wirtschaftliche Belastung für den Rest ihrer jeweiligen „Gruppe“. Aber wie gesagt: Sind beides nur Hypothesen.

PS: Tut mir Leid, dass das jetzt gleich ein halber Aufsatz wurde, aber wenn man solche Themen schon anschneidet, kann man es ja auch detailliert machen *zwinker*
****na Frau
590 Beiträge
Danke für das tolle Thema
Rein sexuell hat sich viel getan zum Guten und ihr habt die Themen ja schon angesprochen (mehr Offenheit gegenüber gleichgeschlechtlichem Sex, Pille, Verhütungskontrolle, Freiheit den Sexpartner zu wählen und und und ....)

Ein Gegenentwurf zur monogamen Ehe ist allerdings noch nicht gefunden und etabliert. Die Kommunen waren ein Anfang und haben bestimmt viele Denkmuster zerbröckelt. Aber es wurde gelebt von Menschen, die noch im 2. Weltkrieg geboren wurden. Überlegt doch mal, was denen noch für Werte vermittelt wurden. Natürlich hatten sie keine Chance. Natürlich wurden da noch hierarchische Männerfantasien gelebt. Sämtliche Sekten, die sich in den 60ern/70ern entwickelten basierten auf Männerträumen und waren von Männern dominiert.

Gleichberechtigte Alternativen zu einer Ehe halte ich für eine Illusion, solange wir noch keine Gleichberechtigung leben in der Gesellschaft. Rechtliche Verankerung ist eins. Werteänderung ist das andere und das dauert länger als eine Gesetzesänderung.

Ich selber suche Zeit meines Lebens nach einer Antwort auf die Frage, ob es nicht eine Alternative zu einer monogamen Ehe gibt. Ich werde das nicht mehr erleben, weil ich it einem Wertegerüst aufgewachsen bin, dass noch zu nah an dem Ideal der Hetero-Familie ist. Deswegen reibe ich mich auf Zeit meines Lebens. Reibe mich auf, weil ich im Kopf anders will, aber meine Gefühle dann eben doch nicht immer anders können.

Gesellschaftsbewegungen gehen meiner Meinung nach immer in Wellen vor sich. Somit finde ich es nur logisch, dass die Hippiegeneration extrem konservative Kinder hervorbrachte. Ich bin immer erschüttert über 20 Jährige und ihre Monogamie und sexuelle Treue u.ä. Manchmal bin ich auch traurig und frage mich, ob ich dafür gekämpft habe als Jugendliche.

Aber jede Generation hat ein Recht eben wieder vorne anzufangen und ihre Erfahrungen zu machen.

Die oversexed/underfucked Atmosphäre empfinde ich allerdings auch als Katastrophe. Das hat nichts mit sexueller Revolution oder Freiheit zu tun. Ich empfinde es eher als das Stopfen von ganz viel innerer Leere und das ist schlimm für eine Gesellschaft.

gruss, Ferana
*****ess Frau
18.698 Beiträge
Vielleicht wird die jüngere Generation wieder konservativer, weil ihnen die Allgegenwärtigkeit von Sex einfach überdrüssig ist? Kindern und Jugendlichen wird doch heutzutage durch das Internet und die sozialen Medien schon von klein auf das Thema Sex aufgedrückt.
Wenn sie noch jung sind, finden sie vielleicht das alles noch cool und können sich mit sexuellen Kraftausdrücken älter fühlen.
Aber wenn ihnen ihre eigene Sexualität in der Pubertät und mit zunehmendem Alter bewusster wird, dann wollen sie das vielleicht auch einfach nur noch für sich haben, wollen ihre Privatsphäre haben, wollen Intimität nicht mehr mit der ganzen Welt teilen und brauchen es auch nicht mehr, um dazu zu gehören und Teil einer Peer Group zu sein?

Bei der Generation um die 40 ist es gerade andersherum: da war das Thema Sexualität in der Kindheit und Jugend noch ein Tabuthema. Wir waren nicht übersättigt von Sex in den Medien. Und einige meiner Generation meinen deshalb jetzt vielleicht, das alles nachholen zu müssen, was sie früher nicht frei aussprechen und ausleben konnten.

Das wäre zumindest mein Gedanke zu dem Thema. Das einzig plausible, was mir dazu einfällt.
*****ess Frau
18.698 Beiträge
****na:
Ich bin immer erschüttert über 20 Jährige und ihre Monogamie und sexuelle Treue u.ä. Manchmal bin ich auch traurig und frage mich, ob ich dafür gekämpft habe als Jugendliche.

Du bist erschüttet, dass junge Menschen in monogamer Zweisamkeit leben wollen? Warum? Wenn das ihren Vorstellungen entspricht und sie das glücklich macht? Mich macht auch nur dieses Konzept glücklich. Mit allem anderen wäre ich unglücklich, unzufrieden.

Mich erschüttert es eher, wenn 17jährige Mädchen alle zwei Wochen den Freund wechseln und nebenbei auch noch mit allen Jungs der Schule vögeln und das dann auch noch stolz irgendwo posten.
Ist das der Erfahrungsschatz, den man heutzutage braucht? Ist das wirklich so befriedigend?
*******966 Mann
1.677 Beiträge
Themenersteller 
Taree
Und das ist der erste Grund, warum das Sexuelle m.E. nach wieder zunehmend ins Private rückt: Es ist prinzipiell kein Politikum mehr.
In diesem Punkt würde ich widersprechen wollen.

Wir erleben auch heute noch (nicht unbedingt in Deutschland, aber in Nachbarländern, mit denen wir uns in einer Wertegemeinschaft sehen, nämlich der EU) extreme Widerstände gegen den Christopher Street Day oder den Slut Walk. Beides sind alles andere als private Sexualphantasieveranstaltungen, sondern per se politisch angelegt, auch wenn sie (hierzulande) Festivalcharakter haben. Gerade in den osteuropäischen Ländern haben Schwule mit Anfeindungen und existenzieller Bedrohung zu kämpfen, natürlich auch religiös unterfüttert.

Wir beobachten eine Rückkehr zum Konserationismus durch regelrecht reaktionäre Regierungen wie in Ungarn oder Polen, letzlich auch durch die katholische Kirche, die orthodoxen Kirchen und eine andere monotheistische Welt-Religion, die ich hier nicht nennen soll.

Man darf sich fragen, ob das nicht mal auch auf Deutschland und die gesellschaftlich akzeptierte Sexualmoral übergreift. An anderer Stelle im Forum hier wird auch darüber diskutiert, wie lange solche Dinge wie Swingerclubs noch existieren können. Vielleicht ist es bald vorbei mit freibestimmter Sexualität.

Auch wir haben reaktionäre erzkonservative Parteien wie die AfD mit dem Pegida-Straßenkampfarm, gerade - und das erschreckt mich - im Osten Deutschlands, dort wo Frauen seit den 60ern viel stärker als im muffigen Nach-Nazi-Westdeutschland in den gesellschaftlichen Produktionsprozess eingebunden waren und viel, viel unabhängiger von ihrem Ehemann waren. Selbst die Poltigranden haben ein absolut untypisches Familienmodell vorgelebt.
*******lnd Mann
159 Beiträge
ich bleibe mal grundsätzlich beim Eingangsbeitrag - um mich nicht zu verlaufen *wua* - streife aber einige Aspekte von Antwortbeiträgen inhaltlich...

vorab eine kurze Verständnisanmerkung…
um meine Auffassung zum Eingangsbeitrag verständlich(er) zumachen UND den ergänzenden Beiträgen gerecht zu werden - erscheint mir nachfolgende Trennung sehr maßgeblich, da sonst Argumente schnell als Gegenargumente erscheinen - ohne, dass sie dies tatsächlich sind…

„sexuelle Revolution“ - sagt ja schon, dass diese sich auf der sexuellen Ebene bewegt - nicht zwangsläufig auf der Ebene der Lebensform
hier verweise ich gern auf die Differenzierung im Englischen zurück, da es diese in der deutschen Sprache so nicht gibt - in Unterscheidung von:
gemder = das soziale Geschlecht
sex = das biologische Geschlecht

hinzu kommt, dass her im Austausch noch gelebte/ übliche/ vorgegeben Lebensformen argumentativ eingestreut werden…
hierzu grundsätzlich, der Mensch in seiner natürlichen Lebensform ist ein (soziales) Gruppenwesen - also als natürliche Lebensform gilt die Gruppe
dem steht die in der christlichen Welt- und Moralvorstellung vorgegebene (Einzel)Paarbeziehung, als MUSS entgegen - dies hat schlicht ideologische Gründe u.a. um Mann/ Frau auf die Zeugungs-Gebär- bzw. Elternebene festzuschreiben...
somit haben wir die (noch heute stark manifeste) „Ausgangs“lage der zwischenmenschlichen und intimen 2-er Lebensform…-…welche lediglich - durch Kinder ergänzt - die Gruppenform legitimiert zuläßt.

ALLERDINGS; in jeder Gruppe stehen natürlich alle Einzelwesen auch in Beziehung (also Zweier- oder eben Paarbeziehung) zueinander. Diese sind jeweils für sich definiert und eigenständig - ordnen sich aber in der Gruppenbeziehung ein (ein „unter“ wäre als allgemeine Bezeichnung NICHT zutreffend!)
DENN es ging immer um Arterhaltung - die Gruppenkonstellation erfüllte den (existenziellen) Zweck der sozialen Familie - die 2erkonstellation, den (existenziellen) Vervielfältigungszweck.
(dass es hier Unterschiede der Stellungen innerhalb der Gruppe gab, diente nicht dem Zweck nach einer Hierarchie - sondern diente ausschließlich dem Arterhaltungszweck…-…diesen Teil hier weiter ausführen, würde das Eingangsthema sprengen)


also ausgehend von der manifesten Lebensformen der 2er Beziehung als Ist-Zustand - zurück ins eigentliche Beantworten…

JA, die sexuelle Revolution (welch starkes Wort) hat ihre Zeichen gesetzt und eine weitergehende Freiheit geschaffen…
…dass wir Generationenweise immer wieder auch gegensätzliche Entwicklungen haben, entspricht eben auch einem üblichen Entwicklungszyklus - allerdings, bleibt auch immer ein Anteil grundlegend bestehen und wird mitgenommen und weiter entwickelt...

zwei wesentlich Bespiele, für diese Sichtweise:
1. wie leben heute Sex - losgelöst vom dem Zweck der Vervielfältig (= Arterhaltung) - heißt banal; wir vögeln zu jeder Zeit - auch außerhalb der Empfängnisbereitschaft des jeweiligen „Weibchens“
(dies ist durch die 68-er… maßgeblich - als breites Selbstverständnis - verankert)
2. (biologisch) Frau (im Allgemeinen) hat sich aus der manifesten Zuschreibung der Gebärenden und Aufziehenden gelöst

insbesondere in dem zweiten Punkt wirkt die (Jahrhinderte bestehende) christliche Manifestation der Geschlechterrollen und Lebensform deutlich und kontrovers rein, denn im Grundsatz haben wir ein anderes Verständnis - und doch lebt und argumentiert ein Großteil noch in her(r)kömmlicher Weise...


sicherlich gehört auch die größere Akzeptanz von LSBTI-Lebensvielfältigkeit (dies ist die deutsche und ergänzte Form zu schon oben genannter engl. Fassung (Lesbisch-Schwul-Bi*-Tarns*-Inter*) auch dazu, dass heute eine größere Freiheit besteht bzw. gelebt wird.
im Übrigen - jemehr wir uns von diesen legitimen Lebensformen beeinflussen lassen, desto automatischer verschwindet die Mann/Frau-Diskusiionsebene - und die Frage was ist eine normale Paarziehung *klugscheisser**smile*


zum Aspekt der Freiheit - und der Offenheit (im Sinne von Öffentlichkeit) will ich noch anfügen
für beides kann es aus meiner Sicht keine allgemeingültige Bewertung geben…-……beides ist individuell bewertet.

Letztlich bleibt dies dem Gerangel in der Gruppe (siehe oben) belassen,
diese stellt die für sie sinnvollen Regeln (ggf. immer wieder neu) auf und in diesen Gruppenrahmenregeln ordneen sich dann jede*r Einzelne und 2-erbeziehungen/Paare ein …
Wie sich 2-erbeziehungen (in Liebe/ Freundschaft/ etc.) SELBST definieren, bleibt davon losgelöst.


so, ich mach ma PUNKT *g*
***ee Mann
17 Beiträge
Waves (over water)...
Gesellschaftsbewegungen gehen meiner Meinung nach immer in Wellen vor sich. Somit finde ich es nur logisch, dass die Hippiegeneration extrem konservative Kinder hervorbrachte.

Vor allem das Argument mit den Wellen (ich persönlich sah es immer als Pendelbewegung, aber das nimmt sich ja nicht viel) erscheint mir als plausible Erklärung für die Unterschiede zwischen diesen beiden Generationen. Kindern bzw. Jugendlichen geht es eben während der Pubertät und den Jahren danach erst einmal darum, sich von den Eltern abzugrenzen und einen eigenen Gegenentwurf zu deren Leben zu etablieren. Insofern wäre dieser neue „Konservatismus“ nicht nur beim Sexuellen da schon irgendwo logisch. In welche Richtung die derzeit ca. 20-Jährigen sich entwickeln, bliebe abzuwarten.

Vielleicht wird die jüngere Generation wieder konservativer, weil ihnen die Allgegenwärtigkeit von Sex einfach überdrüssig ist? Kindern und Jugendlichen wird doch heutzutage durch das Internet und die sozialen Medien schon von klein auf das Thema Sex aufgedrückt.

Da bin ich mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher, ob das Wort „überdrüssig“ es so trifft, da es ja eine ablehnende Haltung implizieren würde. Ich persönlich sähe eher eine gelassene Gleichgültigkeit, vor allem mit Blick auf Angebote wie Tinder, Snapchat, Chatroulette etc. (und natürlich den JC nicht zu vergessen :D), wo es ja durchaus auch oft um rein sexuelle Belange geht.

Darüber hinaus finde ich die Entwicklung auf den gängigsten Pornoseiten interessant. Nicht nur, dass immer mehr (auch) Paare ihre Videos im Internet hochladen, auch die „Qualität“ der Frauen im Amateur-Bereich scheint sich verändert zu haben: Weg von diesem klassischen „Typ Frau“, der noch in den ’90ern mit Pornographie assoziiert wurde, hin zu… naja, wirklich dem „Mädchen von nebenan“. Ich habe mir jedenfalls – vor allem auch, was deutsche Amateurinnen angeht – mehr als einmal gedacht: „Hä? Ernsthaft? Also dir hätte ich das jetzt nicht zugetraut!“ *zwinker*

Also vielleicht liegt die generelle Einstellung mehrheitlich irgendwo zwischen gleichgültig und überdrüssig dieser Tage, ich denke, damit dürften wir die Situation mehrheitlich gut einschätzen. Wichtig finde ich noch, da halt zwischen Deskriptivem und Normativem zu unterscheiden, denn ob man es gut findet, wie die Jüngeren heute leben, steht ja auf einem ganz anderen Blatt, als die Tatsache, dass sie diesen Lebensstil halt pflegen.

Gerade in den osteuropäischen Ländern haben Schwule mit Anfeindungen und existenzieller Bedrohung zu kämpfen, natürlich auch religiös unterfüttert.

Damit hast du natürlich absolut recht! Ich hatte mich im letzten Beitrag nur auf D/ Westeuropa bezogen. Aber vor allem mit der religiösen Entwicklung hier sprichst du einen wichtigen Punkt an. Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich dieser Diskussion inzwischen überdrüssig bin. Ich befasse mich seit vier Jahren mit diesem Thema und habe vor allem beim weiblichen (und homosexuellen) Teil meines Bekanntenkreises für meinen Versuch der Aufklärungsarbeit viel Kritik einstecken müssen, einige meiner Bekannten und damaligen Freunde schneiden mich dafür mitunter gar. Von daher: Sollen sie sich halt von der Realität einholen lassen, ich spare mir meine Zeit und Energie für Personen, die sich damit nüchtern auseinandersetzen können... wobei die Diskussion dazu dieser Tage ja doch Fahrt aufnimmt. Schauen wir mal, wohin die Reise geht.

Mit Theorien zum Thema Gender kann ich leider überhaupt nichts anfangen. Natürlich sind unsere Verhaltensweisen, die wir erlernen und leben, zu einem erheblichen Teil von anderen Personen „abgeschaut“ und damit sozial bedingt, aber der Primat unserer sexuellen Selbstdefinition bleibt für mich das biologische Geschlecht. Nicht umsonst streben viele Transsexuelle häufig auch die komplette Geschlechtsumwandlung an, ganz so unwichtig scheint die biologische Komponente daher also doch nicht zu sein. Aber wem diese Theorien helfen, sich einzuordnen und besser zu fühlen: Von mir aus gerne, denn um nichts anderes geht es ja im Endeffekt. *g*

Möchte an dieser Stelle aber auch noch ein ‚Danke’ für diese tolle Diskussion hier einwerfen. Und ich habe noch nicht raus, wie man Zitate konkreten Nutzern zuschreibt, aber Ihr wisst ja, was von euch kam.
*******966 Mann
1.677 Beiträge
Themenersteller 
Wahrscheinlich war keiner hier von uns "live" dabei in den wilden 60ern und 70ern. Ich kann nur die medial vermittelten Eindrücke auffangen, den widergespiegelten Zeitgeist, aber es ist klar, dass dies verzerrt ist. Sicher war diese Zeit eine Abwehr kulturell überkommener Normen, Sexualität wurde liberalisiert. Neue Beziehungsformen wurden möglich.

Man sollte doch annehmen, dass nach so langer Zeit, erst recht wo auf vielen Ebenen der Mann-Frau-Beziehung Änderungen (Verbesserungen in der Gleichberechtigung) zu sehen sind, auch das alltägliche Miteinander und die Anbahnung von Beziehungen einfacher wird. Aber offensichtlich beginnt jede Generation von Neuem damit. Immer noch ist das Mann-Frau-Verhältnis eine Quelle tiefgreifender Konflikte auf gesellschaftlicher als auch auf privater Ebene. Warum ist das - immer noch - so schwer?
*******966:
Immer noch ist das Mann-Frau-Verhältnis eine Quelle tiefgreifender Konflikte auf gesellschaftlicher als auch auf privater Ebene. Warum ist das - immer noch - so schwer?

Weil es immer noch keine wirkliche Gleichberechtigung gibt. Wir sitzen zwar jetzt alle irgendwie im selben Boot, aber können uns weder auf den Kurs einigen, noch darüber, wer rudern und wer steuern darf.

In meinen Augen ist aber das weitaus größere Problem, dass wir uns immer mehr von allem Natürlichen und von uns selbst entfernen. Wir leben in Gesellschaften und Systemen, in denen auf der einen Seite das Recht auf völlige Individualisierung gepredigt wird, wir aber für unsere "persönliche Entwicklung" nur die vom System angebotenen Optionen nutzen. Wir leben in einem einzigen Mainstream und merken gar nicht, dass wir selbst hier im Joyclub nur das Vorgekaute konsumieren.

Wie könnte denn eine neue sexuelle Revolution aussehen? Mehr echte Freiheit kann für mich nur in einer Befreiung vom Mainstream, von den medialen Bilden, von 50 Shades, von Körperkult und Performance ... zurück zu unseren innersten wirklichen Sehnsüchten bedeuten. Sich frei machen von Modeerscheinungen und Trends, von Druck und Erwartung, vom Sexkonsum.

Freie Sexualität hätten wir doch, wenn Teenager ihre ersten Erfahrungen sammeln könnten, ohne sich die Frage zu stellen, ob sie es gut und richtig machen. Warum befreien wir nicht unser Innerstes, unsere Ängste und Minderwertigkeitsgefühle, warum glauben wir, die Freiheit im Außen leben zu müssen? Diese Art von Sexualität, die im Außen stattfindet, macht uns kontrollierbar, vergleichbar, schürt Konkurrenzdruck und setzt uns unter Zugzwang. Sie macht uns unfrei.
****na Frau
590 Beiträge
Ich wüsste ja gerne wie man Mitglieder verlinkt. Habe heute erst mitbekommen, dass die Diskussion weitergeht *snief* (Dabei gefällt sie mir so gut.)

Lustig Taree, dass du die Wellenbewegungen in Gesellschaften als Pendel wahrnimmst. Fände ich ja nebenbei auch spannend, woher das kommt. Die Abgrenzung führt eben dazu, dass man mehrheitlich eine entgegengesetzte Haltung zu den Eltern einnimmt.

Ich bin nicht frustriert, weil die Jugendlichen heute glücklich sind in ihrer monogameren Einstellung, als das noch in meiner Jugend üblich war, wie sin_less meint. Stattdessen erlebe ich eben, wie die Werte für die ich und meine politischen Freunde standen entschwinden und das komplette Gegenteil plötzlich hochgehalten wird. Ja, das ist schwierig und bedeutet Auseinandersetzung. Zusätzlich verändert es mich, weil ich lerne, dass mein Kampf im jugendlichen Alter nicht zum besseren nachfolgender Generationen war, sondern zuallererst für mich wichtig war. Eine harte Erkenntnis, wenn man wie ich immer darauf programmiert war, dass man doch Gutes für andere tun möchte.

Natürlich war ich nicht als sexuell erwachsener Mensch bei der sexuellen Revolution dabei. Aber ich schaute mir die Doku auf YT an, die jemand empfahl. Ich erinnere mich an die Freunde und Freundinnen, wo ein Elternteil zu Baghwan nach Indien ging. Erinnere mich auch sehr gut an eine bekannte Künstlerin mit der meine Mutter befreundet ist bei denen sehr freizügige Parties stattfanden und wir Kinder sprangen dazwischen rum. Vollkommen verstörend in Erinnerung geblieben sind mir auch die ersten Begegnungen mit Urschreigruppen.

Befreiung aus sehr verkrusteten Systemen war der Haupttreiber damals. Das ist uns hier gelungen. Was ist heute der Treiber? Junge Bekannte von mir sagen, dass ihre Elterngeneration jede grenze übertreten hat und die Jugend heute mit nichts mehr schocken kann. Stimmt. Sicherheitsnadeln im Ohr u.ä. lassen mich lächeln, aber schockieren mich nicht.

Interessant fand ich Gesches Aussage, dass wir uns immer weiter von allem Natürlichen entfernen und immer gemainstreamter werden. Damit kann die Jugend heute die Hippiekultur noch schocken. Denn die sexuelle Revolution war eine sehr auf das Natürliche bezogene Zeit, oder? Nacktheit, Urschrei, Lust ...

Heute nehmen wir Rollen ein. Die Mangakultur (und ich weiß nicht, wie all das andere heißt, denn in dem Bezug bin ich echt alt und kenne mich Null aus) ist nur ein Beispiel. Menschen nehmen Rollen ein von denen sie glauben, dass sie ein bißchen ihre Persönlichkeit ausmachen und von denen sie auch glauben, dass sie mit ihnen gut durchs Leben kommen. Ich war mal in Japan und in besonders schlechten Momenten dachte ich wirklich, dass mir hier kein echter Mensch mehr begegnet.

Rollen und Trends zu entsprechen wird wichtiger. Das gab es immer, aber es nimmt heute einen außerordentlichen Raum ein.

Für mich wäre eine Revolution, wenn wir so sein dürften, wie wir sind. Ist es nicht das, wofür letztendlich jede Generation gekämpft hat? Und keine hat es geschafft.
****na Frau
590 Beiträge
Und im nächsten Post mache ich kürzere Sätze. Ich schwöre *ggg*
*******966 Mann
1.677 Beiträge
Themenersteller 
Die 60er und 70er hatten sicher genug von Konventionen und alten Werten, mit denen man das Leben in der sich ändernden, sich immer weiter technologisierenden Gesellschaft nicht mehr bewältigen konnte.
 
Die Rolle der Frau hat sich verändert, sicher emanzipiert. Aber das muss ein extrem schwieriger Kampf gewesen sein. Auch wenn die Feministinnen der ersten und zweiten Stunde, deren Credo „Frauen sind die besseren Menschen“ war, heute eher kritisch beurteilt werden , sie haben die Gesellschaft nach vorne gebracht.
 
Dennoch das Gleichberechtigungsziel nicht erreicht, dem stimme ich zu. Zwar haben wir formell einige Regelungen, die wir auch bis in den Exzess treiben („nicht alleine mit einer Frau in den Firmenfahrstuhl gehen“) und ad absurdum führe, aber strukturelle Entwicklungen gibt es.
 
Was aber ist in unserer Kultur - und ich sehe das Miteinander bzw. Gegeneinander von Mann und Frau in ihren Geschlechterrollen (da haben wir die Rollen wieder) kulturell verankert, nicht biologisch - so verankert, dass wir das nicht wirklich optimale Ergebnis erleben, das wir heute haben?
 
Ich habe auf meinem Profil in einer dieser „Homepages“ wie es hier in Joyland heißt, etwas über die „Rape Culture“ geschrieben. Und nach Köln, Hamburg, Frankfurt zu Silvester, wissen wir, ja, es gibt sie, die Rape Culture. In anderen Diskussionen hier äußerte man Unverständnis darüber, warum man einer „Rape Culture“ eine „Consent Culture“ entgegensetzen könnte.  Bleibt dann die Frage, wie man es schafft, dass sich diese Kultur, die ja auch kritisch gesehen wird, auch von Frauen (O-Ton: „Ernsthaft? Du meinst, dass gerade Feministinnen Flirttipps geben können“). 
 
Wenn Tausende Männer auf einmal einzelne Frauen bedrängen, um sexuelle Handlungen auszuführen, um sie in gleichem Zusammenhang zu bestehlen und zu berauben, kann man nicht von einzelnen Taten sprechen, das muss auf einer Metaebene klar sein, dass man sich zu einem bestimmten Anlass trifft, um dieses oder jenes zu tun. Das ist Rape Culture und das ist nicht gut, für niemanden.
 
Wir können das Thema auf gesellschaftlicher Ebene sehen (Gewalt gegen Frauen) oder im Mikrokosmos zwischenmenschlicher Beziehung.
 
Wie oft erlebt oder beobachtet man aggressive Anmachversuche von Männern gegen Frauen, überall? Dieses In-Bedrängnis-Bringen, das bei den festiven alkoholgeschwängerten Ereignissen wie dem Oktoberfest in München oder der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof durch „Antänzer“ auf der großen Skala stattfindet und eine perfide Methode hat, passiert in Kleinen alltäglich in Discos, Clubs, sonstwo (Arbeitsplatz, Uni, erinnern wir uns an „#aufschrei“?).
 
Das Fatale daran: Ist dieses Verhalten in Discos akzeptiert, vielleicht sogar gefordert. Es scheint so, denn hier beobachtet man, dass Frauen da durchaus (gerne?) mitspielen. Die „Gegenwehr“, das Halten des „Antänzers“ auf mehr als eine „Armlänge“ sieht nur symbolisch aus, als Teil des Spiels, des Flirts oder um einen Begriff aus der Mottenkiste zu holen, des „Balzverhaltens“. Mit anderen Worten: Es ist – zumindest in Teilen – durchaus erfolgreich? Andere wird es nerven, aber das ist wie mit E-Mail-Spam: Einfach oft versuchen, auch bei niedriger Erfolgsrate tritt der Erfolg ein, der die vorherigen Aufwände rechtfertigt.
 
Worauf ich hinaus will: Partnerfindung und Partnerbindung sind essentiell im menschlichen Dasein. Wir verbringen viel Zeit damit und sind bereit, große Summen an Geld dafür zu bezahlen. Also: Partner(innen) zu finden, ist für uns sehr wertvoll.
 
Dennoch denken wir und verhalten wir uns in diesem Feld erstaunlich irrational. Je nach Standpunkt zitiert man evolutionspsychologische oder sogar darwinistische Ideen zur Partnerfindung („Jäger und Sammler“, die Frau als der dem Mann körperlich unterlegene Teil der Spezies Mensch). Daraus leiten wir dann in etwa ab, dass Männer ihre Gene möglichst weit verteilen wollen, während Frauen ihre Kinder aufziehen wollen und einen treuen Versorger brauchen beziehungsweise suchen. Das ist so das gängige Narrativ, um den Status Quo zu erklären. Dass dieses Gedankengebälk vorne und hinten ächzt, wenn man es mit Daten belastet, stört wohl nicht so sehr, weil es plausibel erscheint.
 
Was wir brauchen, ist keine neue sexuelle Revolution, sondern eine Evolution, eine neue Kultur, wobei die Consent Culture vorgeschlagen wird.
 
@steven
Bleibt dann die Frage, wie man es schafft, dass sich diese Kultur, die ja auch kritisch gesehen wird, auch von Frauen (O-Ton: „Ernsthaft? Du meinst, dass gerade Feministinnen Flirttipps geben können“)

Dieser Satz ist unvollständig, kannst du den bitte beenden? Deine Gedanken finde ich spannend.
*******966 Mann
1.677 Beiträge
Themenersteller 
Es fehlt am Ende das Wort "durchsetzt".
Leider kann ich den Beitrag nicht mehr editieren. Vollständig heißt es also:

Bleibt dann die Frage, wie man es schafft, dass sich diese Kultur, die ja auch kritisch gesehen wird, auch von Frauen (O-Ton: „Ernsthaft? Du meinst, dass gerade Feministinnen Flirttipps geben können“), durchsetzt.

SORRY
@ http://www.joyclub.de/my/3491419.nurnaturpur.html
Danke für den Hinweis. *g*
danke für die Ergänzung
: )
***ee Mann
17 Beiträge
*******966:
Man sollte doch annehmen, dass nach so langer Zeit, erst recht wo auf vielen Ebenen der Mann-Frau-Beziehung Änderungen (Verbesserungen in der Gleichberechtigung) zu sehen sind, auch das alltägliche Miteinander und die Anbahnung von Beziehungen einfacher wird.

****he:
Weil es immer noch keine wirkliche Gleichberechtigung gibt. Wir sitzen zwar jetzt alle irgendwie im selben Boot, aber können uns weder auf den Kurs einigen, noch darüber, wer rudern und wer steuern darf.

Ich glaube, wir müssen in diesem Zuge neben den Rechten allmählich auch die Pflichten auf den Prüfstand bringen. Denn Frauen haben ja inzwischen quasi die gleichen Rechte wie Männer, zumindest in unseren westlichen Gesellschaften. Was toll ist, aber die Debatte zur „Gleichbepflichtigung“ fehlt vielleicht noch, um halt ein stimmiges Gesamtkonzept gegenüber den Zeiten vor der sexuellen Revolution vorzulegen.

Denn mit der Gleichberechtigung dürfte für viele Männer einiges an Sicherheit weggefallen sein, was denn jetzt überhaupt noch genau in ihren „Aufgabenbereich“ fällt. Müssen sie die Frau noch ansprechen? Können oder sollen sie sogar ‚progressiv’ sein und evtl. abwarten? Es ist mir zumindest mal aufgefallen, dass z.B. Forenbeiträge von Männern mit entsprechenden Fragen zuzunehmen scheinen (und ich selber auch schon öfter vor entsprechenden Problemen stand).

Da wären wir dann bei der von steven9966 angesprochenen ‚Consent Culture’. Diesen ‚Konsens’, also dieses Übereinkommen auch bei Sexuellem bzw. Partnerwahl, gab es ja immer und gibt es immer noch.

Es ist vielleicht viel mehr die Frage, wie wir in diesen neuen Zeiten ab jetzt Konsens mit einer uns attraktiven Person herstellen, wenn es z.B. um Sex geht. Denn es gibt, wie richtig erwähnt, viele Frauen, die auf dieses „Balzverhalten“ (schönes Wort :-)) nach wie vor ansprechen, aber es gibt auch genügend Frauen, bei denen man es riskiert, gleich einen ‚#aufschrei’ um die Ohren gehauen zu bekommen. Ich sah letztens einen Bericht von einer US-Amerikanischen Universität, in dem die Studenten tatsächlich einen vorgefertigten Bogen ausfüllten, was denn in dieser Nacht genau von Statten gehen sollte.

Also mein Fazit: Im Zuge der ’68er-Bewegung/ Frauenbewegung wurden alte Muster weitgehend abgeschafft, allerdings wurde das dadurch entstandene Vakuum noch nicht entsprechend mit genügend „neuen“ Mustern gefüllt.

****na:
Lustig Taree, dass du die Wellenbewegungen in Gesellschaften als Pendel wahrnimmst. Fände ich ja nebenbei auch spannend, woher das kommt.

Interessant, dass Menschen unabhängig voneinander verschiedene, ähnliche ‚Bilder’ für so was finden, nicht wahr? *g* Und zum Zitieren: Habe inzwischen mal den Support zum Forum durchgelesen, da steht das alles ganz gut verständlich *ggg*
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